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0935 - Tochter der Dunkelheit

0935 - Tochter der Dunkelheit

Titel: 0935 - Tochter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.H. Rückert
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betrachtete sie so genau, als hätte er sie nie zuvor gesehen. Dann schüttelte er den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Sie sendet den Ruf nicht mehr aus.«
    Professor Zamorra hingegen fielen nach dem Deaktivieren des Dhyarra gleich die beiden weiblichen Wesen auf, die so unterschiedlich aussahen und trotzdem zusammengehörten. Die kleinere von beiden war ein Dämonenkind mit spitzen Ohren, die andere war eine Frau von der Erde, eine Frau, die Zamorra schon einmal gesehen hatte.
    Das Dämonenmädchen ging gleich in Abwehrstellung, es sah so aus, als wollte sie etwas beschwören. Die blinde Frau hingegen schien zu spüren, dass Fremde gekommen waren. Sie drehte den Kopf in ihre Richtung und zeigte die Hände mit den Innenflächen nach oben, gerade so, als wollte sie die unbekannten Besucher einladen.
    »Carrie?«, fragte Zamorra mit heiserer Stimme. »Sind Sie das? Carrie Ann Boulder? Ich bin Professor Zamorra. Wir sind uns vor zwei Jahren begegnet.«
    »Ich erinnere mich daran. Es war das letzte Mal, dass ich Menschen hörte.« Die Stimme der einstigen Schönheit klang wie brüchiges Eis. »Zwei Jahre sagen Sie? Das kann nicht sein. Sie irren sich bestimmt. Diese unendliche Pein kommt mir vor wie zwei Millionen Jahre.«
    Zamorra hatte die junge Frau vor zwei Jahren für die Dauer von vielleicht eineinhalb Stunden gesehen. Dennoch erinnerte er sich genau daran, wie sie ausgesehen hatte. Die Frau, die ihm gegenüber kniete, hatte nicht mehr viel mit der Schönheit von damals gemein. Abgemagert war sie, abgehärmt sah sie aus und - was für Zamorra das Schlimmste war - sie besaß keine Augen mehr. Nur die langen Wimpern erinnerten daran, dass Carrie Ann Boulder einmal wunderschöne braune Augen besessen hatte.
    »Was ist mit Ihnen geschehen?«
    »Vassago hat mir meinen Trotz ausgetrieben, indem er meinen Wunsch erfüllte«, murmelte Carrie. »Aber nicht so, wie ich wollte. Ich sagte ihm, dass ich ihn nie mehr sehen will, und er hat mir…«
    Sie unterbrach sich, von Gefühlen überwältigt.
    »Ich kann noch nicht einmal mehr weinen!«, knurrte sie und ballte die Hände zu Fäusten.
    Zamorra schluckte, die Frau tat ihm unendlich leid.
    »Dann hat Vassago irrtümlich Ihre Tränendrüsen entfernt, Miss Boulder«, erklärte Zamorra. »Diese sind unabdingbar zur Produktion des größten Teils der Tränenflüssigkeit und liegen innerhalb der Augenhöhle dem Auge seitlich obenauf. Solange sie nicht beschädigt werden, können aus einer leeren Augenhöhle durchaus noch Tränen austreten.«
    »Ich hatte noch nicht einmal Schmerzen dabei, ich wurde nur von einem Augenblick zum nächsten von einer lebenden in eine tote Welt gestoßen.« Der metallische Klang von Carries Stimme und die teilnahmslose Berichterstattung bereiteten Zamorra Unbehagen.
    »Und das ist das Miststück, das meine Seelen-Träne stahlt«, sagte Luc Avenge und zeigte anklagend auf Kassandra.
    Das Dämonenmädchen kniff die Augen zusammen, ihre langen Ohren legten sich an den Kopf an.
    »Gib doch nicht so an!«, stieß sie hervor. »Jetzt gehört sie eben mir.«
    Avenge hätte nie gedacht, dass die kleine Dämonin eine solch knarrende Stimme besaß. Ein defekter Lautsprecher war nichts dagegen. Es klang gerade so, als würde sie jeden Tag Whisky mit rostigen Nägeln gurgeln.
    »Sie gehört immer noch mir, denn mir wurde sie als Zeichen der Anerkennung überreicht«, stellte Avenge klar. »Merk dir das, du hässlicher Gnom!«
    »Ach! Leck mich doch am Arsch!«, schrie ihm Kassandra entgegen. »Glaubst du denn wirklich, dass du besser aussiehst als ich?«
    »Sandy, hör sofort damit auf!«, befahl Carrie Ann mit eisigem Tonfall. Und als würde sie sehen, was ihre Tochter vorhatte, fügte sie hinzu: »Und dieses Mal äffst du mich nicht nach und du verschwindest auch nicht! Du hast genug Blödsinn gemacht!«
    Die Kleine verschränkte die Arme und blickte Avenge düster an. Der verzog keinen Gesichtsmuskel und beachtete sie nicht weiter.
    »Wo ist Vassago?«, erkundigte sich Zamorra. »Wurde er beschworen oder befindet er sich auf einer Dienstreise ?«
    »Glauben Sie wirklich, dass er mir das erzählt?« Carries Lachen klang bitter. »Vassago kommt und geht, wie er will. Und er bleibt oft sehr lange weg. Dafür ist er niemand Rechenschaft schuldig. Am Allerwenigsten mir, seiner Gefangenen.«
    »Sie haben Ihren Teil der Abmachung eingehalten?«, lautete die nächste Frage des Dämonenjägers. Als Carrie nickte, zog Zamorra die Stirn in Falten.
    »Kassandra

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