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0975 - Burning Man

0975 - Burning Man

Titel: 0975 - Burning Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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lauerten, um sie zu erschießen. Ihr war kalt, so unendlich kalt.
    Zitternd erhob sie sich. Dabei musste sie sich auf die Unterlippe beißen, um das Schluchzen zu unterdrücken.
    Der Schein der Lampe des Fremden glitt an ihr und Lenny auf und ab. Sie fühlte sich wie eine menschliche Zielscheibe. Ihre Knie waren aus Pudding, und ihre Zähne klapperten.
    »Verflucht, das sind Kinder!« Das war eine neue Stimme. Eine weibliche. Sie klang resolut - und verdammt wütend. »Finnegan, Sie hätten um ein Haar zwei Kinder erschossen! Sind Sie jetzt zufrieden, Sie Waffennarr? Los, runter mit der Flinte.«
    »Heilige Scheiße. Tut… tut mir echt leid, Kids. Ich schätze, bei all dem Wahnsinn hier ist es einfach mit mir durchgegangen.«
    Zwei Schemen traten ins Licht. Je näher sie kamen, desto mehr konnte Cass von ihnen ausmachen. Der Mann hatte langes, aschgraues Haar und einen buschigen Schnurr- und Kinnbart im alten Gesicht. Seinen Kopf zierte ein Hemingway-Hut, und sonst trug er nichts außer einer abgewetzten Jeans - und der Flinte. Ihr Lauf zeigte aber nach unten. Die Frau an seiner Seite war jünger, wirkte aber auf den ersten Blick deutlich älter. Sie trug weite, robenähnliche Kleidung, klirrende lange Ohrringe und ein buntes Tuch über den Schultern. Sie erinnerte Cass an ihre Nachbarin daheim, eine unerträglich weltfremde Esoterik-Schrulle.
    »Kyle Finnegan«, sagte der Mann zerknirscht und streckte die Hand zum Gruß aus. »Ihr könnt mich aber Ky nennen, das machen hier alle.«
    »Machten hier alle«, korrigierte seine Begleiterin. Irgendwie schienen sie sich nicht sonderlich zu mögen. »Alice Kellerman. In der dritten Peripherie nennt man mich auch Ouusah May und…« Sie stutzte. »Bist du nicht der Junge, der heute Morgen bei diesem Zamorra war?«
    Lenny nickte. »Leonard Derringer. Das ist meine Schwester Cassie.«
    »S-sehr erfreut«, sagte Cass unsicher.
    Die Alte wirkte nun regelrecht aufgeregt. »Dann kannst du uns sicher erklären, was hier vor sich geht. Du hast diese fürchterlichen Wesen doch auch gesehen, hinten am Burning Man. Das… das war keine Lasershow, oder? Diese Polizistin hat es zwar behauptet, aber…«
    »Keine Laser.« Lenny schüttelte den Kopf. »Zamorra sagte, er habe die Geisterkojoten hier schon öfter gesehen, aber bis vorhin konnte ich es nicht. Und ich vermute, auch sonst niemand. Außer ihm.«
    »Geisterkojoten?«, wiederholte Ky. »Diese Viecher, von denen Sie sprachen, Miss K? Die gab’s echt?!«
    Kellerman hob die Brauen und sah ihn so tadelnd an, als habe sie es mit einem begriffsstutzigen Kind zu tun. »Mister Finnegan, schauen Sie sich um. Vierzigtausend zügellose, wilde Menschen sind vom Angesicht der Erde verschwunden - und statt der heißen Wüstensonne prangt über uns ein Schwarz, in dem nicht einmal Sterne funkeln. Was, bitte sehr, muss noch passieren, damit Sie endlich Ihre kleingeistige Skepsis aufgeben und wahrhaft verstehen?«
    »Und was, bitte sehr, soll ich verstehen?«, gab Ky ungehalten zurück. Er breitete die Arme aus. »Missy, ich hab ja schon so manchen Trip mitgemacht, aber das hier übertrifft jeden Drogenrausch, den ich je hatte. Das hier ist nicht verstehbar.«
    »Alles ist verstehbar, Finnegan, solange man sich nur wahrhaft der Erkenntnis öffnet. Solange man wirklich begreift und verinnerlicht, dass alles, was existiert, Teil eines einzigen, gewaltigen, multikosmischen Ganzen ist. Einer Ultra-Energie.«
    »Ultra-Energie. So so.« Er schnaubte. »Hat Ihnen das Elvis erzählt, als Sie ihn das letzte Mal channelten, oder sind Sie da ganz allein drauf gekommen?«
    Definitiv Eso-Schrulle, dachte Cass und nahm langsam die Hände runter. Die einzige Gefahr, die von diesen beiden schrägen Gestalten ausging, galt einander.
    Kellerman winkte ab. »Sparen Sie sich den Spott, Mann. Man kann niemanden zur Erkenntnis zwingen. Aber nun zurück zu dir, Junge: Ich schätze, du hast Antworten für uns. Wenn du mit diesem Zamorra zu tun hast, wirst du wissen, was geschehen ist.«
    »Bedaure«, sagte er. »Ich kann nur vermuten. Zamorra sagte etwas davon, dass die Hölle wirklich existiere. Zumindest habe sie existiert, bis er sie vor kurzer Zeit vernichtete. Und doch sei das Böse nicht fort, seitdem seien an verschiedenen Orten der Erde Enklaven des Bösen entstanden, in denen nach wie vor dämonische Aktivität vor sich gehe. Das sei sogar schlimmer geworden. Er vermutet so etwas in der Art auch hier.«
    Das war selbst Cassie neu. Fassungslos starrte sie ihren

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