0946 - Angst um Lucy
kontrolliert hast. Das habe ich schon getan, als du dich noch unten in der Küche aufgehalten hast.«
»Was?« stieß er hervor und setzte sich halb auf. »Was hast du herausgefunden?«
»Das gleiche wie du.«
»Die, die beiden – Pickel.«
»So ist es. Wobei ich nicht weiß, ob es wirklich Pickel sind oder kleine Wunden. In diesem Licht konnte man das nicht so genau erkennen, aber sie waren vorhanden.«
»Was auch einen Grund gehabt haben muß.«
»Sprich ihn nicht aus, Jack, sprich ihn bitte nicht aus! Ich weiß es selbst. Ich will es nicht wahrhaben, aber ich kann mich kaum noch beherrschen. Lucy muß nicht nur einen Traum gehabt haben, der sie so hat schreien lassen. Da muß noch etwas anderes gewesen sein, möglicherweise ein Stück Realität.«
»Dann war er also bei ihr?«
»Das kann doch sein.«
Jack ließ sich wieder zurücksinken. Auch ihm war danach zumute, einfach loszuheulen, aber er riß sich zusammen.
»Wir werden auf Lucy achtgeben, Donna. Wir werden sie nicht aus den Augen lassen. Sie darf auf keinen Fall zu einer Beute dieses Blutsaugers werden.«
»Stimmt, Jack, stimmt alles.« Donna Tarlington nickte im Liegen.
»Aber können wir es allein schaffen? Oder brauchen wir Hilfe? Ich denke eher, daß wir nicht stark genug sind, und deshalb sollten wir morgen vielleicht in London anrufen.«
»Soll Sinclair noch mal kommen?«
»Zumindest er und sein Kollege.«
»Ja, ja«, gab Jack zu. »Ich denke auch, daß es besser ist. Zumindest werden wir uns seinen Rat holen. Ich bin gespannt darauf, was er uns dazu zu sagen hat.«
Donna drehte sich um. Sie streichelte ihre Tochter und brachte die Lippen dicht an ihr Ohr. »Dir wird niemand etwas tun, Kleines. Ganz bestimmt nicht. Niemand kommt an dich heran, weil wir es nicht wollen. Wir werden auf dich achtgeben und dich beschützen, das versprechen dir deine Mummy und dein Vater.«
Es war zwar kein versöhnlicher Abschluß für die Eltern, aber irgendwie fühlten sie sich wohler, daß sie es geschafft hatten, zu einem Ergebnis zu gelangen. Den Rest der Nacht würde Lucy schlafend zwischen ihnen verbringen, beschützt durch Vater und Mutter, wie es sich für eine Familie gehörte.
»Kannst du denn schlafen?« fragte Donna ihren Mann.
»Das weiß ich nicht, aber ich werde es versuchen. Vielleicht dahindämmern, mehr auch nicht. Weißt du denn, wie spät es ist?«
»Als ich hier eintrat, war es ein Uhr durch.«
»Dann haben wir sicher bald zwei Uhr.«
»Das denke ich auch.«
Donna faltete die auf dem Oberbett liegenden Hände wie zum Gebet zusammen. Zur Tür schaute sie nicht, sondern geradeaus zu den Fenstern hin. Dabei dachte sie an den Schatten, den ihr Mann gesehen hatte. Riesig mit Flügeln oder Schwingen versehen. Wie die Fledermäuse aus den Monstergeschichten.
Sie hier erlebten leider keine Geschichte. Bei ihnen war vieles eingetroffen, was in den Bereich hineingehörte, aber das war auch alles.
Und es war leider keine Geschichte, denn die Druckstellen oder roten Male am Hals des Kindes waren echt und keine Einbildung.
Nichts rührte sich hinter den beiden Fenstern. Die Nacht war ruhig, klar und eisig. Kein Sturm fegte aus Nordwesten über das Land.
Mit der Kälte war auch die Ruhe gekommen und damit die Unbeweglichkeit.
Der Tag war für beide keine Erholung gewesen. Sie schliefen ein.
Jack noch vor Donna, die für eine Weile seinen Atemzügen lauschte, bevor ihr ebenfalls die Augen zufielen.
Aber eine andere Person wurde wach.
Es war Lucy, die plötzlich die Augen aufschlug!
***
Lucy Tarlington wußte nicht, wer oder was sie geweckt hatte und auch nicht, ob sie überhaupt richtig wach war, jedenfalls hielt sie die Augen offen, sie schaute auch in das Zimmer hinein, nur kam es ihr vor, als würde sie alles durch die verschmutzte Optik eines Fotoapparates sehen, denn vieles war verschwommen.
Ruhig blieb sie in ihrem Bett liegen. Auch Jack bewegte sich nicht, aber zwischen ihnen spürte Donna etwas, denn dort war Lucy erwacht. Sie bewegte sich nicht nur, sie hatte es sogar geschafft, sich hinzusetzen, hockte jetzt da und schaute nach vorn, als gäbe es mitten im Zimmer etwas Bestimmtes zu sehen.
Donna konnte es nicht nachvollziehen. Sie brachte es auch nicht fertig, sich aus ihrem Zustand zu lösen. So wie sie mußte sich jemand vorkommen, der in einem Gefängnis steckte, bei dem die Mauern immer enger zusammengerückt waren. Etwas klemmte sie fest, und mit dieser Kraft konnte sie nichts anfangen.
Aber ihr Geist war nicht
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