0931 - Bauchtanz mit dem Tod
passieren.
Was ihm aber wirklich bevorstand, das ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Außerdem hätte er es gar nicht geglaubt…
***
Es gab noch zwei Männer, die sich um diese Zeit in der Hafengegend herumtrieben.
Suko und ich.
Ja, ich war wieder zurück in London, aber der letzte Trip nach Italien, in das kleine Dorf in den Abruzzen, steckte mir noch tief in den Knochen.
Es war mir nicht möglich, den Tod der Marcia Morana, meiner Lebensretterin, zu überwinden. Dabei hatte sie alle Vorsicht außer acht gelassen. Sie war zu wild und ungestüm gewesen, anstatt auf mich zu hören, denn ich hätte sicherlich eine Möglichkeit gefunden, sie von dem blutigen Stigma auf ihrem Gesicht zu befreien.
Das war leider nicht so gekommen. Marcia hatte sich gegen meinen Rat entschieden - und war tot.
Mit meinen Freunden hatte ich darüber sprechen müssen, um es mir einfach von der Seele zu reden. Sie hatten sich auch als geduldige Zuhörer erwiesen und mir geraten, mich wieder voll und ganz in die Arbeit zu stürzen.
Nun, das hatte ich vor.
Zwar hatten die Dämonen keinen Urlaub eingelegt, aber die ganz großen Dinge standen nicht an, nur eine Kleinigkeit, wie mir Sir James und Suko gemeinsam versichert hatten. Im Londoner Hafen sollte es eine Gruppe von Menschen geben, die einen Vampirbund gegründet hatten und angeblich Blut tranken.
Suko hatte von einem seiner Landsleute den Tip erhalten, und dieser Mann hatte ihm auch berichtet, wo sich die Gruppe immer traf. In einem düsteren Speicherhaus, das wegen seiner Baufälligkeit leerstand und wo Waren höchstens noch im Parterre-Bereich gelagert wurden.
Das Speicherhaus konnten wir vom Wasser aus erreichen, weil es an einem der Kanäle lag, aber der andere Weg erschien uns bequemer, denn die Vorderseite bildete die Grenze zu einem Kai, wo einmal hohe Kräne gestanden hatten, der Platz nun aber als Container-Friedhof diente.
Wir hatten den Rover zwischen zwei Containern abgestellt. Die Gasse war breit genug, so daß wir auch bequem aussteigen konnten. Ich drückte die Fahrertür zu und schloß ab.
Suko war bereits einige Schritte vorgegangen und hatte den düsteren Schattenbereich der Container verlassen. Er wartete auf mich und drehte den Kopf, als ich neben ihm stand.
»Da wären wir!« Er nickte dem alten Bau zu, als wollte er ihn begrüßen.
Das Gebäude war ziemlich breit. Beim ersten Hinschauen zeigte das Mauerwerk zahlreiche Löcher, durch die man die Waren früher transportiert hatte, die von außen angebrachten, galgenähnlichen Hebeln in die Höhe gezogen wurden.
»Was sagst du?«
»Sieht düster aus.«
Mein Freund lachte. »Ein Freudenfeuer werden sie wohl nicht anzünden. Es läuft ja im Geheimen ab.«
»Daß dort Vampire versammelt sind, ist aber nicht sicher - oder?«
»Mein Freund hat sie Blut trinken sehen. Sie schlürften es aus Kannen und Tassen«, sagte er.
»Dann laß uns mal mitschlürfen.«
Von außen zumindest deutete nichts darauf hin, daß sich jemand in diesem alten Gebäude aufhielt. Es war hier ziemlich dunkel. Es wurde auch nicht gearbeitet, erst am Tag würden die Container wieder verladen werden. Dunkle Gestalten entdeckten wir in der Umgebung nicht. Es ging eigentlich alles ziemlich normal zu, und der gesamte Hafenbereich war von der Dunkelheit der Nacht regelrecht eingepackt worden.
Der Himmel zeigte sich bedeckt. Der Blick auf die Sterne fehlte. Es wehte ein leichter Nordwind, und er brachte einen öligen Geruch mit.
Natürlich hatte das Gebäude einen Eingang. Eine relativ große Tür aus Holz, schon ein Tor, über dem zwei Lampen hingen.
Von außen her war das Gebäude an keiner Stelle beleuchtet. Es lag vor uns wie ein starres, düsteres Ungetüm, in dem wir uns leicht verirren konnten.
Zwar war ich kein Experte für Lagerhallen und Speicherhäuser, aber ich wußte, daß es in den zahlreichen Etagen viele Räume, Türen und auch Gänge gab, wo einst Waren lagerten oder auch kleine Kontore untergebracht waren. Das Türschloß war zerstört und wies darauf hin, daß dieser Bau nicht mehr benutzt wurde.
Suko war vorgegangen. Er zerrte die Tür auf, was nicht geräuschlos ablief. Deshalb zogen wir den Eingang auch nicht bis zu seinem Ende auf, es reichte uns der Spalt, der uns einen Durchlaß gewährte.
Wieder machte Suko den Anfang. Ich blieb hinter ihm, und wir standen in einer grauen Umgebung, in der es nach allem möglichen roch. Staub wölkte uns entgegen und machte das Atmen zur Qual.
Kein fremdes Geräusch
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