0948 - Wohnsitz der Götter
darüber klar, daß dies die größte Stunde seines Lebens war, und er wollte um keinen Preis darauf verzichten, jetzt in vorderster Front zu stehen. Dies sollte die Stunde sein, die ihm Ruhm für den Rest seines Lebens einbringen, und die seinen Namen unsterblich machen würde, wenn er nicht versagte.
Mit hoch erhobenen Armen ging er auf das rot leuchtende Eis zu.
„Teppon, höre mich", rief er. „Wir sind gekommen, um dir zu dienen."
Die anderen Pilger warfen sich zu Boden, doch sie konnten den Blick nicht von dem leuchtenden Eis abwenden.
Derartiges hatte noch keiner von ihnen gesehen, und noch nie hatte jemand davon gesprochen, daß Eis leuchten kann wie Feuer.
Einige Schritte von dem sich auf geheimnisvolle Weise verändernden Eis entfernt blieb Vernaz stehen.
Der Atem stockte ihm.
Das Eis riß auf. Überall bildeten sich Spalten und Schründe. Dann hob es etwas von unten mit unwiderstehlicher Gewalt an. Das Eis platzte in groben Splittern weg, so daß der Priester vorsichtshalber einige Schritte zurückwich, um nicht getroffen zu werden.
„Fürchtet euch nicht, Brüder", rief er mit hallender Stimme, die nicht erkennen ließ, wie sehr er sich fürchtete. „Seht das vielfache Wunder. Ihr seid die ersten am Berg. Dies ist eure Stunde. Teppon wird euch Wunder zeigen, die größer sind als jene, die die Götter gesehen haben. Fürchtet euch nicht."
Ein Schatten erschien tief unten im Eis. Er hatte die Form eines Dallazen, und er bewegte sich. Vernaz mußte seine Rede unterbrechen, weil seine Stimme versagte.
Jetzt sprengte das rote Licht die letzten Eisreste weg. Ein Schacht tat sich auf, der etwa fünf Meter weit senkrecht ins Eis führte. So dick war die Eisschicht bereits, die sich in wenigen Tagen gebildet hatte. Eine dunkle Gestalt stand dort unten mitten im roten Licht und winkte Vernaz zu. Unmittelbar darauf fühlte der Priester, daß etwas Unsichtbares nach ihm griff. Er wollte schreien, doch er brachte keinen Laut über die Lippen. Er verlor den Boden unter den Füßen und glitt schwerelos über die Öffnung. Dann sank er leicht wie eine Schneeflocke in die Tiefe.
In seiner Angst begann er zu singen.
Zugleich gab er sich auf. Er glaubte nun nicht mehr daran, daß er überleben werde. Doch als er die seltsame Gestalt am Grund des Schachtes erreicht hatte, kehrte das Gewicht zurück, und er hatte festen Boden unter den Füßen.
„Fürchte dich nicht", sagte die dunkle Gestalt. Vernaz hatte den Eindruck, daß sie aus Metall bestand. Sie hatte eine entfernte Ähnlichkeit mit ihm, wirkte jedoch unglaublich dünn und schwächer. „Du bist uns willkommen. Wir danken dir, daß du dem Ruf gefolgt bist. Wo bleiben deine Freunde?"
Vernaz schaltete augenblicklich. Er legte die Hände an die Lippen: Seine Angst verlor sich. Er erinnerte sich wieder daran, daß er den Überlegenden und Wissenden spielen mußte, um nachhaltigen Eindruck auf die Pilger zu machen.
Diese sollten schließlich später seinen Ruhm über ganz Matazema verbreiten.
„Kommt her, Brüder", brüllte er nach oben. „Ihr braucht keine Angst zu haben. Dies ist Teil des Wunders, das ich euch verkündet habe. Nun kommt schon. Niemand tut euch etwas. Seht mich an. Ich bin heil hier unten gelandet, weil der unsichtbare Teppon mich getragen hat."
Da er das Unglaubliche überstanden hatte, beobachtete er nun mit heimlichem Vergnügen, wie die anderen Pilger herabkamen. Er konnte sich nicht erklären, wieso sie plötzlich fliegen konnten und nicht wie Steine in die Tiefe stürzten.
Nach und nach versammelten sich die anderen Pilger um ihn. Er sprach beruhigend auf sie ein und tat so, als gebe es nicht den geringsten Grund zur Aufregung. Als alle Pilger am Grunde des Schachtes waren, glitt eine Wand zur Seite und gab den Blick frei in einen Saal, in dem auf langen Tischen allerlei Köstlichkeiten aufgestellt waren.
„Bedient euch", forderte sie der Metallene auf. „Ihr habt schwer gearbeitet. Jetzt solltet ihr euch stärken."
Vernaz schluckte. Er nahm all seinen Mut zusammen und wandte sich an den Metallenen.
„Hier ist es brütend heiß", sagte er. „Kann man es nicht ein wenig kühler machen?"
*
Alaska Saedelaere und Fellmer Lloyd rannten über das Eis auf den Leichten Kreuzer zu. Dabei ruderten sie immer wieder mit den Armen. Sie hofften, die Besatzung des Raumschiffs auf sich aufmerksam zu machen.
Sie blickten über die Schultern zurück.
Die Emmons hatten die Verfolgung aufgenommen. Sie rasten mit Riesensätzen
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