Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
095 - Der leuchtende Schlüssel

095 - Der leuchtende Schlüssel

Titel: 095 - Der leuchtende Schlüssel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
Öffentlichkeit. Ich bin weiter nichts als ein kleiner, verhältnismäßig armer Bankdirektor, der seinen Beruf haßt. Ich würde gern viel Geld dafür geben, wenn ich alle Bankbücher auf einen Haufen werfen und ein Freudenfeuer anzünden könnte. Ich hasse die Bank und alles, was damit zusammenhängt. Man würde viel besser einen Nachtklub daraus machen.«
    Smith schaute ihn verwundert an. Dieses Eingeständnis überraschte ihn vollkommen. Morans Züge hatten sich verfinstert, und seine Stimme klang leidenschaftlich erregt, als er weitersprach.
    »Früher hat man mich beinahe einmal aus der Bank hinausgeworfen, weil ich spekulierte. Ich wäre ruiniert gewesen, und ich mußte die Generaldirektoren auf Knien bitten, mich zu behalten. Ich nahm mir vor, meinen Beruf so bald wie möglich aufzugeben, aber jedesmal, wenn ich soweit war, kam mir irgend etwas dazwischen.« Er wandte sich an Smith. »Ich kenne Tickler wirklich nicht. Warum er über mich geredet hat, kann ich Ihnen nicht erklären. Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
    Surefoot Smith sah auf seinen Hut, der auf dem Stuhl lag.
    »Kennen Sie Mr. Hervey Lyne?«
    »Ja, er ist ein Kunde unserer Bank.«
    »Haben Sie ihn in letzter Zeit einmal gesehen?«
    »Nein, in den letzten zwei Jahren nicht.«
    »Ach so.«
    Surefoot Smith sagte das nur, weil ihm im Moment nichts Besseres einfiel.
    »Gut, ich will jetzt gehen. Es tut mir leid, daß ich Sie aufgehalten habe. Aber Sie wissen ja, unser Beruf bringt das mit sich.«
    Er reichte dem Bankdirektor seine große Hand. Aber Mr. Moran war so in Gedanken versunken, daß er es übersah. Nachdem er die Tür hinter seinem Besucher geschlossen hatte, ging er in sein Schlafzimmer und setzte sich auf den Rand des Bettes. Nach einer Weile stand er auf, ging quer durch das Zimmer zu einem eingebauten Safe, der hinter einem Bild versteckt war, öffnete ihn und entnahm ihm eine Anzahl von Schriftstücken. Sorgfältig sah er sie durch, legte sie dann in den Schrank zurück und holte eine dicke Brieftasche heraus, in der sich merkwürdige farbige Papiere befanden - Eisenbahn- und Schiffskarten. Obenauf lag sein Paß, und darin ein Paket von dreißig Banknoten zu je hundert Pfund.
    Er schloß den Safe wieder, hängte das Bild darüber und kleidete sich dann vollkommen an. Er war bestürzt. Die zufällige Erwähnung von Hervey Lyne hatte ihn erschreckt.

8
    Als um acht Uhr abends der Vortrag über »Bankwesen und Sparsystem« im Radio angekündigt wurde, schalteten die meisten Teilnehmer ab, um auf die Jubilee-Jazzband zu warten, deren Spiel um neun Uhr von Manchester übertragen werden sollte.
    Binny mußte seinem Herrn das Programm vorlesen und kam schließlich auch zu dem Vortrag von Mr. Moran um acht.
    »Ach, Moran, ist das der Mensch, der gestern hier war?« fragte der alte Herr.
    »Jawohl.«
    »Bankwesen!« brummte Lyne. »Nein, das will ich nicht hören.«
    »Sehr wohl«, entgegnete der Butler.
    Die weißen, runzeligen Hände des Alten tasteten an dem Tisch entlang, bis sie die goldene Uhr fanden. Dann drückte er auf den Knopf.
    »Sechs«, sagte er, als die Repetieruhr geschlagen hatte. »Geben Sie mir meinen Salat.«
    »Ich habe den Chefinspektor heute getroffen, der neulich hier war, diesen Mr. Smith -«
    »Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen mir meinen Salat bringen.«
    Hühnersalat mit Mayonnaise war stets die letzte Mahlzeit, die Lyne jeden Tag zu sich nahm. Binny servierte ihm das Essen, aber er konnte ihm nichts recht machen. Wenn er redete, sollte er den Mund halten, und wenn er schwieg, schimpfte der Alte, daß er blöde sei und nichts sage.
    Der Butler räumte schließlich das Geschirr ab und stellte eine Tasse vor seinen Herrn. Als er sich entfernen wollte, wurde er jedoch zurückgerufen.
    »Wie stehen die Aktien von Cassari-Petroleum?«
    Binny hatte die Kurse auf dem Petroleummarkt seit langem nicht mehr verfolgt und konnte deshalb keine Auskunft geben.
    »Holen Sie eine Zeitung, Sie alter Esel!«
    Binny brachte ein Abendblatt. Morgens, mittags und abends mußte er seinem Herrn die Kurse der Industrieaktien vorlesen, was er immer sehr langweilig fand. Mr. Lyne hatte sein Geld in goldsicheren Papieren angelegt, die kaum ihren Kurs änderten.
    Cassari-Petroleum war allerdings eine unangenehme Überraschung gewesen. Die Aktien waren Teile des Vermögens, das er als Treuhänder für Mary Lane verwaltete. Er zögerte lange Zeit, bevor er sie verkaufte und sie gegen sichere Papiere eintauschte. Zwei Jahre lang hatte er sie

Weitere Kostenlose Bücher