0951 - Untergang
musste er feststellen, dass er in einer der höher gelegenen Räumlichkeiten materialisiert war. Wie war das möglich? Hing es mit dem Aufenthalt Svantevits in seiner Welt zusammen? War es der Flammensäule gelungen, seine Magie in irgendeiner Form zu stören?
Über die Wendeltreppe in einer Säule gelangte er in den eigentlichen Palast. Durch riesige Säle, in denen ebenfalls Tod und Verfall nisteten, eilte er immer tiefer in den Bauch des Herrschersitzes. Dann stand er plötzlich vor einer kleinen, unscheinbaren Tür und öffnete sie. Ein schmaler Gang führte in eine riesige Halle. In ihrer Mitte schwebte, ungefähr zwanzig Meter im Durchmesser, ein Stück Weltraum. So jedenfalls sah es auf den ersten Blick aus. Leuchtend schwarze Nebel wallten in dem Gebilde, dessen Ränder nicht fest waren, sondern sich in ständigem Zerfließen befanden. Immer wieder schossen dünne, schwarze Fäden hervor, zogen sich aber sofort wieder in den Schutz des Gebildes zurück. Es strahlte eisige, unangenehme Kälte aus, die Asael bis hierher spürte.
»Dann wollen wir mal.« Der Gnom ging auf die breite Treppe zu, die in etwa 100 flachen Stufen zur Schwarzen Gruft hoch führte und kurz davor endete. Die Treppe wurde von steinernen Tanaar-Statuen flankiert.
Asael stieg die Treppen hoch. Als er ungefähr die Hälfte hinter sich hatte, fuhr er plötzlich, einem Instinkt folgend, herum. Von einer der Tanaar-Statuen, die echsenartige aufrecht Gehende in verschiedenen Huldigungspositionen zeigten, löste sich ein Flimmern. Über die Treppen kam es direkt auf den Gnom zugefegt!
Für einen Moment stand Asael starr vor Schreck. Hatte er die Flammensäule etwa nicht besiegen können? Oder handelte es sich hier um ein zweites Schemen? Jetzt, da er in Asaels Welt das wahre Aussehen des Unheimlichen wahrgenommen hatte, erkannte er in dem Flimmern auch die Extremität, die das Schwert hielt. Sie fuhr hoch in die Luft.
Asael teleportierte sich panisch weg. Er wollte zum Weltentor, um vor dem Unheimlichen auf die Erde zu fliehen. Vielleicht konnte er ihm dahin nicht folgen.
Dummerweise landete Asael direkt in den Abgründen der Schwarzen Gruft …
***
Ebene des Hohen Himmels
»Vielleicht sind sie Engel«, sagte Maneki Neko. »Vielleicht auch nicht. Niemand weiß genau, wer oder was sie sind. Wir verehren sie auf jeden Fall als unsere Schöpfer.«
Nicole Duval fröstelte. »Können wir da mal runter gehen, Schwesterchen? Ich würde mir die… die Dinger zu gerne mal aus der Nähe ansehen.«
»Natürlich.« Maneki berührte die Dämonenjägerin am Arm. Im selben Moment materialisierten sie unten in der Schlucht.
Berghohe, zum Teil senkrecht abfallende schroffe Felsen ohne den kleinsten Bewuchs umgaben die Französin. Die Engel waren nun noch imposanter und drohten sie mit ihrer Präsenz geradezu zu erdrücken. Dabei handelte es sich lediglich um sieben perfekt modellierte Statuen, sechs von ihnen aus einem Material, das weißer als Marmor glänzte. Obwohl sie menschliche Körper besaßen, waren die lebenden Modelle, so es sie gegeben hatte, nie Menschen gewesen. Die riesigen Flügel, die aus ihren Schultern wuchsen, ließen diesen Eindruck gar nicht erst aufkommen. Die Figuren standen auf Felsvorsprüngen in den Wänden, jede von ihnen gute 30 Meter hoch. Sie bildeten einen ungefähren Halbkreis um Nicole und schienen alle, obwohl das mit den verschiedenen Kopfhaltungen nicht vereinbar war, direkt auf sie herab zu starren. Das Gefühl, dass sie das aus der Ewigkeit heraus taten und dass die Augen keineswegs tot wirkten, verstärkte Nicoles Unbehagen noch.
Die Dämonenjägerin musterte die Statuen trotzdem ausgiebig. Die Gesichter unter den wallenden Haaren wirkten geschlechtslos und ähnelten sich wie ein Ei dem anderen. Schönere und reinere Gesichter hatte Nicole noch nie zuvor gesehen, sie hatte sich eine derartige Vollendung bis jetzt nicht einmal vorstellen können. Drei der Körper waren eindeutig weiblich, vier dagegen männlich. Sie alle präsentierten sich in voneinander abweichenden Stellungen, sechs stehend, die Arme leicht angehoben, die Handflächen zum Betrachter gedreht. Eine der weiblichen Statuen lag dagegen auf den Knien. Sie hielt ihre Arme allumfassend geöffnet und schaute dabei zu der Figur hinüber, die Nicole am allermeisten faszinierte. Es handelte sich um einen der Männer. Im Gegensatz zu den anderen war er nicht weiß - sondern tief schwarz!
»Warum ist er so schwarz?«, fragte Nicole die Maneki. »Er ist
Weitere Kostenlose Bücher