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0935 - Tochter der Dunkelheit

0935 - Tochter der Dunkelheit

Titel: 0935 - Tochter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.H. Rückert
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sie einfach überleben musste. Nur so konnte sie der Hölle Ehre erweisen. Es war das Übliche, was kleine Dämonenmädchen halt so erbitten, wenn sie sich in Lebensgefahr wähnen.
    Nach wenigen Sekunden schien sich die Geschwindigkeit wieder rasant zu erhöhen. Und dann hatte Kassandra schon das Ende ihrer Reise erreicht, Gwinniss' Felsbrocken.
    Unverzüglich versetzte sie sich in das Unheiligste ihres Vaters; sie hielt die Seelen-Träne dabei mit beiden Armeen gegen die Brust gepresst. Deutlich konnte sie das Pochen spüren, das aus dem Inneren der Träne kam.
    Als ob das Ding ein Herz hätte…
    Das hatte sie schon vom ersten Augenblick an gedacht. Und wahrscheinlich war es auch genau das gewesen, was sie angezogen hatte: ein Magie-Artefakt mit einer Art Innenleben.
    Und hoffentlich lässt sich Vassago mit der - wie sagte der Fremde doch gleich wieder? - Seelen-Träne so beeinflussen, dass er mich nicht aus der Sippe verstößt.
    Zumindest ihre Mutter befand sich noch in dem Höhlenkomplex mit den gemauerten Wänden und den Stelen, den Vassago ihr zugewiesen hatte. Kassandra wollte gerade den Mund öffnen und »Hey, ich bin wieder da!« rufen, doch Carrie hatte gleich bemerkt, dass ihre Tochter wieder zurück war. Sie wandte ihr sofort das Gesicht zu.
    Manchmal meint man wirklich nicht, dass sie nichts mehr sehen kann , dachte Kassandra.
    »Wo bist du nur gewesen, Sandy?«
    Es klang nur halb so vorwurfsvoll wie befürchtet. Kassandra verzog dennoch das Gesicht zu einer Grimasse. An manchen Tagen wurde ihr die Gluckenhaftigkeit ihrer Mutter zu viel. Aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten fühlte sie sich stärker und erfahrener als sie in Wirklichkeit war.
    Bevor Kassandra antworten konnte, stellte Carrie schon die zweite Frage: »Und was hast du da für ein Ding mitgebracht?«
    »Du kannst es sehen?«, wunderte sich das Dämonenkind.
    »Ich spüre es«, erhielt sie als Antwort. »Ich fühle, dass es blau ist…«
    Kassandra schüttelte den Kopf. Entwickelte ihre Mutter etwa neue Fähigkeiten? Neue Begabungen, die sie selbst nicht besaß? Sie schloss kurz die Augen und konzentrierte sich. Solange sie ihre Dämonenfähigkeiten nicht aktivierte, konnte sie die Farbe der Seelen-Träne nicht bestimmen.
    »Wo befindet sich Vassago?«
    »Wahrscheinlich wurde er wieder einmal beschworen und legt eine andere Dumme genauso herein wie mich damals«, antwortete Boulder mit beißendem Sarkasmus.
    Kassandra stellte ihre Beute auf einen in der Mitte der Höhle befindlichen behauenen Felsblock mit drei Sockeln, an dessen Stirnseite eine erhaben ausgearbeitete Dämonenfratze prangte, die das Maul aufriss und die Zunge herausstreckte. Die Seelen-Träne schwebte ohne erkennbare äußere Beeinflussung nach oben und blieb in etwas weniger als einem Meter Höhe stehen. Kassandra winkelte den rechten Arm ab und hielt den linken Arm gespreizt von sich. Sie versuchte die Seelen-Träne zu beeinflussen, dass sie sich auf den Felsblock niederließ, aber es gelang ihr nicht.
    Carrie sank auf die Knie, ballte beide Hände zu Fäusten und drückte sie gegeneinander. Es wirkte auf den ersten Blick, als wollte sie die hellblau strahlende Träne anbeten. Auf den zweiten Blick machte sie auf Kassandra den surrealen Eindruck, als würde sie gegen sich selbst kämpfen.
    »Das Ding nennt man Seelen-Träne, Ma«, erklärte Kassandra.
    »Woher hast du es?«
    Das Dämonenmädchen stieß die Luft aus. Stellten denn alle Mütter so viele Fragen? Im ersten Augenblick wollte sie zu Ausflüchten greifen und eine Geschichte erfinden, aber dann ließ sie es sein und erzählte die Wahrheit. Auf eine Kassandra unbegreifliche, völlig undämonische Art wusste ihre Mutter stets, wann sie von ihr angelogen wurde.
    »Du warst… wo? Auf der Erde?« Carrie Ann holte tief Atem, sie schüttelte den Kopf und wollte sich kaum beruhigen. »Und du hast diese… Träne… einem Magier gestohlen?«
    Da waren sie schon, die unausgesprochenen Vorwürfe, die Kassandra so sehr hasste. Ihre Ma hätte gleich sagen können »Du weißt doch, dass du nicht zur Erde darfst. Abgesehen davon darfst du auch nicht stehlen«, wobei das siebente Gebot der Bibel wohl keinem Dämon geläufig war. Aber wenn Carrie auf diese Weise Fragen stellte, traf das ihre Tochter umso mehr.
    »Ich kann sie ja zurückbringen, wenn ich sie nicht mehr brauche«, nuschelte sie. »Vielleicht ist sie ja schon bald leer.«
    Daran glaubte sie auf keinen Fall. Aber was sagt man nicht alles, um die eigene Mutter zu

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