0969 - Der falsche Ritter
Gebilde, in das die Energiemedusen regelrecht hineinstürzten. Von Veylt spürte, wie die ungeheuren Kräfte des so plötzlich entstandenen Schwarzen Loches auch an ihm zerrten, obwohl er sich noch immer in der Schutzschirmaura des Pilotensessels befand. Das heißt, der Sessel hatte inzwischen zu existieren aufgehört, es gab nur noch die Rettungsblase mit dem Ritter darin. Innerhalb kürzester Zeit würde sie zerbersten und von Veylt davonschleudern. Wenn er Glück hatte und es noch eine Auffangstation gab,würde er dort herauskommen, andernfalls ...
Von Veylt wollte nicht darüber nachdenken.
Da platzte die Blase. Igsorian von Veylt fühlte sich wie von einer eisernen Faust zusammengedrückt. Er wollte schreien, aber er konnte nicht einmal seinen Mund öffnen. Die Schmerzen, die er empfand, erschienen ihm unerträglich.
Unter der gewaltigen physischen und psychischen Anstrengung, die er unternehmen mußte, um diesen Augenblick zu überstehen, brach in seinem Bewußtsein eine Barriere, die so stabil war, daß sie sein ganzes langes Leben lang gehalten hatte.
Sie löste sich auf und darunter hervor brach die ungeheuerliche Erkenntnis über seine wahre Identität.
Jeder Gedanke daran war wie ein verheerende Explosion.
DU BIST NICHT IGSORIAN VON VEYLT. DU BIST HARDEN COONOR.
Bevor er darüber den Verstand verlieren konnte, trat der Prozeß der Rettungsanlage in seine letzte Phase. Die zu einem Schwarzen Loch gewordene ZYFFO, die die Energiemedusen der Bilkotter verschlungen hatte, schloß sich um den einsamen Passagier und schleuderte ihn in einem transmitterähnlichen Effekt ins Nichts ...
7.
Angst
Die ringförmig von Grachten durchzogene Altstadt Amsterdams war auf Pfählen erbaut, aber es waren längst nicht mehr die originalen Gebäude, die von den Touristen im Jahre 3587 bewundert wurden. Ihre zweite (und beständigere) Existenz verdankte die Amsterdamer Altstadt dem Architekten Donkor Remo, der sie im Jahre 2477 nach Originalplänen wieder aufgebaut hatte.
Jen Salik stand auf einer der zahlreichen Brücken und blickte in das glasklare Wasser hinab. Schwäne und Graugänse trieben mit der sanften Strömung dahin.
Das friedliche Bild schien geradezu dafür geschaffen, Ordnung in die verworrenen Gedanken eines Mannes zu bringen. Doch Salik nahm es kaum wahr. Er war an diesem Tag nicht zur Arbeit gegangen, zum erstenmal seit über fünf Jahren. Salik war so erregt, daß er zitterte. Der Vorfall, der ihn so stark erschütterte, hatte sich am frühen Morgen ereignet. Salik hatte seine Wohnzelle im 24. Bezirk verlassen, um mit der Gleitbahn zur Arbeit zu fahren. Dabei war er Zeuge eines Unfalls geworden. Ein Gleiter war aus der Sicherheitsschneise ausgebrochen und gegen eine Hauswand geprallt. Dabei war der Passagier so eingeklemmt worden, daß eine Rettung sich als kompliziert erwiesen hatte. Noch bevor die Rettungsmannschaften eingetroffen waren, hatte Salik, der nicht einmal einen Führerschein besaß, den Gleiter aus den Trümmern bugsiert, den Verunglückten herausgezogen und auf die Straße gebettet und ihm, obwohl seine medizinischen Kenntnisse mehr als bescheiden waren, Erste Hilfe geleistet.
„Ohne Ihr Eingreifen wäre er jetzt tot", hatte ihm später ein Arzt versichert.
Salik war alles wie ein Traum erschienen. Die Situation zu sehen, zu erkennen und einzugreifen, war eines gewesen. Er hatte wie aus einem Instinkt heraus gehandelt, ohne lange darüber nachzudenken. Später war er vor neugierigen Zuschauern und Reportern geflohen.
Was geschieht mit mir? fragte er sich zum wiederholten Mal.
Es gehörte nicht viel Kombinationsvermögen dazu, um zu erkennen, daß zwischen seinen erstaunlichen Erfolgen bei der Arbeit und der spontanen Rettungsaktion an diesem Morgen ein Zusammenhang bestand. Salik wußte plötzlich Dinge, von denen er früher kaum eine Ahnung gehabt hatte, und er besaß Fähigkeiten, die er bisher nicht einmal im Traum beherrscht hatte.
Die offensichtliche Veränderung, die mit ihm vorging, bereitete Salik zunehmend Unbehagen und Furcht. Gerade bei einem Mann wie ihm, dessen Leben in geregelten Bahnen verlief und der alles vermied, was ihn hätte auffallen lassen, mußten derartige Ereignisse wie ein Schock wirken.
Salik war schockiert.
Neben ihm standen ein paar Touristen und fütterten die Wasservögel und Fische im Kanal. Salik ertappte sich dabei, daß ihn die Willkür ärgerte, mit der das Futter ins Wasser geworfen wurde. Innerhalb von Sekunden hatte er sich
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