0965 - Die zweite Unendlichkeit
unerträgliches Niveau erreichte. Nicht mehr lange, und sie würde schwerwiegende Verbrennungen zurückbehalten. Vorausgesetzt, sie überlebte.
Zamorra rief ihren Namen. Er hatte den Dhyarra in der Hand. Überrascht sah Nicole, dass der magische Sternenstein, der seine Energie aus Weltraumtiefen holte, blau leuchtete - deutlich schwächer als normal, aber immerhin.
Sie wollte antworten, doch mit einem Mal war der Schmerz zu stark. Er raubte ihr den Atem. So ähnlich mochte es sich anfühlen, lebendig verbrannt zu werden! Ihr wurde übel, und von einem Moment auf den anderen verlor sie so viel Kraft, dass der Gang vor ihren Augen zu verschwimmen schien.
Die anderen waren ebenfalls aufgesprungen und sahen erschrocken zu ihr hoch. Ben starrte ins Dunkel, als könne er das Monstrum mit Blicken aufspießen. Als er losrennen und es mit bloßen Fäusten angreifen wollte, hielt seine Schwester ihn klugerweise zurück. Seine Impulsivität wäre zweifellos sein Tod gewesen.
»Dann halt auf die harte Tour!«, knurrte Kyrgon plötzlich nahe an Nicoles Ohr. Der grau melierte Jäger hatte seinen langen Mantel ausgezogen. Darunter trug er ein weites schwarzes Hemd und eine Hose in gleicher Farbe. Kyrgon hatte den Mantel zu einer Art Rolle gewickelt, deren Enden er in jeweils einer Hand hielt. Nun aber schwang er eines über eines der Spinnenbeine, die Nicole hielten.
Dann begann er, zu ziehen.
»Zamorra!«, schrie er dem Meister des Übersinnlichen über die Schulter zu. »Kümmern Sie sich um den Rest!«
Der Professor verstand sofort. Den Kristall fest umklammernd, schloss er die Augen und konzentrierte sich, so vermutete Nicole zumindest, auf die weiteren Beine des Ungeheuers dort vorn in den Schatten. Immer mehr von ihnen drangen aus dem Dunkel und versuchten, die anderen zu erwischen. Vor allem Kyrgon.
Denn dessen Bemühungen erwiesen sich allmählich als Erfolg! Keuchend und ächzend zerrte der Jäger mit seinem behelfsmäßigen Werkzeug an dem Bein der Spinne. Millimeter für Millimeter löste er es von Nicole. Und dann war sie frei.
Plötzlich der Umklammerung entkommen, fiel sie zu Boden und kam hart auf den staubigen Dielen auf. Für einen Moment sah sie Sterne. Dann begriff sie, dass es die Entladungen des magischen Schutzschirms waren, den Merlins Stern mit einem Mal um Zamorra gebildet hatte.
Seine Waffen. Jetzt funktionieren sie wieder, wenn auch nur auf Sparflamme. Warum?
Sie war zu schwach und zu verwirrt, den Gedanken lange zu verfolgen. Schon packte Ellie sie an den Schultern. Arme glitten unter ihre Achseln, hoben sie hoch und zerrten sie zurück, weg von dem gewaltigen Kampf vor ihren Augen.
Zamorra gab alles. Zwar war die Energie, die er in diesen Ring zu werfen imstande war, nicht mit dem zu vergleichen, was Amulett und Dhyarra unter normalen Bedingungen aufbrachten, aber das hielt ihn sichtlich nicht davon ab, mit dem wenigen den größtmöglichen Effekt zu erzielen. Überall, wo die Spinnenbeine mit den Entladungen von Merlins Stern in Berührung kamen, gingen sie zugrunde. Weiße Blitze zuckten über die dünnen, ätzenden Angreifer und vernichteten sie binnen Sekunden.
Ellie stöhnte. »Ich… Es schmerzt. Es schmerzt so sehr«, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und Nicole begriff: Sie lauschte ! Der Schmerz, den sie empfand, war nicht der ihre. So musste sich die Spinne fühlen.
Dann war Kyrgon heran. Von seinem Mantel waren nur noch qualmende Fetzen übrig, doch er hatte sie dennoch wieder angezogen. Obwohl seine Haut nie mit den Beinen in Berührung gekommen war, wirkte er geschwächt. Fast so, als wären die Brandspuren in seinem Kleidungsstück Wunden an seinem Körper.
»Was hockt ihr hier rum?«, brüllte er Nicole, Ellie und Ben entgegen und riss sie so aus ihrer Schockstarre. »Lauft, ihr Idioten!«
Das ließen sich die Campbells nicht zweimal sagen. Sie sprangen auf, nahmen die protestierende Nicole zwischen sich und rannten den Gang hinab ins Unbekannte. Hauptsache weg von dem Ungeheuer.
Sie waren keine zehn Schritte weit, da erklang hinter ihnen ein lautes, ekelhaft schmatzendes Geräusch - und plötzlich kehrte Stille ein. Einzig das Geräusch zweier schneller Füße auf hartem Flurboden blieb zurück. Und dann war Zamorra wieder da.
»Ist erledigt«, sagte er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Der Dhyarra hat ihm den Rest gegeben. Aber wir sollten schauen, dass wir die Korridore hinter uns lassen. Wer weiß, wann das nächste Vieh
Weitere Kostenlose Bücher