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0965 - Die Sporenschiffe

Titel: 0965 - Die Sporenschiffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Maina abgewandt. Sie suchte sich zwischen den Felsen einen Platz und ließ sich auf einer Grasnarbe nieder. Dabei fuhr sie fort: „Das ist kein Einzelfall. Immer wieder verirren sich Ikarier, oder sie werden von Winden abgetrieben, und wenn es sie über die Grenze ihres Landes verschlägt, fallen sie wie Steine vom Himmel. Mir obliegt dann die traurige Aufgabe, ihre sterblichen Hüllen zu verscharren." Sie blickte Maina zum erstenmal in die Augen, als sie sagte: „Irgend jemand muß es ja tun."
    „Ich heiße Maina", stellte sich das Konzept vor, das in ihrem Frauenkörper zehn Dutzend Bewußtseine und noch mehr vereinigte, so genau wußte sie das selbst nicht mehr, denn irgendwann hatte sie aufgehört, die in sie strömenden Bewußtseine zu zählen. „Ich komme aus Ikarien und will nach Askosan."
    „Das ist noch ein weiter Weg", sagte Heirira und nickte bestätigend mit dem Kopf. „Auf deine Frage vor vorhin, was mit dem Bewußtsein der Ikarierin geschehen sein mag, weiß ich keine Antwort. Aber die Ikarier glauben, daß kein Bewußtsein verlorengeht, sondern in das Reservoire von ES zurückkehrt, um dann irgendwann in einem anderen Partialkörper wieder nach Eden II zu gelangen."
    „Ich weiß, aber ich kann nicht sagen, ob es sich so verhält."
    „Jeder Glaube ist Wahrheit. Und wenn die Ikarier das glauben, wird es auf sie zutreffen. ES wird es in seiner Weisheit so gefügt haben. Ich selbst glaube an überhaupt nichts. Ich bin bloß die Totengräberin des Niemandslands. Auch diese Arbeit muß getan werden."
    „Du brauchst dich mir gegenüber nicht zu rechtfertigen, Heirira", sagte Maina.
    „Ich rechtfertige mich vor ES. ES soll wissen, daß meine Tätigkeit so nutzlos nicht ist."
    „Welchem Konzeptstamm gehörst du an?" fragte Maina.
    „Ich bin eine Einzelgängerin."
    „Also bist du keine Ikarierin?"
    „Für Luftakrobatik bin ich zu alt."
    „Stammst du aus dem Land, das an Ikarien grenzt?"
    Die Alte lächelte plötzlich.
    „Warum fragst du nicht rundheraus, wie das Gebiet hinter Ikarien heißt?" meinte sie. „Sein Name ist Parabolien. Aber ich bin auch keine Parabolierin. Ich bin im Grenzland in diesem alten Körper zu mir gekommen und habe es nie verlassen."
    „Aber du könntest mir sicher einiges über Parabolien erzählen", sagte Maina.
    „Wenn ich wollte - ja. Ich will aber nicht."
    Die kauzige Alte lehnte sich gegen den Fels und schloß die Augen.
    „Soll ich dich allein lassen?" fragte Maina.
    „Bleib nur", sagte Heirira undeutlich. „Es könnte sein, daß mir noch zum Sprechen zumute ist. Aber jetzt kann ..."
    Sie schlief im Sprechen ein.
    Es wurde Nacht im Niemandsland, als die Sonne Ikariens erlosch. Es war nur eine kurze Nacht, denn bald ging die Kunstsonne über dem Gebiet auf der anderen Seite auf, das nach Aussage Heiriras Parabolien hieß.
    Maina legte sich neben die Alte und umfaßte ihren ausgemergelten Körper mit beiden Armen, damit sie sich gegenseitig wärmten. Bei der ersten Berührung begann die Alte im Schlaf zu sprechen.
    Sie sagte: „Und wenn du in einem Körper nach Parabolien kommst, kehrst du in Dutzenden, in Hunderten und Tausenden zurück ..."
    Dann verstummte sie wieder. Maina grübelte über diese seltsamen Worte, ohne sich über deren Bedeutung klar zu werden. Damit hielt sie sich so lange wach, bis die Alte sich wieder regte. Heirira knurrte irgend etwas Unverständliches, das aber nicht gerade freundlich klang, und schlug Mainas Arme beiseite. Dann erhob sie sich und verkündete: „Ich habe zu arbeiten."
    „Weißt du, daß du im Schlaf geredet hast, Heirira?"
    „So? Was habe ich gesagt?"
    Maina wiederholte die Worte und fragte anschließend: „Was hast du damit gemeint?"
    „Im Schlaf redet man nur Unsinn", sagte Heirira. „Ich bin keine Traumdeuterin. Laß mich jetzt allein."
    „Leb wohl, Heirira", sagte Maina, blieb jedoch unschlüssig stehen. „Willst mir wirklich nicht weiterhelfen?"
    „Wer hilft denn mir?" fragte die Alte keifend. Als Maina sich jedoch -anschickte, zur Höhle zu gehen, hob Heirira abwehrend die Hände. „Nein, laß nur. Gut, ich will nicht so sein. Du scheinst ganz in Ordnung zu sein. Bist du ein Mehrfach-Konzept, Maina?"
    Maina bestätigte das.
    „In diesem Fall möchte ich dir raten, nicht auf Maibäume zu klettern. Und jetzt scher dich fort."
     
    *
     
    Vor Maina breitete sich ein hügeliges Land aus, das sich kilometerweit bis zum diesigen Horizont erstreckte. Ihr erster Eindruck war der eines in sanfter Wellenbewegung

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