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0953 - Der Vampirwolf

0953 - Der Vampirwolf

Titel: 0953 - Der Vampirwolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wurde aufgedrückt. Selbst hinter den kleinen Fenstern erschien kein Gesicht. Die Ruhe vor dem Sturm blieb auch weiterhin bestehen. Oder war es die Stille des Todes?
    Eher die des Todes!
    Diesen Eindruck hatte die alte Jovanka, als sie die Tür der Hütte aufdrückte. Schon die halbe Nacht über hatte sie wachgelegen und den unheimlichen Geräuschen gelauscht. Sie hatte sich aber nicht getraut, aufzustehen und an das kleine Fenster zu gehen, sondern war auf dem Lager liegengeblieben, ihr altes Kreuz und den damit verbundenen Rosenkranz in den Händen.
    Sie hatte gebetet. Dabei waren ihr die Perlen durch die Finger geglitten, und jede Berührung hatte ihr ein Stück Hoffnung zurückgegeben.
    Sie wurde verschont. Das Böse drang nicht in ihr Haus ein, aber sie hatte gespürt, als es daran vorbeigeschlichen war. Da war sie sich vorgekommen wie jemand, der seine Finger über glühende Kohlen hatte hinweggleiten lassen. Ihr wunderbarer alter Rosenkranz schien geglüht zu haben, als wollte er sich auflösen, aber es war vorbeigegangen, und trotzdem war etwas zurückgeblieben.
    Nach dem Erkalten hatten sich die Perlen anders angefühlt als sonst. Ihre Form war eine andere geworden. Nicht mehr rund, sondern mehr oval. Der andere Einfluß eben, der böse, der grauenvolle…
    Jovanka lebte allein. Ihr Mann und ihre beiden Söhne waren in den Wirren des Krieges gefallen.
    Opfer der Osmanen waren sie geworden, und so teilte Jovanka das Schicksal vieler Mütter und Frauen.
    Aber sie hatte sich wieder erholt, und sie fand ihre Kraft einzig und allein in der Kirche.
    Zweimal am Tag stattete sie ihr einen Besuch ab. In den Morgenstunden und am Abend. Dann betrat sie allein das kleine Gotteshaus, setzte sich in eine Betbank und blieb eine, manchmal auch zwei Stunden. Sie betete für die Seele ihres Mannes und für die Seelen ihrer Söhne, und sie weinte dabei sehr oft.
    Ob im Sommer oder im Winter, sie ging den Weg immer. Eine kleine, krumme Gestalt, die wenig sprach und sich mit ihrer Einsamkeit abgefunden hatte, die aber sehr gut merkte, wenn sich im Ort irgend etwas verändert hatte.
    Wie an diesem Morgen!
    Nichts war mehr so wie am letzten Tag. Zwar rollte der Nebel noch lautlos durch den Ort, doch als Jovanka ihren Kopf mit dem zerknitterten Gesicht anhob, da hatte sie eher den Eindruck, gegen ein gewaltiges Leichentuch zu schauen als in den normalen Nebel hinein.
    Grau und Grau.
    Schattenhaft nur zeigten sich die Häuser und Ställe. Selbst das Vieh darin schrie nicht. Es wurde keine Kuh gemolken, kein Schwein kriegte Futter, kein Huhn gackerte - es war einfach still - totenstill.
    Jovanka öffnete den Mund und jammerte. Sie verdrehte die Augen. Sie spürte den Hauch des Todes, der auch sie streifte, aber nicht bei ihr blieb, und so bekam sie den Eindruck, die einzige, noch lebende Person im Ort zu sein.
    Was war in der Nacht geschehen?
    Sie konnte es nur ahnen, denn sie hatte vor zwei Tagen noch mit dem Popen gesprochen. Von ihm wußte sie, daß in einer bestimmten Nacht etwas Unheimliches und Unaussprechliches Böse zu Grabe getragen werden sollte, damit es sich keine Menschen mehr als Opfer holen konnte.
    Die letzte Nacht war dafür vorgesehen gewesen. Jovanka wußte genau, daß der Plan nicht so geklappt hatte. Wahrscheinlich war die andere Seite doch stärker gewesen, und das machte ihr Angst.
    Aber Jovanka war auch neugierig. Die einzige Eigenschaft, die sie in ihrem Leben nicht verloren hatte. So war sie immer darüber informiert, was sich im Ort abspielte. Sie kannte alle Bewohner, sie wußte von ihren Schwächen, und machte sich ihre Gedanken über sie, spielte auch mal die eine Person gegen die andere aus.
    An diesem trüben Morgen dachte sie nicht daran. Zwar war die Sonne schon aufgegangen, nur hielt sie sich verborgen. Der Dunst verdeckte sie und ließ sie höchstens mal als eine verschwommene Kugel erkennen.
    Jovanka drehte sich des öfteren um auf ihrem kurzen Weg zur Kirche. Verfolgt wurde sie nicht. Das Dorf lag nach wie vor in tiefer Stille, als wollten die Menschen die Ruhe des Todes nicht stören. Der Boden zeigte noch immer eine Schlammschicht. An einigen Stellen hatte sie bereits eine Kruste bekommen.
    Auch in den Schlaglöchern und kleineren Mulden stand noch das Wasser. Die alte Frau umging sie so gut wie möglich, den Blick hielt sie jetzt auf das dunkle Gebäude der kleinen Kirche gerichtet. Es zeichnete sich hinter den Schwaden ab und schien sich im leichten Morgenwind zu bewegen.
    Jovanka überquerte

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