0975 - Burning Man
brabbelte De Luca. »Ich fand in den Unterlagen meiner Familie einen alten Text, der ein Ritual beschrieb, mit dem man zu Wohlstand gelangen kann. Ich weiß nicht, wie er in unseren Besitz gekommen ist und wie lange er schon dort herumlag, aber er weckte meine Neugier. Es hieß, man könne einen Diener aus den niederen Regionen rufen, ein Wesen, das einem jeden Wunsch erfüllen kann. Aber es hat mich reingelegt. Und jetzt soll ich ihm Menschen bringen, damit es mich in Ruhe lässt. Es will ihnen das Leben aussaugen!«
Das Leben aussaugen?, wiederholte Nicole in Gedanken. Sie wusste, dass De Luca dafür verantwortlich war, dass die böse Macht, die der Indianer bewachen sollte, nun frei war, aber um was genau ging es hier? Hatte De Luca einen Dämon beschworen, der der Zerstörung der Hölle entkommen war und nun auf diesem Wege mehr Macht erlangen wollte? Sie musste an die Worte des alten Indianers über die Dunkelheit denken. War in Nevada vielleicht etwas Ähnliches wie in Kolumbien oder gar London entstanden, das sich aufgrund des auf der Welt herrschenden Ungleichgewichts ausbreiteten?
»Bitte helfen Sie mir«, unterbrach De Lucas jammernde Stimme ihre Gedanken.
»Sie haben aus reiner Gier eine schwarzmagische Macht beschworen, die Sie nicht kontrollieren konnten. Ein Idiot wie Sie hat eigentlich keine Hilfe verdient. Allerdings bedroht das Ergebnis Ihrer Bemühungen als Amateurmagier jetzt sehr viele Menschen. Ich brauche Ihr Blut, um das Wesen bekämpfen zu können.«
»A-aber… ich will nicht sterben«, stammelte De Luca.
»Wer hat was von sterben gesagt? Halten Sie mal kurz still.« Mit diesen Worten zog Nicole den Knochendolch aus ihrem Gürtel, packte De Lucas Arm und ritzte einen langen Schnitt hinein, der sich sofort mit Blut füllte.
»Autsch!«, schimpfte De Luca.
»Stellen Sie sich nicht so an. Die Wunde ist nicht tief. Sie hätten für das, was Sie angerichtet haben, weit Schlimmeres verdient.« Schnell zog Nicole den Rabenschädel aus ihrer Tasche, kniete sich neben De Luca und fing einige Tropfen Blut mit dem Gefäß auf. Dann erhob sie sich und ging Richtung Tür.
»Warten Sie!«, rief De Luca ihr nach. »Was soll ich denn jetzt machen?«
Nicole drehte sich um. »Das ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal. Aber lassen Sie die Finger in Zukunft von Beschwörungen, ja?« Damit verließ sie den Raum und kümmerte sich nicht weiter um den Mann, der in seinem eigenen Urin hockte und sich den blutenden Arm hielt. Es gab Wichtigeres zu tun.
***
Als es an der Tür des Hotelzimmers klopfte, sprang Brad Kowalski sofort auf. Er öffnete und sah wie erwartet Ms. Duval, die ihn ernst anblickte. Sie trug ein seltsam anmutendes Messer im Gürtel und hielt etwas in der Hand, das er nicht richtig erkennen konnte.
»Wir sind einen Schritt weiter«, sagte sie nur. »Der Indianer kann uns helfen, wenn wir ihm das hier bringen.« Sie hielt ihm ihre Hand entgegen.
»Was ist das?«, fragte Brad.
»Blut«, erwiderte sie schlicht. »Im Kopf eines toten Vogels.«
Brad schluckte. »Etwa… Menschenblut?« Ihm war nicht ganz wohl bei der Sache.
»Keine Sorge«, beruhigte sie ihn. »Der Kerl, von dem das stammt, ist noch am Leben. Allerdings wird er vermutlich einen guten Therapeuten benötigen. Können wir dann los?«
Als sie den Stammplatz des Indianers erreichten, erwartete dieser sie schon. »Willkommen, Kriegerin. Willkommen, Auserwählter. Folgt mir.« Damit nahm er seine Kiste und setzte sich in Richtung des Casinoeingangs in Bewegung. Die Tatsache, dass er sich überhaupt bewegte, war schon erstaunlich genug. Sie folgten ihm und betraten das Casino. Der wachhabende Polizist ließ sie ungehindert passieren. Brad erinnerte sich, dass Rawlins den Befehl gegeben hatte, Ms. Duval jederzeit hineinzulassen.
Brads Blick fiel sofort auf Janet, und er spürte einen stechenden Schmerz in der Brust. Seine Frau sah verändert aus. Sie saß zwar immer noch ruhig da, wirkte aber insgesamt sehr mitgenommen, als hätte sie große Anstrengungen hinter sich. Ihre Haut war auffallend blass, und ihre Wangen waren eingefallen. Ihre Frisur hatte längst ihre Form verloren, und ihr dunkelbraunes Haar hing schlaff über ihre Schultern. Brad wollte zu ihr gehen, sie berühren, doch die Erinnerung daran, was dann passieren würde, hielt ihn zurück.
»Bist du bereit, Auserwählter?«, erklang plötzlich die Stimme des Indianers hinter ihm.
So hatte er ihn vorhin schon einmal genannt. Brad wandte sich von Janet ab und runzelte
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