0952 - Dr. Sensenmann
nicht neu. Ich kam langsam wieder zu mir, holte noch ein paar Energien aus mir heraus, und der Schwindel verschwand intervallweise, aber der verdammte Druck blieb auch weiterhin in meinem Hinterkopf.
Mein Blick fiel nach vorn und damit auf das Grab. Ich erstarrte!
Mickey Ferrano war auf die Grabfläche gefallen, wo er bäuchlings lag.
Ich wußte sofort, daß er nicht mehr lebte, denn in seinem Hinterkopf malte sich ein böses Einschußloch ab.
Der Killer hatte ihn erwischt!
Ich knirschte mit den Zähnen. Ich war wütend, sauer, machte mir die größten Vorwürfe, und ich konnte mir auch vorstellen, wer sich da auf unsere Fersen gesetzt hatte.
Der Arm des Geheimdienstes war lang, verdammt lang sogar. Oder auch zu lang. Sie trieben ihr eigenes Spiel und nahmen selten auf etwas Rücksicht.
Hier hatte der Mörder es allerdings getan. Er schien gewußt zu haben, daß ich zu Ferranos Gegenseite gehörte.
Mich umzubringen, hätte zuviel Staub aufgewirbelt.
Jedenfalls war der Mörder geschickt vorgegangen. So geschickt, daß ich nicht mal wußte, wie er ausgesehen hatte. Eine Beschreibung konnte ich nur von einer Frau geben.
Das ärgerte mich maßlos, aber es war nichts zu machen. Die Typen hatten lange gewartet, um einen lästigen Zeugen aus dem Weg zu schaffen, was mir wiederum bewies, daß Mickey Ferrano doch etwas gewußt haben mußte, sonst wäre er noch am Leben. Wahrscheinlich hatte er sich selbst nicht daran erinnern können.
Das brachte jetzt auch nichts, denn er war tot!
Um mich zu bewegen, ging ich einige Schritte zur Seite und preßte die Hände gegen den Kopf, als könnte ich so die restlichen Schmerzen vertreiben.
Dabei überblickte ich die Umgebung, doch wohin ich auch schaute, es gab keine Spur mehr. Auf einmal erschien mir der Friedhof menschenleer.
Als hätten die Besucher gewußt, daß sich der Tod zu einem Spaziergang entschlossen hatte.
Wo stand ich in meinen Ermittlungen?
Die Antwort war einfach. Noch immer am Anfang, obwohl mir dieser Dr. Sensenmann erschienen war. Ich mußte jetzt nicht nur ihn jagen, sondern auch einen Killer, der höchstwahrscheinlich sein Salär von unserem Geheimdienst erhielt. Ich war gespannt, wie Sir James auf diese Nachricht reagierte, denn er gehörte zu den Menschen, die sich nicht eben als Freunde des Secret Service bezeichneten.
Bevor ich ihn informierte, wollte ich mich erst einmal um den Toten kümmern.
Ich fragte mich, während ich mich bückte, wie ich zu ihm gestanden hatte. Wir kannten uns nur kurz, aber war in dieser Zeit so etwas wie ein Funke der Sympathie übergesprungen?
Nein, nicht direkt, aber ich hatte gelernt, ihn irgendwie zu verstehen oder zu begreifen. Er war reingelegt worden, und das hatte ich aus seinen Akten nicht entnehmen können. Zudem glaubte ich nicht daran, daß er mich belogen hatte.
Die Einschußwunde im Hinterkopf sah häßlich aus. An den Rändern waren die Haare durch Blut und eine hellere Masse verklebt, doch daran wollte ich nicht denken, als ich ihn auf den Rücken rollte.
Er war schon steif wie ein Brett. Das Gesicht sah wächsern aus, aber noch immer stand das Staunen in seinen Zügen wie festgemeißelt, das er in den letzten Sekunden seines Lebens erlebt hatte.
Er tat mir leid. Er hatte sieben Jahre im Zuchthaus gehockt, um am Tag seiner Entlassung erschossen zu werden. Doch er selbst hatte auch zu dieser Gruppe gehört, Gewalt gesät und den Tod geerntet. Im Zuchthaus war er nicht eben als Waisenknabe geführt worden, aber diese schrecklichen Erscheinungen, verbunden mit dem alptraumhaften Horrorträumen konnte niemand begreifen.
Ich hatte da auch meine Schwierigkeiten und dachte daran, daß ihm in der letzten Nacht durch Dr. Sensenmann ein Serum gespritzt worden war.
Der Gedanke daran ließ mich nicht los. Möglicherweise starrte ich deshalb den Toten so genau an, aber ich konnte nicht durch die wächserne Haut in seinen Körper hineinschauen, um zu sehen, ob und wie sich das Serum ausbreitete.
Das war alles anders. Und dann bewegte er sich. Es geschah so plötzlich und schnell, daß selbst aus meinem Mund ein Schrei drang.
Sein Kopf hatte sich angehoben, wie bei einem Menschen, der plötzlich aufstoßen muß. Da sich meine Hand nicht weit von seinem Gesicht entfernt befand, stieß die Nasenspitze sogar dagegen, und ich zuckte zurück, als hätte man mich gestochen. War er nicht tot?
Die Kugel hatte sein Leben ausgelöscht, aber der Körper wurde von einer Kraft durchflössen, die ihn beinahe lebendig
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