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0959 - Der Fallbeil-Mann

0959 - Der Fallbeil-Mann

Titel: 0959 - Der Fallbeil-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte ihn darum beneidet.
    »Jeder bekommt eben das, was er verdient«, hatte mir der kauzige Adelige erklärt, der gar nicht so alt war, wie er aussah, aber des öfteren sehr senil tat, womit er die Leute schon an der Nase herumführte, vor allen Dingen seine Verwandschaft, wie er mir im Vertrauen gesagt hatte. Die setzten sich für ihn nur aus Blutsaugern zusammen.
    Blutsauger. Vampire, wie auch immer, dieses alte Schloß wäre auch für einen Untoten eine herrliche Heimat gewesen. Aber damit hatte Sir Vincent nicht zu tun. Für ihn gab es andere Probleme.
    Ich hatte das Zimmer verlassen und schritt durch einen finsteren Gang.
    Ich bildete mir ein, durch einen Tunnel zu gehen, an dessen Wänden sich ein geheimnisvolles Leben abspielte. Ich passierte zahlreiche Bilder, die sogenannte Ahnengalerie, die zu jedem Schloß gehörte.
    Es waren düstere Gemälde. Sowohl die Männer als auch die Frauen schauten nicht eben freundlich drein. Sehr hart, einfach herrschsüchtig, als wollten sie dem Betrachter mit ihren Blicken Angst einjagen.
    Besonders die Personen, die in voller Rüstung gemalt waren, sahen aus, als machte es ihnen Spaß mit dem Tod Karten zu spielen.
    Ich erreichte das Ende des Ganges und eine etwas hellere Umgebung, in der auch der Beginn der Treppe lag.
    Davor blieb ich stehen, die Hand auf das Geländer gestützt. Ich schaute durch die Lücke in die Halle hinunter, in der ein Licht brannte. Immerhin etwas. Es konnte sein, daß es sich der Hausherr auch in der Halle bequem gemacht hatte.
    Im Kamin jedenfalls loderte kein Feuer, das hätte ich sofort bemerkt.
    Ich ging die Treppe hinab. Hoch über mir sah ich die getäfelte Decke.
    Kleine Lampen waren in die Holzquadrate eingelassen worden, aber keine schickte ihren Lichtstrahl nach unten. In diesem alten Schloß schien die Elektrizität überflüssig zu sein.
    Ich befand mich bereits auf dem letzten Absatz der Treppe, als ich aus der Halle das Räuspern hörte, dann ein Lachen und schließlich die Stimme des Adeligen. »Sie können ruhig schneller gehen, Mr. Sinclair. Ich habe Sie erwartet. Kommen Sie, lassen Sie mich nicht allein. Das gehört schließlich zu Ihrem Job.«
    Was zu meinem Job gehörte oder nicht, brauchte er mir nicht zu sagen; im selben Tempo marschierte ich auf das Licht zu, das zumindest einen Teil der Halle ausleuchtete.
    Früher hatten hier bestimmt Fackeln gerußt, heute war das alles bequemer und sauberer. Der Lord hatte eine der Deckenleuchten eingeschaltet. Es war keine antike Lampe, sondern ein normales Viereck aus Holz, an dessen Seiten vier Schalen standen. Hinzu kamen die Lampen an der Wand, die ebenfalls einen blassen Schein abgaben, der sich auf dem Stoff der alten Sitzmöbel verlor.
    Sir Vincent Mosley saß in einem Sessel, und er hockte zugleich unter dem Licht. Es war ein alter typisch englischer Ledersessel mit einer hohen Rückenlehne, mit Messingknöpfen an den Nähten, einer breiten Sitzfläche und relativ hohen Armlehnen. Ein zweiter Sessel stand in einem bestimmten Winkel neben dem ersten, und die beiden waren so aufgebaut, daß die dort Sitzenden auf den großen Kamin schauen konnten. Der ragte tief in die Wand hinein. Wenn kein Feuer darin loderte, so wie jetzt, sah der Kamin aus wie ein finsteres Loch. Oder der Eingang zu einer unheimlichen Welt, in der die Dunkelheit regierte.
    Sir Vincent deutete auf den freien Sessel. Er glich seinem wie aufs Haar.
    »Setzen Sie sich, Mr. Sinclair, und leisten Sie mir Gesellschaft. Wir können ja wohl nicht schlafen.«
    Ich gab die Antwort, als ich saß. »Ja, ich bin plötzlich wach geworden.«
    Der Lord blickte mich an. Er lächelte. Um seine Augen herum erschien ein Kranz aus Falten. »Sehen Sie, da haben wir beide wieder eine Gemeinsamkeit, Mr. Sinclair.«
    »Dann konnten Sie auch nicht mehr schlafen?«
    »Richtig, Mr. Sinclair. Nur habe ich es vorgezogen, mich nicht so perfekt anzuziehen wie Sie.« Er deutete an sich hinab. »Sie sehen ja, daß ich es mir bequem gemacht habe.«
    Das stimmte, denn der Lord trug einen dunkelbraunen Hausmantel, durch dessen Stoff gelbliche Karos gewebt waren. Ein unifarbenes Hemd, ein Halstuch, eine Cordhose und flache Schuhe rundeten sein Outfit ab.
    Das Haar, schon leicht ergraut, hatte er straff zurückgekämmt. Durch die beginnende Glatze sah die Stirn sehr hoch aus, und die ungewöhnlichen, bogenförmigen Augenbrauen gaben ihm einen arroganten Ausdruck. Seine Nase war gerade. Schmale Lippen bildeten den Mund. Das eckige Kinn war völlig

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