0980 - Der Fluch des dunklen Apfels
Ereignisse der jüngeren Vergangenheit noch zu präsent. Da zudem überhaupt nicht klar war, ob ihr angedachter Plan, mit Turalel und dem Eingangsportal gleichzeitig das gesamte Spiel zu zerstören, tatsächlich funktionierte, gab es auch von dieser Seite her eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie mit Zamorra zusammenrasseln würde.
Denn wenn ich’s verkacke, wird mich Assi todsicher bei meinem Chéri anschwärzen. Und dann vielleicht sogar noch verlangen, dass er mich dafür ans Scheunentor nagelt. Da wollen wir doch mal keine schlafenden Hunde wecken.
Außerdem stand die spannende Frage im Raum, warum sich Asmodis plötzlich so sehr für Lost Soul interessierte. Das konnten sie nicht mehr herausfinden, wenn das Spiel zerstört war. Höchstwahrscheinlich hing es mit den Resten der Hölle zusammen, mit denen die magischen Welten verbunden zu sein schienen. Aber das war eben nur eine Vermutung, mehr nicht.
Nicole ging zum Duschen und freute sich bereits auf das späte Frühstück, das sie mit Zamorra einzunehmen gedachte. Der Gute wusste allerdings noch nichts von seinem Glück. Er weilte momentan in seinem Arbeitszimmer und erledigte die ungeliebte Büroarbeit, denn in den letzten Wochen und Monaten war einiges liegen geblieben, obwohl sich William nach Kräften mühte, sie mit dem »Alltagskram« zu entlasten. Freiwillig verließ Zamorra sein Büro garantiert nicht, also würde sie ihn abholen müssen.
Doch zuvor ging sie noch in den Gästetrakt, um nach Jeremy Duponts Körper zu sehen. Vorsichtig betrat sie das Zimmer. Obwohl William täglich lüftete und den Körper wusch und wendete, um Druckstellen vorzubeugen, roch es ranzig und nach Salben im ganzen Raum. Für einen Moment hoffte Nicole, Jeremys Geist sei zurückgekehrt. Aber sein Körper lag unbeweglich auf der Seite, den Spielhelm auf dem Kopf. Nicole setzte sich auf die Bettkante und strich dem Bewusstlosen einen Moment über die Wange. Dass Zamorra sie wegen der räumlichen Nähe dabei erwischen könnte, wenn sie sich den Helm überstülpte, um damit nach Lost Soul zu gehen, war nur die eine Seite der Medaille. Die andere war, dass Jeremy just in dem Augenblick, in dem sie seinen Helm aufhatte, zurückkehren konnte. Was aber passierte dann mit seinem Geist, wenn ihm die Rückkehrmöglichkeit in seinen Körper verwehrt war?
Nicole seufzte. Noch ein Grund, momentan keinen Alleingang zu unternehmen. Als sie das Zimmer wieder verließ und durch das Treppenhaus nach unten eilte, kam ihr Madame Claire entgegen. Die Köchin trug eine Silberplatte, auf der mehrere frische Steaks lagen. Ivy hüpfte kläffend an ihr hoch. Als die Hündin Nicole bemerkte, ließ sie ab, kam schwanzwedelnd näher und holte sich ein paar Streicheleinheiten ab.
Nicole redete ein paar Worte mit Madame Claire, die ihr zum sicher einhunderttausendsten Mal versicherte, wie froh sie sei, dass Mademoiselle Duval wieder das Château-Leben bereichere. Im Übrigen stehe das Frühstück, mit frischen Croissants natürlich, bereits auf dem Tisch, so wie es ihr Mademoiselle am vergangenen Abend auf getragen -habe.
Nicole bedankte sich und ging zum Nordturm. Zamorra, im weißen Anzug mit rotem Hemd, saß hinter dem hufeisenförmig geschwungenen Schreibtisch vor einem Computerterminal. Er lächelte, als er Nicole eintreten sah.
»Nici, wie erfreulich«, begrüßte er sie. »Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, warum ich dir ein horrendes Sekretärinnengehalt zahle, wenn ich ohnehin alles allein machen muss. Schön, dass du mir wenigstens helfen kommst.«
Nicole strahlte. »Halt dich zurück, du Macho.«
»Ich bin dein Chef, ich darf so was sagen.«
»Dann bist du eben der Chefmacho.« Sie ging um den Schreibtisch herum und setzte sich auf seinen Schoß.
»He, du riechst aber unverschämt gut, Nici. Äh, vielleicht ist das mit der Arbeit ja doch nicht so wichtig.«
Sie küsste ihn innig. »Ah, tut das gut«, flüsterte sie ihm ins Ohr und knabberte dann an seinem Ohrläppchen herum. »Eine Zeit lang habe ich wirklich geglaubt, das nie mehr wieder erleben zu dür…«
»Highway to Hell!«, grölten AC/DC unvermittelt los.
»Telefon!«, brüllte Nicole.
»Ja, ist ja gut, ich bin nicht taub.« Zamorra nahm den Hörer aus der Station. Pierre Robin stand auf dem Display. Nur wenige Menschen kannten die direkte Durchwahl in Zamorras Arbeitszimmer. Der Chefinspektor gehörte definitiv dazu.
»Hallo Pierre«, begrüßte ihn der Professor grinsend und stellte auf laut. »Was
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