0956 - Die Todeszone
Fremdenlegionär. »Dann rede ich kein Wort mehr mit dir.«
Nicole lachte nur und gab dem Alten einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. Solange sich Gerard Fronton noch so aufregen konnte, war alles in Ordnung.
»Das könnte ich nie verwinden, Joe, das weißt du. Schließlich hast du dich gerade wie ein echter Held geschlagen. Wer weiß, ob wir den Kampf ohne dich heil überstanden hätten?«
»Das sage ich dir, Mädchen!«, raunzte Gerard, grinste dann aber versöhnt. »Aber du warst auch nicht schlecht.«
»Man tut, was man kann«, flötete Nicole und setzte ihr süßestes Lächeln auf.
Die Dorfbewohner hatten angesichts der dämonischen Attacke tatsächlich wahren Heldenmut bewiesen. Doch in ihrer unerschütterlichen, pragmatischen Art wären sie jetzt am liebsten gleich wieder zu ihrem normalen Leben zurückgekehrt. Die Ausgeburten der Hölle waren tot, die Gefahr war gebannt, und das Leben musste ja schließlich weitergehen.
Doch Zamorra und Nicole trauten dem Frieden nicht. Zu deutlich hatten sie noch die letzten Worte der höllischen Attentäterin im Ohr. Sie wussten nicht, ob das nur leere Drohungen waren oder tatsächlich unzählige weitere Gestaltwandler den Kollaps der Schwefelklüfte überlebt hatten und vielleicht schon den nächsten Anschlag planten.
Sie wussten überhaupt sehr wenig über diese rätselhafte Kriegerrasse. Und das bedeutete, sie durften nichts riskieren. Mit größtem Nachdruck hatten die Dämonenjäger deshalb alle Dorfbewohner in ihr Heim eingeladen. Château Montagne besaß schließlich zahlreiche Gästezimmer, und weitere Schlafmöglichkeiten ließen sich schnell einrichten. Da Madame Claire, die ebenfalls im Dorf lebende Köchin, jederzeit mit einer Hungerkatastrophe zu rechnen schien, war die Speisekammer außerdem so gut gefüllt, dass das Château problemlos einer mehrwöchigen Belagerung standhalten würde.
Die wohlbeleibte Köchin stürzte sich gleich mit Feuereifer auf die neue Aufgabe, versprach allen ein großes Festmahl und teilte sofort zahlreiche »Freiwillige« als Küchenhelfer ein. So hatten ihre Gäste wenigstens etwas zu tun und waren von ihrer misslichen Situation abgelenkt.
Auch William, sonst der Inbegriff des überkorrekten Butlers, sah großzügig darüber hinweg, dass ihre Gäste neugierig durch das Haus stapften, überall dicke Dreckspuren hinterließen und alles mit gesunder Neugier inspizierten. Schließlich trafen Zamorra und Nicole ihre Nachbarn meistens bei Mostache, sodass die meisten Dorfbewohner das Château nur selten, wenn überhaupt, von innen sahen und so einigen Nachholbedarf hatten.
William erwies sich als erstaunlich geduldiger »Fremdenführer«, der den Besuchern mit größter Sachkenntnis die architektonischen Besonderheiten des ungewöhnlichen Gemäuers erklärte und nur wenn niemand hinsah, schnell fettige Fingerabdrücke von Rüstungen und Truhen wischte und mit Handfeger und Kehrblech Dreckspuren vom Boden entfernte.
Die meisten Männer und nicht wenige Frauen hatten es sich schließlich im Fernsehzimmer gemütlich gemacht und schauten eine Sportübertragung. Andere waren früh schlafen gegangen, und Pascal Lafitte, der für Zamorra regelmäßig alle möglichen Zeitungen und das Internet nach Hinweisen auf paranormale Phänomene durchsuchte, hatte sich mit seinem Laptop in eine stille Ecke verzogen. »Wenn ich schon mal hier bin, kann ich mich auch nützlich machen«, hatte er gesagt.
Zamorra hatte William angewiesen, großzügig Bier, Wein und Whisky zu verteilen. Alles war gut, was die Stimmung ein bisschen lockerte. Als alle versorgt waren, nutzten die Hausherren die Gelegenheit, um sich für ein paar ruhige Minuten ins Arbeitszimmer im Nordturm zurückzuziehen. Zamorra hatte sich ein Glas Rotwein eingeschenkt, bisher jedoch keine Zeit gefunden, auch nur daran zu nippen. Jetzt nahm er einen großen Schluck, während er nachdenklich durch das Panorama-Fenster auf das sich in der Dunkelheit vor ihnen ausbreitende Loire-Tal starrte. Welche Gefahren mochten in dieser scheinbar so friedlichen Landschaft noch auf sie lauern?
»Sie können nicht ewig hier bleiben, das weißt du«, sagte Nicole. Sie klang müde und frustriert. »Wenn diese Tentakelbiester nur ein bisschen Grips in ihren missgestalteten Schädeln haben, warten sie einfach ab. Und wenn sich irgendwann alles normalisiert hat und niemand mehr damit rechnet, schlagen sie zu.«
»Aber immerhin gewinnen wir etwas Zeit, um zu überlegen, wie wir uns gegen die
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