0969 - Die magischen Welten des Duncan W.
Sommer am Arsch. Die Yanks sind mal wieder reif für den Divisionstitel.«
»Klar machen wir die weg«, versprach Mantle. »Eine Niederlage gegen die Red Sox existiert in unseren Köpfen gar nicht. Aber nun versuch's mal selber.«
Greg versuchte es. Natürlich schaffte er es nicht. »Ich werde die Knuckleballs aber üben bis zum Erbrechen«, versprach er. »Und dann werden sie meine Gegner wie Pfeile ins Herz treffen.«
Auch Mantle wurde wie von einem Pfeil ins Herz getroffen - von Gregs Worten nämlich. Es durchfuhr ihn wie ein Stromschlag.
Mensch, ich glaube, das ist es. Natürlich, Shit. Wie blöd und vernagelt muss man eigentlich sein, um es nicht zu kapieren, obwohl es genau vor einem liegt? Es muss so gehen, es muss einfach!
Mantle zeigte ihnen pro forma noch ein paar andere Wurftechniken, die ein guter Pitcher drauf haben musste. Dann verabschiedete er sich wieder, nicht ohne zuvor einen erneuten Besuch versprochen zu haben. Vielleicht kam es ja tatsächlich dazu. Es war ihm momentan egal.
Das Fieber hatte ihn wieder.
Scheiß auf Wasserstecher und die Yanks. Ich mach einfach krank. Jetzt muss ich erstmal Possada erledigen.
Er fuhr auf der Grand Concourse weiter, bog aber ab und ließ das Yankee Stadium links liegen. Er rief kurz bei Wasserstechers Sekretärin an und meldete sich ab. Sollte der Alte draus machen, was er wollte. Einen neuen Termin würde der Yankees-Besitzer in seinem engen Terminplan sicher unterkriegen. Es würde ohnehin keine großen Verhandlungen geben, dessen war sich Mantle sicher. Wasserstecher würde ihm das zahlen, was er für sein Bleiben und die gute Saison, die er gespielt hatte, forderte.
Mickey Mantle ging in seine Wohnung. Gleich darauf war er wieder in den Straßen der Großstadt unterwegs, dieses Mal zu Fuß. Es war bereits Nacht. Neben ihm schob sich eine endlose Blechlawine hupender Autos über die Avenue, aber die Kette roter Rücklichter interessierte ihn nicht. Er umklammerte die Pistole in seiner Tasche, aber das war mehr ein Zeichen seiner Anspannung. Die Typen, die ihm begegneten und in den Schatten hinter den Straßenlampen lungerten, sahen zwar finster aus. Trotzdem würden sie ihm nichts tun. Vor ihm, am Ende der Straße, tauchte das Star-Building auf, ein Hochhausturm, in dem bereits Hunderte Lichter brannten.
Mantle ging zum Pförtner. Er wusste, dass der Mann private Sorgen mit seiner kranken Frau hatte und deswegen bestechlich war. Das hatte er herausgefunden. So steckte er dem Mann 500 Dollar dafür zu, dass er ihn auf das schwer gesicherte Gelände des Geschäftsgebäudes ließ und ihm die Eingangstür zum Turm öffnete.
Der Baseballstar spazierte sorglos durch die große Eingangshalle zum Aufzug und fuhr hoch in den vierten Stock. Um diese Zeit war die für den Innenbereich zuständige Security in den Etagen ab dem achten Stock unterwegs.
Mantle wusste zudem ganz genau, wo sich Possadas Büro befand. Es war nicht verschlossen. Er drückte sich ins Vorzimmer. Hinter dem Schreibtisch von Possadas Sekretärin verharrte er. Sie war längst weg. Aber der Anlageberater war um diese Zeit immer hier zu finden. Mantle atmete tief durch. Durch die spaltbreit geöffnete Tür zu Possadas Büro fiel Lichtschein.
Aber das interessierte ihn zunächst nicht. Wie magisch blieb sein Blick auf dem Namensschild der Sekretärin haften.
Diana Hunter.
Mantle ignorierte die Uzi in der untersten Schublade des Sekretärinnenschreibtisches. Sie war zu nichts nütze. Stattdessen schlich er leise zur Tür, die für ihn mindestens so stark gesichert war wie Fort Knox, und lugte durch. Possada, ein seriös aussehender, hagerer Typ im grauen Anzug, mit Brille und sorgfältig gescheitelten, leicht gegelten Haaren, saß am Computer und starrte angespannt auf den Bildschirm. Seine rechte Hand schob hektisch die Maus über das Pad. Er war so in seine Arbeit vertieft, dass er Mantle nicht bemerkte.
Mantles Blicke schweiften durch den Raum. Ja, er hatte sich nicht geirrt. Rechts an der Wand hing ein großes Ölgemälde in Lebensgröße. Es zeigte eine wunderschöne Frau in durchsichtigen weißen Schleiern, die inmitten dichten Waldes stand, gerade einen Pfeil auf die Sehne ihres Langbogens spannte und dabei geheimnisvoll lächelte.
Diana, die Göttin der Jagd.
Mantle wusste das, weil er neben dem Computer noch eine zweite, für einen Baseballspieler eher ungewöhnliche Leidenschaft hatte: das Lesen. Es wäre ein zu großer Zufall gewesen, dass die Sekretärin ausgerechnet diesen
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