0956 - Die Todeszone
Zusammenhang zwischen den verschiedenen Ereignissen«, sagte Lafitte, »aber im Kern geht es immer um dieselben Dinge: seltsame Sichtungen, verschwundene Menschen und verstümmelte Leichen.«
»Das ist in der Tat sehr beunruhigend«, erwiderte Zamorra. »Aber wir werden die Sache erst mal von hier aus beobachten müssen. Pascal, sei so gut, und achte in der nächsten Zeit besonders genau auf alles, was in diesen Teil Südamerikas vor sich geht.«
»Sicher, keine Frage, Zamorra, aber wollt ihr nicht…«
»Ob wir wollen oder nicht, ist im Moment gar nicht die Frage«, antwortete Nicole. »Wir wissen noch gar nicht, ob es überhaupt übernatürliche Gründe für das gibt, was da unten vor sich geht. Kolumbien ist ja nicht gerade eine besonders friedliche Gegend. Aber selbst wenn, im Moment haben wir einfach andere Probleme, um die wir uns zuerst kümmern müssen.«
»Uns«, erwiderte Pascal verlegen. »Ihr müsst für uns Kindermädchen spielen und könnt deshalb nicht das tun, was eigentlich…«
»Red keinen Stuss, Pascal!«, wies Nicole den Freund zurecht. »Ihr seid unsere Freunde, und wir werden nicht zulassen, dass euch etwas passiert. Der Rest der Welt kann so lange warten.«
»Hoffentlich hast du recht«, murmelte Pascal. Er klang nicht überzeugt.
***
Schon seit Stunden betrachtete Paula die Fotografien, die Fernando das Leben gekostet hatten, und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen. Was um alles in der Welt hatte die Soldaten im Dschungel angegriffen? Raubkatzen? Ein Krokodil? In ganz Kolumbien gab es kein Tier, das solche Klauen hatte. Und vermutlich auch nirgendwo sonst auf der Erde.
Unwillkürlich schossen ihr Erinnerungen an lange Videoabende durch den Kopf. Während des Studiums hatte sie sich mit ihren Freunden zu Unmengen von Wodka und Rotwein die obskursten Horror- und Science-Fiction-Filme reingezogen, in denen Alien-Krieger im Dschungel schwer bewaffnete Elitesoldaten niedermetzelten oder indianische Dämonen Jagd auf harmlose Touristen machten. Konnte es so etwas wirklich geben?
Bis vor einem Tag hätte sie über diese Vorstellung nur gelacht, aber jetzt hatte das Militär ein riesiges Areal abgeriegelt und man wollte sie töten, nur weil sie ein paar Fotos gemacht hatten. Zumindest dieser Yankee schien davon überzeugt zu sein, dass das, was der überlebende Soldat, dieser Jesús, berichtet hatte, keine Fieberfantasien gewesen waren.
Paula spürte, wie sie leicht zu zittern begann, wenn sie nur an den hageren Zivilisten dachte. In seinen stahlgrauen Augen hatte sie kein Mitleid entdeckt. Nur eiserne Entschlossenheit. Er würde nicht aufgeben, bis er sie gefunden und ebenfalls exekutiert hatte, daran hatte sie keinen Zweifel.
Sie war so in Gedanken versunken, dass sie gar nicht bemerkte, wie Stefano Temesco den Raum betrat. Mit einem dezenten Hüsteln machte der alte Mann mit den langen schlohweißen Haaren und dem wild wuchernden Vollbart auf sich aufmerksam. In seiner Rechten hielt er ein großes Tablett mit Brot, Wurst, Käse und Rotwein.
Als Mitbegründer von La Voz war Stefano einst selbst eine journalistische Institution gewesen. Doch zermürbt von den Repressionen, mit denen bisher noch jede Regierung versucht hatte, eine freie Berichterstattung zu unterdrücken, hatte er sich vor drei Jahren ausbezahlen lassen, war in ein einfaches Haus am Stadtrand gezogen und hatte alle Verbindungen zu seinem früheren Leben gekappt.
Doch als Paula ihren alten Mentor angerufen hatte, hatte er keine Sekunde gezögert, sie bei sich aufzunehmen. Ihre Warnung, es könne für ihn gefährlich werden, hatte er mit einem grimmigen Lächeln quittiert. »Und wenn schon. Was wollen sie mir schon antun? Einen alten Mann kann so leicht nichts erschrecken.«
Aber mit der zur Schau gestellten Gelassenheit war es schnell vorbei, als er die Fotos gesehen hatte. Und auch jetzt konnte er die Augen kaum vom Bildschirm lösen, als er das Tablett auf dem Schreibtisch abstellte. Kopfschüttelnd ließ er sich auf einen Stuhl fallen, füllte zwei Gläser mit Wein und nahm einen großen Schluck.
»Jeden anderen, der mir diese Geschichte erzählt hätte, hätte ich persönlich zum Psychiater geschleift«, sagte er nachdenklich. Sein Blick schien sich an der vergrößerten Krallenhand geradezu festzusaugen. »Aber wenn du so eine verrückte Story erzählst, gehe ich davon aus, dass jedes Wort davon stimmt. Und das macht mir eine Scheißangst.«
»Frag mich mal«, sagte Paula. »Und was mache ich jetzt? Wer
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