0931 - Bauchtanz mit dem Tod
durchbrach die dumpfe Finsternis. Wir hielten uns in einer fremden Umgebung auf, in der kaum etwas zu erkennen war, weil die Dunkelheit alles schluckte.
Ich drehte mich um, weil ich in der Nähe die Andeutung einer Treppe gesehen hatte. Mit vorsichtigen Schritten ging ich hin - und blieb direkt vor der ersten Stufe stehen. Die Treppe führte in die Höhe. Ich wußte nicht genau, ob sie schmal oder breit war, aber die Räume über ihr wirkten wie ein Schlauch, in dem sich die Geräusche nicht nur verfingen, sondern wie auf einer akustischen Schiene transportiert wurden und auch meine Ohren erreichten.
Das waren Stimmen. Vielleicht unterlegt mit einem Lachen oder Schreien, das war nicht so genau herauszuhören. Fest stand nur, daß sich über uns jemand befand, und das hatte auch Suko herausgefunden, der mittlerweile neben mir stand und es durch sein Nicken andeutete.
»Da oben könnten sie sein«, wisperte er.
»Wer geht vor?«
»Ich.«
»Bitte.«
Es war wirklich kein Vergnügen, im Finstern diese Steintreppe hochzusteigen, aber das Einschalten der schmalen Leuchten konnten wir nicht riskieren. Wir mußten damit rechnen, daß die fremden Typen dort oben irgendwelche Wächter aufgestellt hatten, die sie vor irgendeiner Gefahr warnten.
Ich hatte dabei eher das Gefühl, in eine unheimliche Tiefe zu steigen, als in die Höhe zu gehen. Suko blieb immer zwei Stufen vor mir. Seine Gestalt sah ich als einen schaukelnden Schatten.
Es gab natürlich Etagen, die zu beiden Seiten jeweils am Ende der Treppe in schmale Gänge mündeten. Die Räume hinter den dort vorhandenen Türen hatten früher als Läger gedient, und noch immer hing der Geruch exotischer Gewürze in der Luft und kitzelte unsere Nasen.
In der ersten Etage befanden sich unsere unbekannten Freunde nicht.
Wir mußten noch höher und bewegten uns nach wie vor sehr leise weiter, damit wir nicht auffielen.
Ein schrilles Lachen ließ uns stoppen.
Wir warteten, bis es abgeklungen war, und Suko sprach aus, was ich dachte.
»Eine Frau haben Sie auch dabei.«
»Mindestens.«
Wir blieben noch stehen, um herauszufinden, ob sich auch andere Personen bemerkbar machten, doch den Gefallen tat man uns leider nicht. Also mußten wir wieder hoch, aber es tat sich etwas. Wenn ich den Kopf zurücklegte und dabei in die Höhe schaute, dann hatte ich den Eindruck, als wären huschende Schatten dabei, die Dunkelheit zu zerstören. Schatten, die erschienen, sich wieder zurückzogen, erneut auftauchten, um das Spiel von vorn zu beginnen. Zudem sehr blasse Schatten, was nicht auf ein normales Feuer schließen ließ. Außerdem nahmen wir keinen Rauch wahr.
Wir gingen jetzt noch langsamer einem ungewöhnlichen Singsang entgegen.
Wer immer da feierte, dieser Singsang war schon ungewöhnlich und seltsam.
Einen Wachtposten hatten die »Feiernden« nicht aufgestellt. So etwas hielten sie wohl nicht für nötig, und uns kam diese Tatsache nur entgegen. Wir ließen auch die letzte Stufe hinter uns und mußten nun in die rechte Hälfte des Flurs eintauchen, denn von dieser Seite her nahmen wir die Geräusche wahr und sahen auch die Schatten, die immer wieder blaß in den Gang hineinfuhren. Die Geräusche entstanden anscheinend in einem der Räume. Da stand auch eine Tür offen.
Wir hielten uns dicht an der Wand, so daß wir selbst zu Schatten wurden. Schritt für Schritt näherten wir uns dem Ziel und kamen so nahe heran, daß wir sogar die geflüsterten Worte verstanden, die durch den staubigen Flur wehten.
»Wenn du das Blut getrunken hast, dann wirst du spüren, wie es ist, ein Vampir zu sein, Leila. Dann spürst du die Kraft, dann gehörst du zu uns, verstehst du?«
»Ja - ja«, hörten wir eine singende Antwort. Die Worte versickerten, und für einen Moment trat Ruhe ein. Mir kam in den Sinn, daß die Frau, die gesprochen hatte, keine normale Stimme mehr hatte. Sie glich mehr einem Singsang, als hätte sie Mühe, überhaupt irgendwelche Worte hervorzubringen.
Wenn jemand so sprach, dann stand er möglicherweise unter Drogeneinfluß.
»Warum trinkst du nicht?« fragte der Mann.
»Ich - ich kann es nicht.« Die Antwort glich mehr einem Stöhnen. »Ich kann es wirklich nicht.«
»Dann kannst du auch nie zu uns gehören und erfahren, wie es ist, wenn sich die Kraft eines Vampirs in den Körper eines lebenden Menschen eindringt.«
»Das weiß ich alles…«
»Aber?« Die Frage war mit scharfer Stimme gestellt worden.
»Es geht um das Blut.«
»Das wissen wir beide,
Weitere Kostenlose Bücher