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0975 - Burning Man

0975 - Burning Man

Titel: 0975 - Burning Man Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anika Klüver und Simon Borner
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er sie hätte retten können? Natürlich gab es keine Garantie, dass dieses indianische Ritual funktionierte, aber musste er es nicht wenigstens versuchen? Er wusste nicht, wie ihre Ehe sich entwickeln würde, ob sie oft streiten oder sich irgendwann sogar hassen würden, aber wenn er jetzt einen Rückzieher machte, würde er es nie erfahren. Und er würde auch nie all die wundervollen Momente mit Janet erleben, die ihm noch bevorstanden. In guten wie in schlechten Tagen, das hatte der Elvis-Pastor gesagt. Brad hatte es bisher immer nur für eine Floskel gehalten, die bei jeder Eheschließung heruntergeleiert wurde, doch nun verstand er zum ersten Mal die wahre Bedeutung dieser Worte. Dann sind das hier wohl die schlechten Tage, dachte er entschlossen. Er drehte sich um. »Ms. Duval, ich bin so weit.«
    ***
    Nicole war froh, dass Brad sich freiwillig dazu entschlossen hatte, die Sache durchzuziehen. Sie hätte ihn nur ungern dazu gezwungen. Sie beobachtete, wie der Indianer einen Kreis aus Steinen, Federn und Knochen um den jungen Mann legte, der sichtlich nervös im Schneidersitz auf dem Fußboden saß. Nicole hatte keine Ahnung, wie genau das Ritual ablaufen würde, und hielt sich daher im Hintergrund.
    Der Indianer nahm den Rabenschädel und bröselte ein paar trockene Kräuter in das Blut. Die ganze Zeit über murmelte er in einem leisen Singsang vor sich hin. Schließlich tunkte er einen Finger in das Gemisch und malte damit ein Zeichen auf Brads Stirn. Es sah aus wie zwei nach innen gebogene Striche mit einem Punkt darüber. Nicole fühlte sich an das grafische Symbol für den Burning Man erinnert, das auf Plakaten und Werbeflyern prangte. Dann begann er mit einer Art Tanz um den Kreis herum, bei dem er unablässig vor sich hinsang. Die Klänge und Bewegungen wirkten tranceartig, und Nicole spürte, wie sich die Atmosphäre im Raum auflud. Die Luft schien regelrecht zu knistern. Sie mochte nicht genau verstehen, was vor sich ging, aber die alte Magie war eindeutig guten Ursprungs. Sie wirkte rein und unverfälscht, wie eine Melodie, die mit nur wenigen Tönen einen wundervollen harmonischen Klang erschuf.
    In der Luft um Brad herum blitzten plötzlich Bilder auf. Schemenhafte Darstellungen indianischer Krieger, ein majestätischer Adler, Menschen, die um ein großes Feuer tanzten. Die Bilder kamen immer schneller, verschmolzen miteinander und wurden zu einem Wirbel aus Licht und Energie, der sich über Brad konzentrierte. Der junge Mann hatte die Augen geschlossen, riss sie jedoch auf, als der Wirbel in ihm hinabfuhr. Er schrie nicht, doch sein ganzer Körper spannte sich an und war für einige Sekunden vor gleißend hellem Licht umgeben. Dann verebbte der Energiesturm, und alles war so ruhig wie zuvor. Brad atmete ein wenig schneller als gewöhnlich, aber gleichmäßig. Äußerlich hatte er sich nicht verändert, doch als er sich langsam erhob, hatte Nicole das Gefühl, dass seine Bewegungen geschmeidiger und selbstsicherer wirkten.
    »Du trägst nun die Kraft in dir, das Böse zu besiegen«, verkündete der alte Indianer feierlich. »Nutze sie weise und gut.«
    »Aber wie soll er das von hier aus tun?«, fragte Nicole. »Wie können wir Zamorra bei seinem Kampf unterstützen, wenn wir nicht einmal wissen, wo er sich befindet?«
    »Ich werde den Auserwählten zu ihm schicken«, erwiderte der Alte. »Die letzte Schlacht steht kurz bevor.«
     
    Kapitel 6: Beide Seiten der Front
    Black Rock City
    »Sofort Feuer einstellen! Verflucht, wir wollen doch nur…«
    Ky Finnegan kam nicht dazu, den Satz zu beenden, denn schon folgte die nächste Salve aus der offen stehenden Tür des Polizeicontainers. Nur mit großem Glück schaffte es der knapp sechzigjährige Althippie unverletzt in die Deckung, in der sich seine drei Begleiter bereits befanden.
    »Das gibt’s doch nicht. Ist die wahnsinnig geworden?« Lenny sah ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Vermutlich ja«, seufzte Ky.
    Sie waren gekommen, um nachzusehen, ob sich dieser mysteriöse Dämonenjäger noch in der Obhut der hiesigen Polizei befand. Doch statt eine Antwort darauf zu erhalten, hatten sie beim Öffnen der Tür zur Wache feststellen müssen, dass sich in dieser noch mindestens eine Beamtin befand. Eine bewaffnete Beamtin!
    »Das muss diese Blonde sein«, murmelte Ouusah May. »Die von vorhin, vom Burning Man. Die den Professor verhaftet hat.«
    »Und der ganze Weltuntergang hier hat ihr den Verstand geraubt«, spekulierte Cassie. Ky hörte die

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