0951 - Untergang
müssen. Denn ich spüre, dass die Zeit gekommen ist, Schwester. Komm mit.«
Maneki Neko teleportierte mit Nicole Duval auf ein kleines Felsplateau in schwindelerregender Höhe. Ein Stück unter ihnen stand der schwarze Engel. Die Dämonenjägerin hätte ihm direkt auf den Hinterkopf springen können. Aber ihre Aufmerksamkeit wurde abgelenkt. Vor ihnen erhob sich nämlich eine senkrecht aufsteigende Felswand. Die weiße Katze zeichnete mit ihrer Pfote ein großes Viereck in die Luft. Sofort begann die Felswand grünlich zu leuchten, wurde durchsichtig und gab den Blick auf einen gläsernen Schrein frei. In dessen Mitte schwebte ein Schwert mit leicht gekrümmter Klinge und einem golden schimmernden Griff neben dem wunderbarsten Juwel, das Nicole jemals unter die Augen gekommen war. Es schimmerte in allen nur denkbaren Farben, die zudem in ständiger Veränderung begriffen waren.
»Wow«, entfuhr es Nicole. »Für den Klunker hier würden viele Frauen morden.«
»Vielleicht musst du das auch tun, Schwester. Komm nun und betritt mit mir das Heiligste, was wir in dieser Welt haben. Denn wir glauben, dass diese Wesen hier uns mit Juwel, Schwert und Spiegel geschaffen haben. Amaterasu hat sie zudem benutzt, um den Menschen, die sich bekriegten und uns dabei gefährdeten, eine Ordnung zu geben.«
Nicole nickte. Hinter der Maneki trat sie durch die schimmernde Wand und glaubte für einen Moment, sich plötzlich im Innern des Juwels zu befinden. Sie glaubte in Milliarden winziger, fein geschliffenen Flächen aufzugehen, die das Licht kreuz und quer spiegelten. Doch dieser Eindruck währte nur einen Moment. Dann stand sie in einem riesigen Raum, der aus Milliarden von Kristallen gebildet zu sein schien und sie ein wenig an den Saal des Wissens in Caermardhin erinnerte. Dort wie hier spielten die Erbauer mit den Dimensionen, denn der Eindruck von innen war ein völlig anderer als von außen.
Feierlich nahm Maneki Neko das Schwert und überreichte es Nicole. Die Dämonenjägerin nahm es mit klopfendem Herzen in die Hand. Es fühlte sich leicht an, stimmig, so, als sei es einst ausschließlich für sie gemacht worden. Sie steckte es in ihren Gürtel und es passte wunderbar. Nicole glaubte, dass es sich förmlich an sie schmiegte, ohne sie mit der scharfen Klinge zu verletzen. Als sie das Juwel entgegen nahm, durchpulsten sie ähnliche Gefühle. Der Stein schien sich förmlich danach zu drängen, endlich von ihr in Besitz genommen zu werden.
»Sie sind… wunderbar«, flüsterte Nicole und hielt das Juwel an ihre linke Augenhöhle, weil eine innere Stimme ihr riet, dies zu tun. Es flimmerte kurz, als das Juwel in das Auge eindrang und sich mit diesem verband. Sie seufzte wohlig auf. »Du sagtest auch etwas von einem Spiegel, Schwester. Ich sehe aber keinen.«
»Ja, denn er ist nicht hier. Wir müssen ihn zuerst hierher holen. Das können wir nur gemeinsam tun. Auch deswegen wurde ich auserwählt, dir zur Seite zu stehen.«
Nicole runzelte die Stirn. Eine Ahnung stieg in ihr hoch. »Meinst du das, was ich meine?«
»Ja, Schwester, du hast recht, ich sehe es in deinen Blicken. Bei dem Spiegel handelt es sich um nichts anderes als das Zauberauge .«
» Merlins Stern. Uff. Ich fasse es nicht. Aber das ist unmöglich, Schwester. Ich kann das Amulett nur rufen, wenn wir uns beide in derselben Dimension befinden. Über Dimensionsgrenzen hinweg ist das nicht möglich.«
»Nur weil du es noch nie gesehen hast, heißt das noch lange nicht, dass es tatsächlich unmöglich ist.«
Nicole lächelte. »Ich sag nicht, dass es nicht möglich ist, ich sag aber auch nicht ja. Etwas vereinfacht ausgedrückt: Es ist möglich.«
»Ja. Denn dies hier ist ein besonderer Ort. Hier kreuzen sich Hunderte Kraftlinien des Magischen Universums , es ist eine Art Knotenpunkt, an dem vieles möglich ist, was an anderen Orten nicht geht. Trotzdem würdest du alleine es nicht schaffen. Nur zu zweit können wir den Ruf so durch die Dimensionen schicken, dass er das Zauberauge erreicht und hierher lotst.«
»Sagte ich schon mal, dass Wesen deiner Art irgendwann an ihrer Umständlichkeit ersticken werden? Du hättest nur was zu sagen brauchen und ich hätte das Amulett über die Himmelsleiter in Miyazu mitgebracht.«
»Warum, wenn wir es erst jetzt brauchen? Vielleicht benötigt es Zamorra in der Zwischenzeit ja noch, wer weiß das schon?«
Ganz kurz durchzuckte es Nicole. Zamorra! Doch es blieb ein flüchtiger, sofort wieder verwehender Gedanke, der
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