0947 - Das Voodoo-Weib
Fetzen, aber ich will nicht den Teufel an die Wand malen, der hat sich längst von ihr gelöst und geht seine eigenen Wege, indem er anfängt zu killen.«
Ich wandte mich von dem Skelett ab. »Was haben Sie denn bisher herausgefunden, Mr. Ramsgate?«
Die Frage gefiel ihm nicht, denn er paffte noch größere Qualmwolken. »Gar nichts, was uns weiterbringt, Kollege. Überhaupt nichts. Wir haben die Namen der Toten, das ist alles.«
»Gibt es keine Vita?«
Ramsgate winkte ab. »Das können sie vergessen. Wer kein Zuhause hat, der existiert, aber der lebt nicht. Er hat keinen Background und meist auch keine Zukunft. Der Bewohner muß sich durchschlagen, er muß kämpfen. Von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag. Oder er hängt vor der Glotze, kriegt die große weite Welt in farbigen Bildern ins Haus geliefert und sieht all die Reichen und Schönen, die sich auf dem Erdball tummeln. Er selbst aber ist beschissen dran, und so wird es auch bleiben, falls sich nicht radikal etwas ändert. Aber sagen Sie ehrlich, Sinclair, hat diese Stadt Geld, um Änderungen vornehmen zu können?«
Ramsgate schüttelte den Kopf. »Nein, das hat sie nicht. Also wird so weitergemacht, und immer mehr Menschen drängen in den Ballon Brixton, der sich dehnt und dehnt, bis er irgendwann platzt.«
»Ja, Sie haben recht.«
»Immer, Kollege. Ich tue hier Dienst, und manchmal stinkt es mir gewaltig, darauf können Sie sich verlassen.«
»Dürfen wir trotzdem die Namen der anderen Toten erfahren?«
»Die habe ich«, sagte Suko.
»Gut.«
Ramsgate gefiel nicht, was wir taten. »Hören Sie, ist das alles, was man von Ihnen hört? Wollen Sie nicht mit den Ermittlungen beginnen? Leute befragen, die Wohnungen hier im Haus durchsuchen, mit den Mietern reden und dann Schlüsse ziehen?«
Ich hob die Schultern. »Das werden wir nicht tun. Sie selbst haben gesagt, daß die Menschen hier sehr verschlossen sind und wohl nicht gern mit Polizisten reden.«
»Das stimmt. Aber es könnte einen Umschwung geben.«
»Inwiefern?« fragte Suko.
Ramsgate saugte wieder an der Pfeife, und, zwar so heftig, daß der Tabak aufglühte. Dann gab er die Antwort. »Auch wenn die Leute hier nicht eben auf unserer Seite stehen, so müssen Sie doch mit einem Faktor rechnen: der Angst. Inzwischen sind vier Morde geschehen, und allmählich wird auch der Dümmste begreifen, was hier alles abläuft. Es spricht sich herum, und die Menschen denken wohl auch daran, daß sie die nächsten sein könnten. Es wird sich eine gewisse Unsicherheit ausbreiten, die für uns von Vorteil sein kann.«
»Meinen Sie?«
»Ja, Mr. Sinclair, darauf hoffe ich. Dann wird irgend jemand den Mund aufmachen.«
»Vorausgesetzt, er weiß etwas.«
Ramsgate nickte uns beiden zu. »Darauf können Sie sich verlassen. Die Leute hier wissen viel. Sie sagen nur nichts. Sie halten sich aus bestimmten Gründen bedeckt. Gehen Sie in die Wohnungen, stellen Sie Ihre Fragen, und Sie werden an den Gesichtern erkennen, daß die Menschen Bescheid wissen, sich aber nicht trauen, etwas zu sagen. Es sei denn, die Angst wird übergroß. Dann platzt es aus ihnen hervor. Bis es aber soweit ist, werden wohl noch Tage oder Wochen vergehen - und weitere Morde geschehen. Ich rechne fest damit, daß wir noch ein paar Skelette finden werden. Bläulich angelaufen, verbrannt, fleischlos, ohne einen Tropfen Blut. Allein sich vorzustellen, daß dieser Mann noch vor einigen Stunden gelebt hat, ist schon Wahnsinn.«
»Und es hat niemand etwas gehört hier im Haus?« Ich deutete auf die Toilettentür. »Sie ist aufgebrochen worden, und so etwas läuft nicht ohne Lärm ab. Da muß doch der eine oder andere etwas gehört haben. Der Mann ist vielleicht lautlos gestorben, aber die aufbrechende Tür wird…«
Ramsgate ließ mich nicht aussprechen. »Regen Sie sich darüber nicht auf, Mr. Sinclair. Es lohnt sich nicht. Man hält hier den Mund. Jeder ist sich selbst der nächste.«
»Das sehe ich ja ein.«
»Wie schön. Dann fangen Sie mal an. Brixton kann zur Hölle werden. Ich spüre die Unruhe. Es soll eine große Demo geben, sie wird bereits im Untergrund vorbereitet. Und wenn diese Demo ausufert, ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was hier wieder los sein wird! Ideale Bedingungen für einen Killer, von dem niemand etwas gesehen hat. Ich frage mich manchmal, ob er überhaupt ein Mensch ist?«
»Was sollte es sonst sein?« erkundigte sich Suko.
»Keine Ahnung. Ein Monster, ein Dämon oder so. Aber damit haben Sie ja mehr
Weitere Kostenlose Bücher