0967 - Spur zur Angst
schweißgetränkt, das Wasser lief ihm in Strömen die Wangen herab. Am liebsten hätte van Zant ihm den Binder von Hals geschnitten. Was war ein solcher Schlips denn mehr als der kleine Bruder eines Galgenstricks?
Süffisant hatte der Dicke van Zant für seinen Einsatz gedankt. Doch dann war er übergangslos sehr konkret geworden: »Es wäre uns lieb, wenn Sie künftig auf solche Aktionen verzichten. Damit richten Sie am Ende mehr Schaden an, als Sie es sich vielleicht vorstellen können. Überlassen Sie diese Arbeit den Profis - und die sind wir. Guten Tag, Doktor van Zant.«
Dann war er aufgestanden und hatten den fassungslosen Artimus wie einen dummen Jungen stehen lassen. Lange war der Physiker anschließend durch die Straßen von Bogota gelaufen und hatte gegrübelt.
Der Fettsack sollte an seinem verdammten Schlips ersticken!
Doch er hatte die Wahrheit gesagt. Er hatte Artimus in kurzen Sätzen klar gemacht, das er in seinem Größenwahn weit über jedes Ziel hinaus geschossen war. Eine Ein-Mann-Armee gegen das Elend der Kinder? Irgendetwas musste da wohl in seinem Kopf ausgesetzt haben. Helfen wollte organisiert sein, geplant und durchdacht. Doch als ein Anhängsel bei einer der Organisationen sah Artimus sich überhaupt nicht.
Und nun?
Damals war er planlos durch die große Stadt gelaufen, doch schon zwei Stunden später kam der Anruf von Tendyke. Zufall? Sicher nicht, denn Robert Tendyke kannte seine Pappenheimer nur zu gut - und er warf van Zant einen Rettungsanker zu, den dieser nicht ignorieren konnte.
»Ich habe Sie aus dem Militärknast geholt - das hat mich einiges gekostet. Also sind Sie mir etwas schuldig. Und jetzt brauche ich Sie hier. Keine Widerrede! Für diese spezielle Aufgabe kann ich niemand anderen nehmen. Ich schicke Ihnen einen Jet - Bogota, El Dorado International Airport in acht Stunden. Halten Sie sich bereit.«
Artimus hatte nicht nur die Kraft, sondern auch jeglicher Wille zu einer Widerrede gefehlt. Ja, er kniff den Schwanz ein… vielleicht ergab sich ja später eine Möglichkeit seinen ursprünglichen Plan zu verwirklichen. Unter anderen Vorzeichen, doch jetzt ließ er sich reichlich zahm zurück ins Nest holen.
Und so saß er jetzt hier.
Auch wenn ihm die ganze Welt etwas anderes zu vermitteln versuchte, so hatte er in seinen eigenen Augen versagt. Artimus - der Loser. Eine Stunde bevor Tendykes Jet ihn aus Kolumbien geholt hatte, war van Zant noch einmal in das Krankenhaus gefahren, in dem Alita Tirado sich von den Folterungen erholte, denen man sie auf dem Anwesen der Vampire ausgesetzt hatte. Sie war traurig, dass van Zant das Land verließ und dankte ihm immer wieder für ihre Rettung. Aber sie machte keine Anstalten ihn zurückzuhalten. Die junge Frau winkte ihm fröhlich hinterher, als er ihr Krankenzimmer verließ.
Nein, dort gab es nichts, was ihn noch hätte halten können.
Van Zant stellte die Verbindung zum Internet her und holte sich die aktuellen News auf den Bildschirm. Ganz nüchtern betrachtet musste man sagen, dass die Welt im Jahr 2011 mächtig aus den Fugen geraten war. Die Medien hatten die Wahl - Gewalt und Krieg im Nahen Osten, wo die Menschen endlich ihre Fäuste gegen die Machthaber geballt hatten, die sie so lange Jahre unterdrückt hatten, die Katastrophe in und um London, bei der Artimus noch nicht wirklich verstand, was dort geschehen war - er würde Zamorra danach fragen, das nahm er sich fest vor. Und dann das Desaster, das Japan heimgesucht hatte! Erdbeben, Tsunami - und schließlich die Katastrophe in den AKW. Artimus van Zant schien es, als wolle die Natur den Menschen drastisch mitteilen, dass sie sie ganz einfach satthatte.
Van Zant beendete seine Info-Sitzung und schaltete sich in die Ordnerstruktur des Rechners. Da war nicht viel zu entdecken. Der Name des Ordners, der für Artimus von Interesse war, sagte jedoch klar aus, um was es für den Physiker hier gehen würde: Die Angst.
Artimus klickte sich zu den Unterordnern. Zamorra-Recherche schien ihm am interessantesten zu sein, doch der Inhalt enttäuschte. Der Professor hatte wohl das Internet nach Spuren des Phänomens durchforstet, dessen Existenz er lange Zeit angezweifelt hatte.
Die Angst… die Gefahr, die von den Herrschern der weißen Städte als Geisel der Galaxien bezeichnet wurde. Weltenfresser, Todesbringer, Berserker von den Sternen - man hatte viele Namen für sie, doch ob sie tatsächlich eine reale Gefahr bedeutete? So genau hatte das niemand sagen können. Doch
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