0937 - Belials Mordhaus
beherrscht diese Welt. Es wird kommen, ich weiß es.«
»Gut.« Jane hatte nichts anderes sagen können, obwohl es bestimmt nicht gut war, sondern böse, sehr böse, aber darüber konnte und wollte sie jetzt nicht sprechen.
Das Fremde ließ sich nicht aufhalten. Es schwang heran. Es war nicht zu sehen, weil die Finsternis einfach zu dicht war.
Auch Jane nahm jetzt diesen Impuls wahr. Etwas trieb gegen sie. Es war wie eine Warnung. Worte, die nicht ausgesprochen wurden und nur in Gedanken bestanden.
Sie wußte auch nicht, mit wem sie es zu tun hatte. Das war ihr alles so schrecklich fremd. Die Kälte übernahm die Regie. Eine Kälte, wie sie nicht der Winter hervorbrachte, sondern mehr die innere Kälte. Die der Gedanken und des Schreckens.
Jemand war nahe, sehr nahe…
Er glitt heran.
Er kam näher!
Die Frauen wollten sich wieder gegenseitig Schutz geben. Sie streckten die Arme zu Seite. Glenda den rechten, Jane den linken. Automatisch fanden sich die Hände, und sie hielten sich gegenseitig fest, die Finger ineinander verschlungen, wie zwei Personen, die auf den Tod warteten und ihm gemeinsam ins Angesicht schauen wollten, wobei keine die andere allein lassen wollte.
Gemeinsam leben, gemeinsam sterben!
Sie sprachen kein Wort mehr. Die Furcht hatte sich wie ein böser Stachel in ihnen festgesetzt, zugleich mit einer ungewöhnlichen Neugierde, die sich die beiden einfach nicht erklären konnten. Ihre Gefühle waren nicht zu beschreiben, und sie waren deshalb auch nicht in der Lage, sie in Worte zu fassen.
Das Andere schob sich noch näher an sie heran. In der Dunkelheit hielt es sich versteckt und blieb auch so, obwohl sie ein Geräusch hörten, mit dem sie zunächst beide nicht zurechtkamen.
Das Geräusch wiederholte sich mehrmals hintereinander. Jedesmal klang es lauter, ein Zeichen, daß es eben näher an sie herankam.
Dann wieder!
Wusch, wusch…
Bisher hatten die Frauen keinen Windzug gespürt. In dieser Welt oder Dimension war vieles anders.
Da stand die Luft oder auch die Dunkelheit, wie immer man es erklären wollte.
Nun aber spürten sie den Luftzug, der an ihnen vorbeistrich und auch die Gesichter nicht verschonte. Er tanzte an ihnen hoch und berührte die Haare der beiden. Dann wanderte er weiter, erwischte sie an der rechten Seite, einen Moment später am Hinterkopf, und noch immer konnten sie nichts sehen.
Mehrere Male drehte sich der Luftzug um die beiden Körper herum, bis sie plötzlich etwas sahen, aber nicht genau erkennen konnten, um was es sich dabei handelte.
Es war ein Gegenstand, der sich um sie herum bewegte.
Ein Mensch? Eine Gestalt? Eine Kreatur oder was immer?
Sie konnten es nicht sagen, aber in der Finsternis vor ihnen entstand jetzt eine Bewegung. So raffiniert, daß die Dunkelheit für einen Moment verscheucht oder erhellt wurde. Damit die Gestalt sich deutlich zeigte.
Oder deutlicher, denn die beiden Frauen, deren Hände sich zusammenkrampften, entdeckten trotzdem nur einen grauen und großen Schatten, der sich noch immer an seinen Seiten bewegte und dafür sorgte, daß sie von einem Luftzug getroffen wurden.
Der Schatten stand vor ihnen in der Luft. Er bewegte sich nicht. Keinen Millimeter rückte er ab, aber dicht hinter ihm faltete sich etwas zusammen, das wie dünnes Papier wirkte. Oder waren es Schwingen, vielleicht auch Flügel?
Alles war möglich, alles. In dieser Dimension hatten sich die Tatsachen verdreht. Da war das Normale auf den Kopf gestellt worden, und das für Menschen Unnormale war hier normal.
Die Gestalt zeigte sich, aber sie blieb nach wie vor düster. Jane und Glenda hörten so etwas wie einen tiefen Atemzug, der aber mehr war, denn die Dunkelheit schob sich zur Seite, als hätte jemand mit einer Schere ein Loch hineingeschnitten.
In ihm sahen sie die Gestalt.
Es war der böse Engel, der Graue, der Düstere und auch der Unheimliche. Er stand vor ihnen und streckte dabei seinen Arm nach vorn. Die Finger hielt er zur Faust geschlossen und krallte damit etwas fest, das noch nicht genau zu erkennen war.
Aber sie konnten sehen, daß von diesem Gegenstand etwas nach unten fiel. Tropfen für Tropfen verschwand in der Schwärze.
Die Hand drückte den Gegenstand noch weiter nach vorn. Gleichzeitig verlor sich die graue Finsternis um ihn herum, blieb dabei allerdings nur auf ihn beschränkt.
Sie erkannten das Teil.
Es war ein Kopf.
Die Hand hielt ihn an den Haaren fest. Er war nicht mit einem glatten Streich vom Körper abgetrennt worden, er
Weitere Kostenlose Bücher