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0972 - Finsteres Erbe

0972 - Finsteres Erbe

Titel: 0972 - Finsteres Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Fröhlich
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verschwand durch ein erleuchtetes Loch über ihm. Die Luke ins Steuerhaus!
    Noch einmal gab sie alles.
    Fünf lächerliche Meter, die sie von der vorläufigen Sicherheit trennten.
    Vier Meter.
    Sie schürfte mit der Handfläche über den Kopf einer Schraube und riss sich die Haut auf. Sie beachtete es nicht. Der Schmerz kam gegen den in den Knien ohnehin nicht an.
    Drei Meter.
    Ran Munro beugte sich vor ihr in den Schacht herab und streckte ihr den Arm entgegen.
    Zwei Meter.
    Einer.
    Da packte Abdallah sie am Fuß.
    »Nein!« Ihr Schrei hallte in dem engen Tunnel wider.
    Sie warf sich auf den Rücken und sah zu ihren Füßen das grinsende Gesicht des Arabers. Mit dem freien Fuß trat sie mitten hinein, hörte das Splittern und Krachen der Nase und war im nächsten Augenblick frei.
    Hastig legte sie das letzte Stück zurück. Nun tauchten noch mehr Hände neben Munro auf, ergriffen sie und zogen sie mit einem Ruck nach oben.
    Sie war im Steuerhaus. Sie hatte es geschafft.
    Peaqvist schlug die Klappe zu und verriegelte sie. Mit vereinten Kräften schoben sie noch einen schweren Schrank mit Kartenmaterial darauf. Das sollte Abdallah draußen halten!
    Sekundenlang kehrte Schweigen ein. Das leise Brummen der Kühler in den elektronischen Geräten und Aprils Keuchen waren die einzigen Geräusche. Sie lag auf dem Rücken und starrte an die Decke des Steuerhauses.
    Ihr Körper kam langsam zur Ruhe, dafür fand ihr Verstand endlich Gelegenheit, über die letzten Minuten nachzudenken. Abdallah, Daniel Löwengrub, Papa - Männer, die sie seit Jahren kannte und schätzte, Männer, mit denen sie mehr verband als ein reines Arbeitsverhältnis - hatten sich in seelenlose Hüllen verwandelt. In dämonische Werkzeuge. Am liebsten hätte sie bei diesem Gedanken geschrien, aber so eine Schwäche wollte sie sich vor dem Rest der Crew nicht eingestehen.
    »Danke«, brachte sie endlich hervor.
    »Jederzeit wieder, Boss«, sagte Ran Munro.
    Sie stemmte sich hoch, musste sich aber am Pilotensessel abstützen. »Wie ist die Lage?«
    »Nicht allzu gut«, sagte Marconi.
    »Könnte besser sein«, ergänzte Peaqvist.
    »Wir sind so gut wie tot«, ließ Richards sich vernehmen.
    »Wir haben schon Schlimmeres überstanden«, gab auch der Skipper seinen Kommentar dazu.
    Sie schaute aus dem Frontfenster, sah aber nur das Meer vor sich. Das Phänomen des Schlunds war für die Kameras noch immer unsichtbar. »Haben wir noch Reserven?«
    Richards schüttelte den Kopf. »Der Torbeschleuniger läuft auf vollen Touren. Er schafft es gerade mal so, uns im Gleichgewicht und auf Abstand zu diesem… diesem… Loch zu halten.«
    »Funk?«
    Hier fühlte sich Marconi angesprochen. »So tot wie der Hamster, den ich als Kind hatte. So, wie die Magie das Radar stört, legt sie auch die Funkanlage lahm.«
    Beim Wort Magie stöhnte George Richards auf. Sein Gesicht war eine Miene des Leids.
    April fluchte in sich hinein, dass sie auf der SEASTAR III keinen Transfunksender eingebaut hatten. »Nicht einmal kurzfristig kann der Torgenerator mehr leisten?«
    Richards zuckte mit den Schultern. »Doch, ich denke schon. Aber das löst nicht unser Problem. Ich glaube, unser Torantrieb und das Phänomen im Meer reagieren aufeinander und haben sich miteinander verbunden. Deshalb springen wir durch das Tor auch nicht vier Meter vorwärts und werden anschließend an den alten Ort zurückgespült, sondern bleiben an der gleichen Stelle. Doch ich fürchte, wenn ich mehr Energie gebe, reißt das Loch weiter auf und verschluckt uns.«
    »Dann schalten sie den Antrieb aus!«
    »In diesem Fall hätten wir der Sogwirkung des Schlunds nichts mehr entgegenzusetzen.«
    »Mit anderen Worten: Was wir auch tun, es ist das Falsche! Wir sitzen hier fest.«
    Alle nickten.
    »Wir können nur warten«, meinte Peaqvist.
    »Und worauf?«
    Er antwortete nicht. Aber die Antwort war klar: auf den Tod!
    ***
    »Da hat wohl jemand den Stöpsel gezogen«, versuchte sich Professor Zamorra in Galgenhumor, als er das riesige Loch im Ozean sah.
    Nur wenige Meter von dem Schlund entfernt kämpfte eine Jacht dagegen an, in die Tiefe gezerrt zu werden. In regelmäßigen Abständen rollte eine hauchdünne, aufrecht stehende Wasserwand über sie hinweg. Nein, das Phänomen erinnerte ihn vom Aussehen her eher an ein Weltentor - wenn auch nicht von der Wirkung, denn die Jacht blieb an Ort und Stelle.
    An Bord konnte er niemanden entdecken.
    Die Aufschrift an der Bugwand lautete SEASTAR III.
    »Drei?«, meinte

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