0953 - Der Vampirwolf
ferne Zukunft gesetzt hatten, ahnten diese Soldaten nicht…
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Eigentlich hätte Dragan Samescu zufrieden sein können, aber er war es nicht, obwohl sie die Bestie gefangen und in ein tiefes Grab gesteckt hatten, das zudem noch mit einem geweihten Holzkreuz gesichert worden war, so daß der Vampirwolf nicht entwischen konnte.
Ja, ein Vampirwolf! Eine mörderische, unheimliche und unglaubliche Mischung aus Werwolf und Vampir. Der Pope wußte nicht, wie sie entstanden war, aber es gab sie einfach. Es mußte eine teuflische Laune der Natur gewesen sein, so etwas entstehen zu lassen, und er spürte, wie sein Herz immer stärker schlug, als er sich auf dem Weg zu seiner Kirche befand, wo er auch wohnte.
Nicht in der Kirche, sondern in einem kleinen Raum dahinter, der Sakristei. Ein Schrank, ein Tisch, ein Stuhl und ein Bett standen auf dem kahlen Steinboden. Mehr benötigte Dragan nicht. Und das Bett war auch nicht mehr als ein Lager. Es bestand aus zwei übereinandergelegten Strohsäcken, das war alles.
Der Pope war damit zufrieden, und er war auch froh, daß die Kerze noch nicht verloschen war, als er durch eine Seitentür seinen Raum betrat. Er drückte den Eingang wieder zu, nahm die Kerze und führte die Flamme zum Docht einer großen, weißen Kerze, die noch nicht gebrannt hatte. Sie ragt aus einem Halter hervor, der an der Wand angebracht war.
Ein Licht reichte dem Popen völlig, um sich normal zu bewegen. Er kam sich nicht glücklich vor und verglich sich eher mit einem Tier, das gefangen worden war und nun in seinem Gefängnis hockte. Verbunden mit dem Gedanken, nicht mehr freizukommen und den Tod zu erleiden.
Sehr oft hatte er über sein Ableben in der letzten Zeit nachgedacht. Nie waren ihm die Gedanken so stark gekommen wie in dieser Nacht, obwohl doch eigentlich kein Grund bestand, denn es war ihnen endlich gelungen, den Vampirwolf zu begraben.
Aber konnte er dieser Sicherheit trauen? War wirklich alles so, wie es sein mußte?
Er konnte nur hoffen und darum beten.
Schwerfällig ließ er sich auf sein Bett fallen, aber er legte sich nicht hin, sondern blieb sitzen und lauschte dem Knistern des Strohs in den Säcken.
Es waren die einzigen Geräusche, die er außer seinem Atmen hörte. Zwar war der neue Tag schon angebrochen, für ihn aber würde die Nacht trotzdem lang werden, das wußte er. Und er wußte nicht, ob sie schon vorbei war.
Sollte er sich Vorwürfe machen, daß er nicht auf dem Friedhof geblieben war und zugeschaut hatte, wie seine jungen Freunde das Grab zuschaufelten? Er hätte es tun können, auf der anderen Seite aber wollte er ihnen auch Vertrauen entgegenbringen.
Sie würden es schon richtig machen, daran glaubte er fest.
Trotzdem blieb die Angst. Sie war wie eine Kralle, deren Arme sich immer mehr ausbreiteten, um sein gesamtes Inneres zu erfassen. Man konnte sie als bösartig bezeichnen, aber auch als eine Warnung ansehen. Ließ sich ein Teil des Bösen denn so einfach aus der Welt schaffen?
Zweifel stiegen in Dragan auf. Große Zweifel sogar. Er wußte plötzlich, daß er und seine Helfer irgend etwas übersehen hatten, aber er kam nicht darauf, was es war.
Das bereitete ihm Sorgen.
Langsam drehte er sich auf seinem platz. Das Fenster, das zuvor hinter ihm gelegen hatte, lag jetzt vor ihm. Es war klein, nicht mehr als eine Luke. Das alte Glas darin war schmutzig, als hätten zahlreiche Spinnen ihre Netze darauf gewoben. Dahinter lauerte die Dunkelheit der Nacht. Sie war ein böses Etwas und glich einem Tier, das nur darauf wartete, zuschlagen zu können.
Und ein Tier hatten sie begraben.
Eine böse Bestie mit höllischen Kräften. Jemand, der die Menschen suchte, sich von ihrem Blut ernähren wollte, sie aber zudem noch tötete. Ein schlimmeres Monstrum als diesen Vampirwolf konnte es seiner Überzeugung nach nicht geben.
Natürlich kannte sich Dragan in den unheimlichen Geschichten aus, die man sich erzählte. Seine Heimat war eben das Land der Werwölfe und Vampire. Aber er hatte nie davon gehört, daß diese beiden Wesen eine böse Allianz eingegangen waren.
Mal Werwolf, mal Vampir, mal beides.
Oder hing es tatsächlich mit der uralten Abstammung dieser Wesen zusammen? Daß es schon die Wölfe gegeben hatte, bevor die Menschen auf den Plan getreten waren?
Niemand konnte etwas Genaues darüber sagen, denn es gab einfach keine Zeugen.
Das Sitzen auf den Strohballen gefiel dem alten Mann nicht. Er spürte die Steifheit in seinen Knochen, und er dachte daran daß
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