0952 - Dr. Sensenmann
können.«
»Womit?«
Er kicherte und lachte zugleich. Dabei sorgte er in meinem Kopf abermals für Aufruhr. Ich hatte mich daran gewöhnt. Nicht ein Zucken lief über mein Gesicht. »Andere Mächte haben mir geholfen. Dämonen, die für mich ihr Blut gaben. Gestalten, die zwischen dem Diesseits und dem Jenseits pendeln. Todesboten, mit denen ich Kontakt bekam. Ich konnte ihren Lebenssaft genau analysieren und habe ihn verdünnt. In jeder Zelle war die magische Kraft dieser Wesen enthalten. Nichts ging verloren, aber es gab nur einen Sieger, nämlich mich. Und das genau ist es, was ich wollte. Ich habe durch meine Freunde die Macht über die Menschen erlangt. Es wird wohl lange dauern, bis es jemand nach mir schafft, den gleichen Weg zu gehen. Sehr lange sogar, aber ich kann immer sagen, daß ich der erste gewesen bin.«
»Dann willst du weitere Opfer finden?« fragte ich. »So ist es.«
»Deinen Mörder hast du ja schon bestraft. Aber was ist mit mir? Warum hast du die Chance nicht wahrgenommen, an mich heranzugehen? Die Möglichkeit dazu hattest du.«
»Stimmt. Du bist mein Problem gewesen.«
»Warum?«
»Etwas hielt mich davon ab.«
»Was?«
»Ich weiß es nicht.« Seine Stimme in meinem Kopf zitterte jetzt, als wäre er wütend. »Ich weiß es wirklich nicht. Du hast jedoch etwas an dir, daß mich gewarnt hat.«
»Ich weiß nicht, was es sein könnte.«
»Andere Menschen haben es nicht.«
»Das kann schon sein. Ich möchte dir erklären, daß ich Geister, Dämonen oder auch andere Wesen jage. Es ist mein Beruf, wenn du verstehst. Und ich sehe nicht ein, mich von meinem Schutz zu trennen.«
»Welchen Schutz?«
Ich lächelte kalt, wobei ich nicht wußte, ob er diese Gemütsbewegung überhaupt wahrnahm. »Ich besitze ihn. Ich trage ihn bei mir. Du hast ihn bisher nur gespürt, aber ich kann dir versichern, daß du ihn gleich sehen wirst. Er ist ein Schutz gegen Dämonen, gegen die Kräfte der Finsternis, und ich weiß, daß mich sein Besitz sehr stark gemacht hat. Das kann ich dir versprechen.« Schon während der Worte hatte ich in die rechte Seitentasche gegriffen und das Kreuz umklammert, dessen geweihtes Silber sich leicht erwärmt hatte.
Dr. Sensenmann tat nichts. Er wartete. Wahrscheinlich wollte er es auch auf die Spitze treiben und sehen, wie sich jemand gegen ihn stellte.
Zuerst langsam, dann schneller, zog ich die Hand hervor - und zeigte ihm mein Kreuz!
Er starrte es an.
Schrie er?
Nein, nichts schrillte in meinem Kopf. Aber es geschah trotzdem etwas.
Plötzlich war er verschwunden!
***
Ich konnte es kaum glauben. Margot Fillmore stand plötzlich allein vor mir. Es war niemand da, der sie umklammerte, aber sie schaffte es nicht, sich auf den Beinen zu halten. Als wäre sie ein menschliches Gewinde, so sackte sie plötzlich auf der Stelle zusammen.
Ich schaute mich blitzschnell um. Dr. Sensenmann sah ich nicht mehr, und auch der Geist des Mickey Ferrano befand sich nicht in meiner unmittelbaren Nähe.
Die Frau und ich waren allein. Kaum zu glauben, daß mir Sloane die Chance gab, sie zu retten. Irgend etwas stimmte da nicht, und so war ich vorsichtig und sehr auf der Hut, als ich mich ihr näherte.
Ich hatte Margot Fillmore nicht auffangen können. Da sie sehr langsam zu Boden gefallen war, hatte sie sich auch nicht verletzt.
Sie lag auf dem Rücken. Sie atmete, aber sie war blaß geworden, und auf ihrem Gesicht sah ich eine Gänsehaut.
Ich kniete mich neben sie.
Dann faßte ich sie an und legte dabei behutsam meine Hände auf ihre Schultern.
Margot hatte die Berührung gemerkt. Sie zwinkerte mit den Augen, schaute mich dann an, und sie hatte Mühe, mich zu erkennen, da ihre Brille bei dem Sturz verrutscht war.
Ich setzte sie wieder richtig auf. So konnte sie besser sehen. Erstaunen zeichnete sich in ihren Augen ab. Ich bemerkte auch ihren Versuch, mich anzulächeln, aber daraus wurde nichts. Das Lächeln verwandelte sich in eine Grimasse. Sie riß den Mund weit auf. Pfeifender, aus ihm dringender Atem erwischte mein Gesicht, und obwohl ich sie noch immer festhielt, bog sich ihr Körper in die Höhe, als hätte er von unten einen Stoß bekommen. Durch den Steinboden!
Ich ahnte etwas, denn ich wußte, daß sich ein Dr. Sensenmann bewegen konnte, ohne daß es irgendwelche Hindernisse für ihn gab. So konnte es auch jetzt gewesen sein.
Margot wurde davon überrascht, als ich sie in die Höhe zerrte. Mit der rechten Hand wollte sie sich an meiner Schulter festklammern, aber ich
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