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098 - Horrortrip ins Tal der Toten

098 - Horrortrip ins Tal der Toten

Titel: 098 - Horrortrip ins Tal der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Orlik
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hier!“ Henry straffte sich. „Ich fahre zum Friedhof. Ich will sehen, in welchem Zustand die Gräber sind. Wenn die Toten wirklich zum Leben erwachen und zu reißenden Bestien werden, ist die Gefahr ungeheuer. Bis Tagesanbruch müssen wir uns verbarrikadieren. Dann verlassen wir das Tal. Bis gleich! Ich komme zurück.“
     

     
    Hinter Henry fiel die Tür zu. Er hörte, wie man Möbel davor rückte. Allein in der Nacht, fühlte er sich wie der einsamste Mensch der Welt. Die Kälte war empfindlich. Das Scheinwerferlicht strahlte die Straße hinab. Weit und breit nichts zu sehen. Trügerische Ruhe. Ihm war, als werde er aus dem Dunkel beobachtet. In der Nähe knackte Holz. Ein altersschwacher Balken? Oder nahte ein Toter? Ein Toter?
    Sie leben. Doch, sie leben! Sie bewegen sich und töten. Sie töten, um die Opfer zu verschlingen. Also sind die Toten nicht tot. Untote.
    Er ging zum Wagen, sah zweimal hinter sich. Der Fond? Leer. Henry setzte sich hinter das Lenkrad, verriegelte die Türen und startete den Motor. Er fuhr die lange Straße zurück. Bald mußte er das Tempo drosseln. Im Fahrtwind begann ein Auge zu tränen.
    Niemand begegnete ihm. Als er endlich die Zufahrt zum Friedhof erreichte, knirschte Kies unter den Reifen. Weit stachen die Lichtstrahlen in die Dunkelheit. Er rollte bis zum schmiedeeisernen Tor, dessen Schatten sich lang und verzerrt wie ein Netz über die ersten Gräber hängte.
    Henry zögerte. Dann stieg er aus. Er war nicht allein. Er roch es. Wann erwache ich aus diesem Alptraum?
    Er nahm Taschenlampe und Morgenstern. Neben dem Tor stand die Pforte offen. Über dem Griff hing ein Fetzen morschen Stoffs.
    Er betrat den Friedhof. Er ging langsam. Mit der Taschenlampe leuchtete er um sich. Viel zu dünn der Strahl. Viel zu klein das Lichtfeld. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er horchte. Nur das Rauschen des Wasserfalls an der Nordwand war zu hören.
    Er trat in etwas, das seinen Fuß zu umklammern schien. Rasch sprang er zurück. Es war nur einer der Kränze. Ziemlich frisch noch das Grün. Eine bunte Schärpe hing lappig herab. Noch einen Schritt, dann gähnte ein schwarzer Schacht vor ihm: das offene Grab.
    Die Erde war aufgeworfen, als hätte sich ein riesiger Maulwurf aus der Tiefe befreit. Henry leuchtete hinab. Ein heller Sarg. Schräg lag der abgesprengte Deckel darüber. Fette Käfer krabbelten dort. Es war ein Qualitätssarg – wasserdicht, gewachst, gefüttert mit Kaliko, darüber Satin, Griffe und Verschlußschrauben aus Messing.
    Trotz Stabilität – der Tote, nein, der Untote, hatte Deckel und Erdreich mit unvorstellbarer Kraft nach oben gedrückt. Risse durchzogen den Holzrand. Die Schrauben glänzten im Licht.
    Henry wandte sich ab. Er war von Grauen gepackt. Vorsichtig suchte er weiter. Alle frischen Gräber waren leer. Und nicht nur diese, auch ältere, in denen faulige und morsche Särge lagen. Auch sie waren leer.
    Er stieß auf andere. Grabsteine standen schief. Der trockene Boden war voller Risse. Die Bepflanzung war in Löcher gesackt, als hätte sich unter der Erde ein Kampf abgespielt, und der Tote – nein, Untote – wäre unterlegen. Diese geschlossenen Gräber waren durchweg sehr alt.
    Henry formte Gedanken. Dinge, die ihm nie in den Sinn gekommen wären, mußte er verarbeiten, logisch einordnen. Sie waren wirklich. Verschließen konnte er sich ihnen nicht. Bei dem Unerklärlichen, das hier vorging, schien die Zeit eine wichtige Rolle zu spielen.
    In einer Ecke des Friedhofs fand er ein Holzkreuz neben einem offenen Grab. Der Name war eingeschnitzt: Jonas Korniff. In einer Kiste hatten sie ihn verscharrt, aus billigem, faserigem Holz.
    Er konnte den Geruch nicht länger ertragen, hielt sich die Nase zu. Das Gefühl, aus der Dunkelheit nähere sich Bedrohung, wurde stärker. Er ging zum Wagen. Niemand griff ihn an.
    Wo war die Erklärung für diese Wiederbelebung der Toten? Die kürzlich Verstorbenen hatten den Ausstieg geschafft und auch jene, die noch nicht zu lange der Rasen deckte. Wer schon vor Zeiten den ewigen – und nun doch nicht ewigen – Schlaf angetreten hatte, dem war die Befreiung mißglückt. Weshalb?
    Weil er keine Gestalt mehr hat, dachte Henry, er ist zu Erde geworden. Die anderen dagegen … ja, das erklärt auch den schauerlichen Anblick der einen, und das fast normale Aussehen der anderen.
    Wie betäubt fühlte er sich. Vorsichtig setzte er auf dem schmalen Kiesweg zurück. Das Fernlicht war eingeschaltet. Als er wendete,

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