0990 - Der Killer-Clown
herangekommen waren. Da teilten sie sich plötzlich. Der eine ging nach rechts, der andere nach links weg, um mich in die Zange zu nehmen.
Es waren keine Löwen.
Aufatmen.
Auch keine Tiger.
Ich atmete wieder auf.
Glücklich konnte ich trotzdem nicht sein. Die beiden stark riechenden Tiere hatten lange Köpfe, und sie waren etwas größer als Füchse.
Wölfe? Möglich. Schakale oder Hyänen!
Letztere mußten es sein. Sie waren schlanker als Wölfe, und ich hatte den Eindruck bekommen, daß sie nach Aas stanken, was sicherlich Einbildung war, aber das spielte jetzt keine Rolle. Diese beiden Leibwächter gefielen mir nicht. Besonders dann nicht, als sie ihre Schnauzen öffneten, als wollten sie mich angähnen. Ich konzentrierte mich dabei mehr auf ihre Gebisse, die selbst in der Dunkelheit wie ein helles Zackenmuster zu sehen waren.
Von ihnen zerrissen zu werden, war sicherlich nicht die reine Freude.
Viel wußte ich über Hyänen oder Schakale nicht. Man bezeichnete sie im allgemeinen als feige, weil sie Aas fraßen und keine Opfer rissen. Jedenfalls hatte sich das in meinem Kopf festgesetzt. Ob sie wirklich feige waren, wenn sie Hunger verspürten, darauf wollte ich nicht wetten, und so tat ich erst einmal nichts.
Die beiden Tiere vor mir bewegten sich nicht. Sie standen auf der Stelle wie Statuen. Mit etwas Galgenhumor hatte ich sie Romulus und Remus getauft.
Meine Sitzhaltung war ein wenig schräg. So brauchte ich nicht erst den Kopf zu drehen, um durch die Lücken im Gitter nach draußen schauen zu können.
Ich wußte, daß mir gegenüber ein Zelt stand. Es sah jetzt aus wie ein dunkler Berg. Es stand wirklich in meiner Nähe, aber für mich war es in diesem Moment weiter entfernt als der Mond von der Erde. Ich kam einfach nicht hin.
Neben mir bewegten sich meine beiden »Freunde«. Sie drückten ihre Körper gegen meine Schultern. Die Köpfe blieben nicht ruhig, und ich sah die Zungen aus ihren Mäulern gleiten, als wollten sie mich mit diesen feuchten Lappen ablecken.
Der Gestank aus ihren Kehlen war so widerlich, daß ich den Atem anhielt. Ich hätte mich gern geschüttelt, traute mir das jedoch nicht zu, weil ich sie nicht auf mich aufmerksam machen wollte. Wenn sie so stehenblieben, war das okay. Trotzdem mußte ich irgendwann den Raubtierwagen verlassen.
Sie leckten mich nicht ab. Sie knabberten auch nicht an meinen Wangen. Mir kam es vor, als warteten sie auf einen bestimmten Zeitpunkt, an dem etwas geschah.
Der trat auch ein.
Er betraf nicht mich, er betraf auch nicht die mich bewachenden Hyänen, sondern das Zelt gegenüber.
Hinter der Leinwand wurde es hell. Nicht strahlend, sondern normal hell, gerade so viel, daß die Leinwand ein wenig durchlässig wurde und jemand wie ich auch in das Gebiet dahinter schauen konnte.
Es waren nur Sekunden vergangen, da stellte ich fest, daß dieses Zelt nicht leer war.
Jemand befand sich darin.
Ein Mensch.
Er wartete. Er bewegte sich kaum. Sein Schattenriß zeichnete sich deutlich ab, und ich sah diesen Menschen auch im Profil. Ich überlegte, ob ich mich durch Rufen bemerkbar machen sollte, als ich eine zweite Gestalt sah.
Sie erschien im Hintergrund des Zeltes. Im Gegensatz zu der ersten Person bewegte sie sich.
Nicht normal. Schleichend. Und sie hielt etwas in der Hand, das mir vorkam wie ein überlanger, spitzer Finger, was er aber sicherlich nicht war.
Der Begriff eines Schwerts oder einer Lanze traf eher zu. Und die zweite Gestalt machte den Eindruck als stünde sie dicht davor, einen Mord zu begehen…
***
In diesen Sekunden vergaß ich meine eigene Lage. Das Geschehen im Zelt zwang mich förmlich dazu, mich einzig und allein darauf zu konzentrieren. So wie sich die zweite Gestalt bewegte, gab es nur den einen Schluß.
War die erste Gestalt ein Mann oder eine Frau?
Auch das sah ich nicht, weil die Schattenrisse nicht zu scharf gezeichnet waren. Sie kamen mir eher verschwommen vor, als würden sie sich gleich auflösen.
Warum die erste Person das Zelt betreten hatte und wartete, war mir unbekannt.
Aber die zweite, sie war kleiner, senkte jetzt die Waffe, so daß die Spitze auf den Rücken der ersten zeigte, als sollte die Person im nächsten Augenblick durchbohrt werden.
Der Wartende bemerkte nichts. Niemand warnte ihn vor der herankommenden Gefahr. Es hielt sich auch niemand in der Nähe auf, der dies hätte übernehmen können. Der einzige Zeuge war ich, und ich fragte mich, ob ich es tun sollte.
Im Normalfall wäre es kein
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