0975 - Die zweite Welle
ins Freie zu schaffen.
„Das hättest du nicht tun sollen", sagte Zanoth plötzlich.
Ottarsk sah den Stadtmaurer verwundert an.
„Meine Roboter werden nicht an deinen Aktionen teilnehmen!" verkündete Zanoth verbissen. „Ich bewahre Gegenstände von unschätzbarem Wert in meinem Haus auf. Ich bestehe darauf, daß meine Roboter zuerst diese Dinge herausschaffen."
Ottarsk verlor die Kontrolle über sich selbst. Zanoths unverschämte Forderung gab ihm den Rest.
Er hob die Hand und schlug zu. Der Stadtmaurer kam nicht einmal mehr dazu, sich zur Wehr zu setzen.
Ottarsk schob den schlaffen Körper des Bewußtlosen auf dem Sitz zurecht und sah gleich darauf eine schwache Bewegung in dem Sand und Trümmerhaufen, der noch vor kaum einer Stunde das ihm am nächsten stehende Haus gewesen war.
Hastig steuerte er den Gleiter hinüber. Ein Roboter schob sich mit ekkigen Bewegungen ins Freie. Die Maschine warf mit wirbelnden Armen alles zur Seite, was ihr im Wege war. Hinter ihr wurde ein enger, finsterer Gang erkennbar. Der Roboter drehte sich um und verschwand. Kaum fünf Minuten später tauchte er wieder auf, eine bewußtlose - oder tote? - Frau auf den Armen.
Während der Roboter in die Tiefen des Trümmerbergs zurückkehrte, sprang Ottarsk aus dem Gleiter und untersuchte die Arkonidin. Sie lebte noch, aber es war zweifelhaft, daß dieser Zustand noch lange anhielt.
Im Gleiter führte er stets eine Grundausrüstung an Instrumenten und Arzneien mit sich. Er versorgte die Frau notdürftig und erkannte dabei verzweifelt, daß er alleine überhaupt nichts gegen das ungeheure Elend von Gostabaar ausrichten konnte. Überall sah er jetzt Roboter, die sich aus den Trümmern wühlten und Verletzte ins Freie trugen. Sie alle mußten versorgt werden, brauchten medizinische Hilfe, eine Unterkunft, Decken und Verpflegung ...
Ottarsk schalt sich einen Narren. Es gab noch einen Ort in der Stadt, an dem man dies alles finden konnte.
Nach dem Ende des Kriegsplaneten Arkon III, das für alle Arkoniden ein furchtbarer Schock gewesen war, hatten die Bürger von Gostabaar einen Bunker anlegen lassen. Die eigentlichen Schutzräume lagen tief unter der Bucht von Gostabaar, der Eingang aber befand sich mitten in der Stadt, und zum Zweck der Tarnung hatte man wenige Meter unter der Oberfläche einen zweiten Bunker angelegt. Im Fall eines Angriffs wollte man damals die beiden Tunnel, die den oberen mit dem unteren Bunker verbanden, sprengen.
Im oberen Bunker aber gab es echte Schutzräume, Lager mit Notvorräten und eine Medo-Station.
Er kehrte in den Gleiter zurück und befahl den Robotern, alle Überlebenden zu diesem Bunker zu schaffen.
Gleichzeitig forderte er alle Maschinen, die auf Erste Hilfe und ähnliche Disziplinen programmiert waren, auf, sich ab sofort an den eigentlichen Bergungsarbeiten nicht mehr zu beteiligen und sich auf die Versorgung der Überlebenden zu konzentrieren.
Ottarsk wußte, daß er unzählige Fehler machte. Er hätte die ganze Aktion besser organisieren müssen, aber er fühlte sich außerstande, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen. Er fragte sich, warum keine Hilfe vom Raumhafen kam, warum nicht überhaupt wenigstens ein paar andere Arkoniden versuchten, mit dieser Katastrophe fertig zu werden.
Immerhin kam jetzt ein wenig Ordnung in das Bild. Ottarsk ließ die Roboter Gruppen bilden, die systematisch die Trümmerhaufen absuchten und Sonden einsetzten, um möglichst viele Verschüttete aufzuspüren.
Die Maschinen mit medizinischer Grundprogrammierung teilte er auf. Die eine Gruppe hatte Erste Hilfe zu leisten, von dem Augenblick an, in dem ein Verletzter entdeckt wurde, die andere arbeitete im Bunker. Als Ottarsk einen kurzen Blick auf das warf, was sich dort mittlerweile abspielte, überkam ihn das nackte Grauen.
Viele der Überlebenden waren zwar bei Bewußtsein, gebärdeten sich jedoch, als hätten sie infolge der Katastrophe den Verstand verloren. Er sah Männer und Frauen, die sich mit rasender Wut gegen die Roboter zur Wehr setzten, als könnten sie nicht begreifen, daß die Maschinen ihnen nur helfen wollten. Es war ein unbeschreibliches Durcheinander.
Während Ottarsk noch überlegte, was er dagegen unternehmen sollte, tauchte plötzlich doch noch ein Gleiter auf. Die Maschine nahm Kurs auf den Platz vor dem Bunker. Sie setzte in einer Staubwolke auf, und Ottarsk sah fünf Männer und zwei Frauen, die aus dem Fahrzeug sprangen. Aufgeregt eilte er ihnen entgegen.
„Gut, daß Sie kommen!"
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