0969 - Die magischen Welten des Duncan W.
Sorgen um Ihre Verlobte machen. Ich bin gerade unabsichtlich Zeugin Ihres kleinen Streits geworden. Lassen Sie sich nicht entzweien. Lady Patricia wird Ihren Beistand und Ihre Liebe dringend brauchen. Schon bald. Im Moment ist es allerdings gut, dass Sie sich gestritten haben, denn sonst hätte ich wohl nichts von Ihrem Besuch in der Bibliothek erfahren, Sir. Sie waren laut genug, um mich anzulocken.«
Zamorra musterte sie nachdenklich. »Sie reden in Rätseln. Und Sie wissen mehr, als Sie zugeben, Cynthia. Irgendetwas Schlimmes passiert hier. Es geht um die Hexe, nicht wahr? Ich habe die Kamillenbüschel und Bärlappkränze in der Bibliothek gesehen, auch die Drudenfüße an den Regalen. Das stammt von Ihnen, stimmt's? Sie beschützen Patricia vor der Hexe. Ich bitte Sie, mich rückhaltlos aufzuklären, Cynthia. Denn ich bin vielleicht noch mehr als Sie an Patricias Wohlergehen interessiert, ich muss wissen, was vorgeht.«
Die alte Frau nickte. »Sie glauben also an die Existenz der Hexe. Das ist gut und richtig, denn es gibt sie tatsächlich. Aber das sollte ich Ihnen nicht hier erzählen, Sir, denn hier könnten die Wände Ohren haben. Gehen wir in mein Häuschen, wenn es Ihnen nichts ausmacht, dort sind wir sicher.«
Gleich darauf saßen sie in Cynthias Wohnzimmer, das total mit Kissen und Plüsch überladen war. Die alte Frau kochte Tee für sie.
»Seien Sie jetzt bitte nicht schockiert über das, was ich Ihnen erzähle, Sir. Ich spüre, dass die Hexe mit dem Freilegen ihres Skeletts erwacht ist. Und ich bin sicher, dass sie sich in einem Menschen eingenistet hat, den sie zumindest zeitweilig übernehmen kann. Den hat sie gezwungen, das Bannamulett vom Skelett zu nehmen, dass sie sich besser entfalten kann. Ich wundere mich allerdings, wie sie das geschafft hat. Ob das Amulett im Laufe der Jahrhunderte an Kraft verloren hat?«
Mitnichten. Jetzt ist mir klar, warum Lady Mabel leicht medial veranlagt animiert wurde. Wer immer dieses Spiel programmiert hat, er war ein wahres Genie und hat sich wahnsinnig viel Mühe mit stimmigen Details gegeben.
»Bisher habe ich Sie für einen der möglichen Kandidaten, den die Hexe beeinflusst, gehalten, Sir.«
Aha.
»Aber jetzt nicht mehr. Säße die Hexe in Ihnen, hätten Sie die Bibliothek nicht betreten können. Und dass Sie in meinem Haus hier sitzen, ist der letzte Beweis, denn es ist noch stärker gegen die Hexe gesichert.«
Zamorra dachte für einen Moment an den plötzlich aufgetauchten Sir Henry und den leichten Goldschimmer um ihn. Der Schlossbesitzer hatte ihm zum Streit mit Patricia geraten. Und nun stellte sich heraus, dass genau dieser Streit die Tür zu Cynthia und ihrem Wissen weit aufgestoßen hatte. Auch ein bestimmter Satz war in diesem Zusammenhang nicht ganz uninteressant. Zamorra hatte ihn noch genau im Ohr:
Sie müssen sich durchsetzen mit Ihren Wünschen, sonst kommen Sie nicht weiter.
Sonst kommen Sie nicht weiter. Das ergab nur auf die Spielprogrammierung bezogen Sinn. Zamorra rieselte es unangenehm über den Rücken. Wer oder was war das Goldene wirklich? Und welches Spiel spielte es? Der Meister des Übersinnlichen stand vor einem völligen Rätsel, nichts ergab Sinn. Warum um alles in der Welt stieß ihn plötzlich einer der animierten Charaktere mit der Nasenspitze auf die richtige Vorgehensweise?
Das widersprach der Spielidee völlig; es sei denn, es handelte sich um einen Trick. Oder steckte etwas ganz Anderes dahinter? Hing es mit dem Goldschimmer zusammen? Er konzentrierte sich wieder auf Cynthia.
»Ich muss etwas ausholen. Die unselige Geschichte beginnt im vierzehnten Jahrhundert. Shyleen war damals die jüngste Tochter der Coringhams und verliebte sich in einen einfachen Mann aus dem Volk. Der Kerl hieß Rochas und Shyleen wollte mit ihm durchbrennen. Da ließ Shyleens Vater, der finstere Sir Gruffydd, mit Billigung der gesamten Familie den bedauernswerten Rochas umbringen. Shyleen rächte sich daraufhin an jenen, die an der grausamen Verschwörung beteiligt waren.«
»Also quasi an allen.«
»Ja. Sie wandte sich der Schwarzen Magie zu und mutierte zur Hexe. Man flüsterte, dass sie nachts auf dem alten Friedhof von Coringham Castle mit dem Teufel getanzt hätte. Nachdem sie gewütet und sieben Menschen umgebracht hatte, darunter Vater, Mutter und zwei Schwestern, hetzte ihr ihr Onkel, Sir Gruffydds Bruder, den Hexenjäger Dylan auf den Hals. Der schaffte es, Shyleen zu besiegen und sie mit dem Bannamulett auf der Brust in eine
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