0945 - Zielort Kristallwelt
oder gleich umbringen. Es kann niemand anders gewesen sein.«
»Aber…«
Morano sah Starless scharf an. »Warum höre ich von dir immer ein ›Aber‹? Zweifelst du an meinem Verstand? Daran, dass ich die Lage im Griff habe?«
»Nein… Nein, das ist es nicht.«
»Was ist es dann, Starless, mein treuer Diener?« Morano ließ seine Stimme schnurren wie ein Kätzchen. Doch er sah auch den Schauder, der Starless dabei über den Rücken rann.
Gut so. Er hat Angst. Angst vor dem, was ich mit ihm tun könnte. Und das soll er auch.
»ERHABENER, darf ich offen sprechen?«
Morano überlegte kurz. Konnte das schaden? Er war eigentlich an der Meinung anderer nicht interessiert. Doch Speichellecker würde er noch genug um sich haben. Es konnte nicht schaden, wenigstens einem seiner Diener, noch dazu einem der treuesten, zu erlauben, seine Meinung offen zu sagen. Töten konnte man ihn immer noch, wenn er illoyal wurde. Er nickte gnädig.
»ERHABENER, wir haben so lange gebraucht, bis wir dort waren, wo wir jetzt sind. Du kennst das Terrain noch nicht. Verdirb jetzt nicht alles, indem du zu weit gehst.«
Morano lächelte überlegen. »Mach dir keine Sorgen. Meiner Macht hat niemand etwas entgegenzusetzen. Niemand mehr wird es wagen, sich gegen mich zu stellen, den neuen ERHABENEN und den mächtigsten, den die DYNASTIE DER EWIGEN je gesehen hat.« Er holte tief Luft. »Ich will, dass du dich aufmachst und Vorrog findest. Er muss gefasst werden. Er darf nicht überleben. Die anderen werde ich morgen hinrichten lassen.«
»Aber wo soll ich ihn suchen?«
In diesem Moment kam einer von Sinje-Lis Leibwächtern hereingerannt. »ERHABENER! Auf der DYNASTIE ist eine Hornisse gestohlen worden!«
Für einen Moment standen sowohl Starless wie auch Tan Morano regungslos da. Dann machte Morano eine kurze Handbewegung. Der Leibwächter, ein Vampir, starrte seinen Herrn entsetzt an und griff sich selbst an den Bauch. Doch das Verhängnis nahm seinen Lauf. Mit einem grausamen Lächeln sah Morano, wie sich sein Untergebener von innen heraus auflöste. Erst war nichts zu sehen, doch dann entstand langsam ein Loch in der Bauchdecke des immer verzweifelter Schreienden, aus dem Blut rann. Es breitete sich aus, mehr und mehr des Körpers verschwand und rann an den letzten stabilen Resten herunter auf den Boden, bis auch diese sich aufgelöst hatten.
Tan Morano sah zufrieden, wie Starless blass wurde und entsetzt den Tod des Mitvampirs ansah, bis von diesem nichts weiter übrig war als eine pinkfarbene, schlammige Pfütze auf dem Boden.
»Geh Miso Vorrog suchen, Starless. Und komm nicht wieder, bevor du ihn in deiner Gewalt hast. Und vergiss nicht: Ich werde dich überall finden.«
Starless verbeugte sich tief vor dem ERHABENEN. »Das werde ich tun, ERHABENER. Ich werde ihn finden.« Damit wandte er sich um und ging.
Morano sah ihm hinterher.
Die Hinrichtung der sieben Verschwörer würde schon an sich ein Spektakel sein, wie es die DYNASTIE DER EWIGEN noch nie gesehen hatte, egal, welche Tyrannei und welche Grausamkeiten hier auch vorher an der Tagesordnung gewesen waren. Es waren einige gewesen, das wusste auch Tan Morano. Doch allein die Hinrichtung der sieben Verschwörer, oder Sampi, wie sie sich genannt hatten, würde jede einzelne dieser Machtdemonstrationen übertreffen.
Doch wenn Starless erst Miso Vorrog erwischt und wieder in den Kristallpalast gebracht hatte, würde das noch besser werden.
Niemand würde sich dem mächtigsten ERHABENEN aller Zeiten mehr in den Weg stellen.
Niemand.
***
Der Raumhafen war vollständig geräumt worden. Alle Raumschiffe, selbst die großen wie die DYNASTIE, das ehemalige Schiff Nazarena Nerukkars, waren weggebracht worden, auf andere Raumhäfen ausgelagert oder im Orbit geparkt. Und doch war die weite Betonfläche, die fast so groß war wie eine Stadt, nicht leer. Um das zentrale Flugfeld herum waren Tribünen aufgebaut, neben der das Kolosseum in Rom klein und mickrig aussah.
Doch jemandem von der Erde konnte das beinahe gleiche Aussehen dieser Arena nicht entgehen. Sinje-Li entging es auch nicht. Der neue ERHABENE hatte eindeutig ein Faible für das antike Rom, das hatte sich bereits in seinen Anfängen auf Korsika gezeigt. Auch da war er gerne in einer Toga herumgelaufen.
Wieder einmal, wie schon so oft in den letzten Wochen, fragte sich die Raubvampirin, was sie hier überhaupt tat. Das Beste wäre gewesen, wenn sie zur Erde zurückgekehrt wäre. Ein Leben als Söldnerin, für
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