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0941 - Echsenauge

0941 - Echsenauge

Titel: 0941 - Echsenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erinnerte.
    Doch Kurt Latow sah noch mehr. In der Mitte des Handtellers sah er das häßliche Auge schimmern…
    ***
    Also doch!
    Er hatte sich nicht geirrt. Die Hand hatte sich in eine schreckliche Klaue verwandelt. Es war die Wahrheit gewesen, und aus ihr hervor glotzte starr und unbeweglich das Auge.
    Es starrte ihn an wie das Sehorgan eines Aliens. Das Oval in der Hand bestand nur aus einer Pupille.
    Sie füllte die gesamte Öffnung aus und glotzte nach unten. Es beobachtete ihn genau, als wollte es auf den Grund seiner Seele blicken.
    Kurt war mit den Nerven fertig. Hätte ihm jetzt jemand gesagt, tu dies oder das, er hätte es nicht getan, weil er die Stimme gar nicht gehört hätte, denn Latow war in seiner eigenen Welt gefangen, wie von unsichtbaren Fesseln gebunden. Deliahs Körper war für ihn nicht mehr existent, er war völlig uninteressant geworden, nur das Auge sah er. Diese häßliche braune Kugel mit der schwarzen Pupille.
    Vorstellen, verstehen und begreifen konnte er nichts. Was er hier erlebte und sah, das entsprach nicht mehr den normalen Regeln des Lebens. Hier waren sie auf den Kopf gestellt worden, alles war anders, vor ihm kniete kein Mensch, sondern…
    Ja, was war diese schöne Frau dann?
    Allmählich gelang es ihm, die Gedanken wieder zu ordnen und sich zu konzentrieren. Die Schrecksekunden waren vergangen. Er dachte daran, daß er sich irgendwie aus dieser Klemme würde befreien müssen, aber wie er das bewerkstelligen sollte, war ihm nicht klar. Das Wesen mit der grünlich schimmernden Echsenhand würde ihn unter Kontrolle halten können, es würde auch jeden Fluchtversuch vereiteln. Er würde ihn als Toten in diesem fremden Haus zurücklassen.
    Flucht!
    Aber wie? Er war nackt. Seine Kleidung lag irgendwo verstreut. Er mußte sich erst vom Bett rollen, um sie erreichen zu können, aber das würde er nicht schaffen.
    Seine Kehle war wieder klar, daß er reden konnte. Und er hauchte seine Worte so leise, daß er sie selbst kaum verstand.
    »Wer bist du? Wer, zum Henker, bist du…?«
    »Deliah…« Ihre Stimme dehnte den letzten Buchstaben, als wäre das Organ eines Monstrums dabei, sich einzumischen. Das war kein normales Sprechen mehr gewesen, bei ihr schien sich nicht nur die Hand verändert zu haben, auch in ihrem Innern war etwas dabei, sich vom Menschlichen abzukehren.
    »Nein, das bist du nicht mehr.« Seine Finger zuckten. Sie krallten sich in den Stoff. »Du - du bist nicht mehr Deliah. Du bist zu einer anderen geworden. Ich habe dich schon einmal so gesehen, aber ich wollte es nicht wahrhaben.« Plötzlich war bei ihm der Damm gebrochen, und die Worte sprudelten nur so aus seinem Mund hervor. »Ich habe es nicht wahrhaben wollen, verdammt! Ich hatte geglaubt, es mir eingebildet zu haben. Aber das stimmte nicht. Diese Hand habe ich auch hinter der Scheibe gesehen. Ich habe mich eben täuschen lassen. Ich wurde durch dein Äußeres geblendet. Ich habe alles andere vergessen, ich Idiot. Du bist kein Mensch mehr, du bist auch kein Tier, du bist beides zusammen, und daraus ist dann ein Monster geworden. Ein verfluchtes, ekliges Etwas mit dem Körper einer Göttin.« Kurt hatte sich beim Reden angestrengt. Er atmete immer schneller und heftiger. Wäre es kalt gewesen, hätte er den eigenen Atem als Wolken vor seinen Lippen sehen können, aber es war warm, eigentlich zu warm. Diese Hitze kam nicht nur von der Heizung, sie steckte auch in seinem Innern und war wie ein Vulkan, der noch nicht gelöscht werden konnte.
    Sie sprach nicht. Sie lächelte nur.
    Aber Deliah zog ihre Hand mit dem Auge zurück, streckte dabei ihren Körper, und über ihre Lippen glitt ein geheimnisvolles und auch irgendwie erotisches Lächeln. Sie ballte die Klaue zur Faust, das Auge verschwand, aber nicht die Veränderung der Hand selbst. Da blieben die grünlichen Schuppen, die so dicht beieinander lagen, daß sie sich berührten und gegenseitig verdeckten.
    Die Hand sah aus wie der Fuß oder die Klaue einer Echse. Was interessierte ihn noch die Schönheit, wenn er nur an die Hand denken und sie immer wieder wie unter einem Zwang stehend anschauen mußte. Das war verrückt, es gab von diesem Augenblick keine Logik mehr in seinem Leben, aber er wußte eins. Er mußte raus aus dieser Falle.
    Noch kniete Deliah vor ihm so, wie Gott sie geschaffen hatte. Tatsächlich Gott?
    Kurt wollte nicht daran glauben, daß bei ihr der Herrgott überhaupt seine Hand im Spiel gehabt hatte. Bei ihr mußte der Teufel mitgespielt

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