0949 - Die geronnene Zeit
Schwert zurück, wenn ihn kein Auserwählter berührte.
Das alles interessierte ihn im Augenblick aber nicht, denn er setzte dem fliehenden McCain nach.
***
»Du siehst schlecht aus«, sagte Matlock McCain zu Professor Zamorra. »Aber die weißen Haare stehen dir gut.«
Im gleichen Augenblick fragte er sich, warum er den gealterten Mann verhöhnte. Standen sie nicht auf derselben Seite? Waren sie nicht beide Kämpfer für das Licht?
McCain schüttelte den Kopf.
Nein! Er war… er war… ein Vampir!
Und noch etwas?
Seit das Dunkel ihn verlassen hatte, herrschte Leere in ihm. Zuerst kaum zu spüren. Deshalb hatte er sich verhalten wie immer.
Doch mit jedem Augenblick, der verging, breitete sie sich aus. Fraß sich durch sein Bewusstsein wie Termiten durch Holz. Verwandelte ihn nach und nach in eine hohle Hülle.
Wenn es etwas gab, das ihn nun erfüllte, dann war es Verwirrung.
Zamorra wandte sich von ihm ab und griff mit seiner Zauberscheibe das Dunkel an.
Das darf er nicht tun! Ich muss ihn daran hindern!
Dennoch blieb er regungslos stehen, missachtete den uralten Reflex.
Dann war da eine andere Stimme: Du musst ihm helfen. So, wie es früher deine Aufgabe war, auf der Seite des Guten zu kämpfen.
War das so?
Nein, Zamorra war der Feind! Denn er, McCain, war ein Vampir.
Und zugleich war er Atrigor, der lichte Streiter.
Sein Schädel drohte zu platzen.
Zamorra, sein Feind, sein Mitstreiter, ging zu Boden. Der Kampf gegen das Dunkel hatte ihn ausgelaugt.
Konnte man es überhaupt aufhalten? Nein, wahrscheinlich nicht mehr. Wie er vor wenigen Minuten dem Professor zugerufen hatte: Es war zu spät.
Er ging auf den bewusstlosen alten Mann zu.
»Denk nicht mal dran, Arschloch!«
Dylans Stimme drang wie durch Watte in sein Bewusstsein.
McCain sah zu dem jungen Kerl, den er zu seinem Diener hatte machen wollen. Damals, als das Dunkel noch in ihm geherrscht hatte, er sich wegen Merlins Erinnerungsblock seiner Aufgabe aber noch nicht bewusst war. Erst als der Block nach Merlins Tod erloschen war…
Er riss sich in die Gegenwart zurück.
Dylan erreichte Assara. Seine Assara. Seine geliebte Frau.
Wie wohl ihr Blut schmecken mochte. So süß, so kraftvoll, so…
Er schüttelte sich. Was war nur los mit ihm? Wie konnte er nur ernsthaft in Erwägung ziehen, der Liebe seines Lebens die Zähne in den Hals zu schlagen?
Weil er ein Vampir war. Darum!
Nein. Nein. Neinneinnein.
Er hielt es nicht mehr länger aus. Er musste weg hier. Sofort.
Weg von der Quelle. Weg vom Dunkel, das bald endgültig über diesen Ort hereinbrechen und ihn verschlingen würde. Weg von Assara. Weg von ihrem Schwert, das Dylan sich gerade schnappte.
Einfach nur weg!
Er rannte. Raus aus dem Tal. Dorthin, wo der gewundene Pfad zum Ausgang führte. Er sprang über Steine, über verkrümmte Wurzeln, die sich unter dem Einfluss des Dunkels wie in Schmerzen wanden. Links und rechts von ihm platschten vereinzelt schwarze Tropfen auf den Boden, verheerten diesen tristen Ort noch weiter.
Und du bist schuld daran. Ohne dich hätte die Quelle so blühend bleiben können, wie sie anfangs war. Du hast sie zerstört. Mit deiner Unbeherrschtheit im Kampf gegen Duuna hast du alles verdorben.
Er würgte die Erinnerung ab. Wollte nicht darüber nachdenken.
Etwas packte ihn von hinten und ließ ihn straucheln.
»Hab dich!«
Die Stimme von Dylan McMour. Er hatte die Hände in den Kragen des Drachenmantels gekrallt und versuchte den Druidenvampir zum Umdrehen zu zwingen.
Das ist die Gelegenheit. Jetzt kannst du vollenden, was du damals nicht geschafft hast. Hol dir sein Blut und mach ihn zu deinem Diener.
Nein! Er wollte nicht. Durfte nicht.
Doch, du darfst. Du bist Matlock McCain, der Vampir.
Er war Atrigor! Ein Kämpfer der Sha'ktanar.
McCain/Atrigor machte zwei Schritte nach vorne, streckte dabei aber die Arme nach hinten. Dadurch glitt er aus dem Drachenmantel.
Er warf sich herum. Dylan stand mit dem nun wieder unförmigen Kleidungsstück in den Händen da und starrte es aus großen Augen an. Damit hatte er offenbar nicht gerechnet.
Bevor er sich von seiner Verwirrung erholen konnte, holte McCainAtrigor aus und donnerte dem Schotten die Faust auf die Nase. Der verdrehte die Augen und sank zu Boden.
McCainatrigor sah ihn noch für einige Sekunden an. Als Blut aus Dylans Nase quoll, verlor er beinahe die Beherrschung.
Doch dann bekam er sich wieder in den Griff, drehte sich um und setzte seine Flucht fort.
McCaitrigor verließ die
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