0965 - Der Killerbaum
Methoden und seine Härte einen Mitarbeiter in den Selbstmord getrieben hat. Später eröffnete er eine Bar, mußte nach zwei Jahren jedoch schließen, dann tauchte er unter, sattelte auf Zuhälter um, kriegte Ärger mit alteingesessenen Kollegen und mußte sich nach einigen Blessuren auch aus diesem Geschäft zurückziehen.« Sir James runzelte die Stirn. Er schob dabei seine Brille wieder hoch. »Schließlich hat er sich wieder ein neues Betätigungsfeld gesucht. Mädchen gefunden, sie als Tänzerinnen deklariert und fährt mit ihnen über Land. Es scheint ein einträgliches Geschäft zu sein. Selbst in Zeiten der Rezession.«
Da Sir James die Akte zuklappte, war uns klar, daß er auch nicht mehr wußte. Aber er wartete auf unsere Fragen und wurde nicht enttäuscht, wobei Suko das Wort ergriff.
»Sie sagten, daß er über Land fährt. Meinen Sie dabei die gesamten Britischen Inseln?«
»Das sehe ich so.«
»Und wo treibt er sich jetzt herum?«
»In einem Ort südöstlich von London. Er heißt Duncton. Ich kenne das Nest nicht. Es muß ziemlich einsam liegen, aber anscheinend gibt es genügend Zulauf.«
»Da wurde auch die Tote gefunden?« vergewisserte ich mich. »In der Nähe.«
»Und wie lange wird er sich noch dort aufhalten?«
Sir James schmunzelte. »Das habe ich recherchiert«, erwiderte er. »Der Vertrag läuft über zwei Wochen. Es ist erst eine vorbei. Er muß also noch bleiben. Für sie beide kann das nur von Vorteil sein, denn zu weit ist Duncton nicht von London entfernt.«
»Das ist auch der einzige Vorteil«, murmelte ich. »Jedenfalls werden wir morgen hinfahren.«
»Das wollte ich Ihnen vorschlagen.« Normalerweise wäre unser Gespräch beendet gewesen, aber Sir James traf keinerlei Anstalten, sich von seinem Platz zu erheben, sondern beugte sich uns entgegen.
»Bevor Sie jetzt gehen, muß ich Ihnen noch etwas sagen.«
Das dicke Ende kommt, dachte ich, denn unser Chef legte eine Pause ein.
»Es gibt eine zweite Vermißtenmeldung des Mannes. Eine gewisse May Ferguson ist ebenfalls spurlos verschwunden. Ich glaube nicht, daß sie noch lebend gefunden wird. Laut Rocco Wilde werden seine Tänzerinnen gut bezahlt. Da macht es keinen Sinn, wenn sie die Truppe verlassen. Wir müssen also mit dem Schlimmsten rechnen. Da wir über unseren Zentralcomputer mit vielen Dienststellen vernetzt sind, habe ich die Information eingeben lassen, uns sofort Bescheid zu geben, falls die Leiche gefunden wird.«
»Das sieht nicht gut aus«, sagte Suko.
»Richtig.«
»Haben Sie sonst noch eine Überraschung für uns, Sir?« fragte ich.
»Nein, das war alles. Fahren Sie dann morgen nach Duncton und kümmern Sie sich um Rocco Wilde und seine Truppe.«
Begeistert waren wir nicht. Auch wenn wir es bestimmt mit hübschen Mädchen zu tun bekommen würden. Ich hatte noch immer die Tote in der Pathologie vor Augen. Es war besser, wenn wir Rocco Wilde dazu bekamen, den Ort zu verlassen. Das aber würde sich alles in Duncton ergeben.
Glenda schaute uns erwartungsvoll an, als wir wieder zu ihr zurückkehrten. »Nun, braucht ihr einen Whisky?«
Suko schüttelte den Kopf. »Ich nicht.«
»Und mir kannst du einen Kaffee geben.« Ich ließ mich auf den Besucherstuhl fallen, während Glenda die Maschine anstellte, um frische braune Brühe zu kochen.
»Man sieht dir direkt an, wie begeistert du bist, John. Und du auch, Suko.«
Ich überließ meinem Freund das Reden. »Wir sind auch begeistert, denn in diesem Fall haben wir es mit einer ganzen Truppe junger Tänzerinnen zu tun.«
»Ach! Wieso das denn?«
»Die. Tote gehörte zu einer Tänzerinnen-Truppe. Und eine zweite Frau ist verschwunden, ebenfalls aus der Truppe. Es scheint mir so zu sein, als wäre jemand dabei, sie zu dezimieren. Und wir werden ab Morgen zu ihrem Schutz angestellt.«
»Wie schön für euch«, sagte sie mit knirschender Stimme.
Ich bekam meine normale Laune wieder zurück und grinste Glenda an.
»Toll, daß du dich für uns mitfreust.«
»Verhebe dich nur nicht.«
»Wie sollt ich das den verstehen?«
Sie deutete es mit beiden Armen an. »Wenn du Tänzerinnen stemmen willst, mußt du…«
»Stemmen?« Ich lachte. »Hältst du mich für so phantasielos?«
»Raus«, sagte sie. »Ich habe zu arbeiten. Hol dir deinen Kaffee und mach die Fliege.« Glenda drehte sich um und schaltete ihren Computer ein. Wir waren für sie erst mal vergessen. Ihr Kaffee schmeckte trotzdem, den trank ich an meinem Schreibtisch.
Suko, der mir gegenübersaß,
Weitere Kostenlose Bücher