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0973 - Das verfluchte Volk

0973 - Das verfluchte Volk

Titel: 0973 - Das verfluchte Volk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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wir messen konnten. Aber der Universitätsleitung war die Sache zu heiß. Ich entging einem Rausschmiss, weil die Universität den Mantel des Schweigens über die Sache decken wollte. Ein Skandal hätte viel zu viel Aufsehen erregt, aber mir wurde dringend nahegelegt, mich diskret ins Privatleben zurückzuziehen.«
    »Und das Artefakt?«
    »Wurde unter größtmöglichen Sicherheitsvorkehrungen weggeschlossen. Meines Wissens sind die Metallstücke immer noch in der Universität, in einem Raum, der besser geschützt ist als Fort Knox.«
    Das lange Sprechen hatte Rovira erschöpft. Sein kahler Kopf mit den eingefallenen Wangen und den tief in den Höhlen liegenden Augen glich einem Totenschädel. »Ich hoffe, Sie verstehen jetzt, warum Sie diese Geschichte unmöglich schreiben können. Wer sollte Ihnen so eine Horrorstory schon glauben?«
    »Und Sie haben die Suche nach dem verfluchten Volk völlig aufgegeben?«
    »Ich war wie ein Junkie auf Entzug. Langsam kam ich wieder zu mir und merkte, dass ich gerade noch mit dem Leben davongekommen war. Fürs Erste zumindest.«
    »Wie meinen Sie das?« Wieder bemerkte Paula eine Bewegung unter der Decke auf Roviras Schoß. Es sah aus, als kröchen große Schlangen unter dem dicken braunen Stoff.
    »Vielleicht hatte Manuel das gnädigere Schicksal. Bei ihm ging es zumindest schnell. Ich spüre jeden Tag, wie das Leben aus meinem Körper entweicht, als würde es immer noch von diesen Metallstücken aufgesogen. Ich verfalle in Zeitlupe, und glauben Sie mir, verglichen mit dem, was mir bevorsteht, bin ich das blühende Leben.«
    Wie aufs Stichwort zog Estelle dem greisenhaften Mann die Decke vom Schoß. Paula keuchte entsetzt auf. Die Hände, die darunter zum Vorschein kamen, schienen weder Fleisch noch Muskeln, Sehnen oder Blutgefäße zu haben. Nur Knochen, über denen sich eine dünne Schicht Haut spannte. Die jetzt wieder heftigeren Bewegungen gingen allein von den Unterarmen aus, die unkontrolliert zuckten.
    »Mit diesen Händen habe ich die Objekte wochenlang berührt. Woraus immer sie bestehen, was immer sie auf mich übertragen hüben, es frisst mich langsam auf. Es breitet sich schon auf die Unterarme aus. Und danach kommt der Rest des Körpers…«
    ***
    Tagebuch von Friedrich Dörfler,
    15. Oktober 1801
    Heureka! Wir sind auf dem richtigen Weg! Meine-Hand zittert vor Freude so sehr, dass es mir schwerfällt, die Feder zu halten, mit der ich diese Worte niederkritzele.
    Fast schon hatte ich mir eingeredet, dass ich einer Chimäre nachjage. Doch heute sind wir auf einen unumstößlichen Beweis gestoßen, dass wir uns tatsächlich im Reich des verfluchten Volkes befinden. Die Vorräte, die wir den unglücklichen Franzosen abgenommen haben, sind so gut wie aufgebraucht, und die Männer tuscheln immer häufiger miteinander. Inzwischen nehmen sie ganz unverhohlen das Wort »Umkehr« in den Mund. Gestern musste Paco nach dem kargen Abendessen den schielenden Hernando mit dem Stock züchtigen, weil er die anderen gegen uns aufzuwiegeln versuchte.
    Der Pockennarbige ist mein einziger Verbündeter. Die Goldgier hat ihn so gepackt, dass er die Männer gnadenlos vorantreibt. Wehe mir, wenn ich seine Hoffnungen enttäusche und wir die versprochenen Schätze nicht finden. Ich weiß, wozu dieser Mann fähig ist.
    Doch jetzt weiß ich, dass wir Erfolg haben werden! Der verschlagene Mendo ging als Späher voran, als uns plötzlich ein schriller Schrei das Blut in den Adern gefrieren ließ. Wir zückten sofort unsere Waffen und rannten los. Wenige Minuten später fanden wir ihn.
    Ich hätte beinahe vor Freude aufgeschrien, als ich ihn da kreidebleich auf einer kleinen Lichtung stehen sah. Was ihn so in Angst und Schrecken versetzt hatte, war eine Steinstele, die über und über bedeckt war mit bizarren Symbolen und den grässlichsten Dämonenfratzen.
    Paco starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren, als ich ihm lachend um den Hals fiel, doch dann holte ich die Karte heraus, die Humboldt mir gegeben hatte, und er begriff. Die seltsamen Fratzen und Symbole, die den Rand des vergilbten Papiers zierten, fanden sich auf der Stele. Das verfluchte Volk hat dieses Monument des Schreckens errichtet, und wir haben es gefunden!
    Doch offenbar legen diese Teufelsanbeter keinen Wert darauf, von Fremden belästigt zu werden. Was Mendo so in Panik versetzt hatte, waren nicht allein die albtraumhaften Steinfratzen.
    Es waren mehr noch die sechs menschlichen Schädel, die als deutliche Warnung an

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