0952 - Dr. Sensenmann
ein Hammer«, flüsterte er. »Das ist, verdammt noch mal, ein Hammer. Dann könnte ich möglicherweise zu dem werden, was auch dieser verdammte Arzt geworden ist. Er wird sich das Zeug bestimmt auch selbst gespritzt haben.«
»Es ist auf jeden Fall nicht von der Hand zu weisen.«
Er schwieg. Ich sagte auch nichts, weil ich ihn nicht stören wollte. In unserer Umgebung war es still. Die Sonne stand fahl hinter dem blattlosen Geäst der Bäume. Als ich die Geräusche hörte, drehte ich mich nach rechts.
Eine Frau schlenderte auf uns zu. Sie trug ein Kopftuch, einen langen, weiten, dunklen Mantel. Sie hinkte etwas in den klobigen Schuhen. In der rechten Hand hielt sie eine Tragetasche. Vom Gesicht sah ich nicht viel, weil sie das Tuch ziemlich weit in die Stirn gezogen hatte, um sich vor der Kälte zu schützen.
Sie kam auf uns zu, schaute auch gegen die Gräber und würde hinter uns vorbeigehen.
Mickey Ferrano dachte noch immer an das Serum in seinem Innern.
»Verändern«, sagte er. »Verdammt noch mal, ich weiß es nicht. Ich möchte es auch nicht. Ich ärgere mich jetzt auch, daß ich hergekommen bin. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn ich meinen ersten Plan durchgeführt hätte…«
»Wie sah der aus?«
»Verschwinden. Außer Landes gehen.«
Ich nickte. »Warum haben Sie es nicht getan?«
»Wegen Dr. Sensenmann.«
»Nur seinetwegen?«
»Nein.«
»Was noch?«
Er knurrte. »Verdammt noch mal, frag nicht so viel! Es gab noch einen anderen Grund.«
»Der Geheimdienst.«
»Ja, denn diese Typen vergessen nichts. Gar nichts, Sinclair. Wahrscheinlich bin ich einer der Nägel in ihrem Fleisch, eine Altlast, wie man so schön sagt, die entsorgt werden muß.«
Wir hörten hinter uns das leise Lachen.
Die Frau, dachte ich sofort, aber sie konnte nicht gelacht haben, denn das Geräusch stammt von einem Mann, und ich spürte, wie sich in mir etwas zusammenzog.
»Nicht rühren, nicht bewegen, nur stehenbleiben!« sagte eine Männerstimme, in der kein Quentchen Gefühl mitschwang. So redeten nur Profis. »Dann ist die Sache schnell vorbei!«
Ich hob leicht die Hände an und spreizte sie auch vom Körper weg. Neben mir flüsterte Ferrano: »Jetzt haben sie uns!«
»Wer?«
Er wollte eine Antwort geben und hatte bereits den Mund geöffnet, aber die Person hinter uns war schneller. Wir hörten einen dumpfen Laut, als hätte jemand einen Korken aus der Weinflasche gezogen.
Aber hier trank niemand Wein. Dieser Laut hatte andere Gründe. So klang ein Schuß, wenn man einen Schalldämpfer vor die Waffe schraubte.
Neben mir ging Ferrano nach vorn.
Nein, er ging nicht.
Er tat nur einen halben Schritt, dann kippte er dem Grab des Arztes entgegen.
Ich drehte mich trotz der Warnung um.
Einen wütenden Laut hörte ich noch, spürte den Luftzug, und mich erwischte etwas in Höhe des linken Ohrs. Im Kopf sprühten plötzlich Sterne. Daß ich fiel, merkte ich nicht, ich hatte mich erst einmal verabschiedet…
***
Aber nicht für lange, und ich war auch nicht richtig bewußtlos geworden.
Ich spürte die Kälte des Bodens unter meinem Körper und ärgerte mich darüber, daß meine Augen so verklebt waren und ich Mühe hatte, sie zu öffnen. Zudem arbeitete ein Hammerwerk in meinem Kopf. Das verdammte Tuckern störte mich gewaltig, aber ich war nicht zum erstenmal niedergeschlagen worden, und es hätte auch schlimmer kommen können.
Gefunden hatte mich noch niemand. Ich wälzte mich mühsam herum und stieß gegen die vordere Kantsteinbegrenzung des Grabs. Mit den Haaren und der Stirn schrammte ich daran entlang.
Ein leiser Fluch drang über meine Lippen. Mit offenen Augen schaute ich schräg in die Höhe, sah auch einen Teil des Himmels und davor die braungrauen Äste der Bäume.
Hinter dem Ohr war die Haut durch den Schlag aufgeschrammt. Blut rann aus der Wunde, aber nicht deswegen fluchte ich leise, sondern darüber, wie man uns reingelegt hatte.
Es war die angebliche Frau gewesen, die auch geschossen hatte. Ein Mann als Frau verkleidet. Hinkend, in einen alten Mantel gehüllt, mit einer unauffälligen Tasche in der rechten Hand.
Am Kantstein des Grabs stemmte ich mich ab. Dabei zog ich die Knie an und kam so mühsam auf die Beine. Schwindelgefühl und Kopfschmerzen machten mir schwer zu schaffen.
Schwankend blieb ich stehen, nach vorn gebeugt. Ich hatte Mühe, nicht umzukippen.
Nur langsam bog in den Rücken durch und saugte dabei die kalte Luft ein, die in meinen Lungen stach.
Diese Dinge waren mir
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