0990 - Der Killer-Clown
plötzlich den Killer-Clown.
Ja, ein Clown! Davon ließ ich mich nicht abbringen. Aber es mußte nicht der Clown sein, der die Besucher mit seinen Spaßen erfreute. Jeder konnte sich ein Kostüm überziehen und sich entsprechend schminken.
Den Toten kannte ich nicht. Ich hatte ihn auch nicht auf dem Gelände gesehen. Er war relativ jung, höchstens dreißig. Schwarzes Haar, eine dunklere Hautfarbe als ein Mitteleuropäer und eine leicht gebogene Nase.
Und keiner hatte etwas gehört oder gesehen. Nur ich. Das war schon seltsam und brachte mich ins Grübeln. Es war doch nicht normal. Meine Tritte gegen die Tür hätten doch auffallen müssen. Aber alle Mitarbeiter dieses mittelgroßen Zirkusses lagen in ihren Betten und schliefen.
Etwas stimmte da nicht.
Ich würde es in dieser Nacht nicht mehr herausfinden und überlegte, ob ich schon jetzt die Kollegen von der Mordkommission anrufen sollte.
Mein Handy lag im Wohnwagen, der mir von der Direktorin Julia Sargasso zur Verfügung gestellt worden waren.
Die Frau war zu bewundern, denn sie führte die Mannschaft und den Zirkus allein. Ihre Eltern hatten sich zur Ruhe gesetzt. Sie lebten irgendwo in Spanien und ließen es sich gutgehen.
Die meisten Mitarbeiter hatte ich am vergangenen Tag kennengelernt, und jetzt fiel mir der Name des Clowns wieder ein.
Er hieß Bousu!
Französisch wohl. Ob er tatsächlich so getauft worden war, konnte mir niemand sagen. Er hieß einfach so. Aber zwischen den Vorstellungen war er nicht eben der große Spaßmacher, sondern ein mürrischer Mann, der lieber in Ruhe gelassen werden wollte.
Daß diese erste Nacht so verlaufen würde, damit hätte ich nicht gerechnet, und eigentlich hatte ich diesen Job ja Jane Collins zu verdanken, denn sie kannte Julia Sargasso recht gut. Wo die beiden Frauen sich zum erstenmal getroffen hatten, wußte ich nicht. Jedenfalls war die Direktorin über Janes Beruf informiert und hatte ihr auch versprochen, sie zu engagieren, wenn sie mal eine Detektivin benötigte. Dieser Fall war nun eingetreten. Der Tote vor meinen Füßen war jedoch nicht der erste in diesem Zirkus.
Alle drei Monate hatte es hier einen Toten gegeben.
Den vierten insgesamt.
Und alle waren an verschiedenen Plätzen umgekommen. Nicht nur hier in der Nähe von London, wo der Zirkus überwintern sollte, wenn die letzten drei Vorstellungen gegeben worden waren. Niemand konnte sich vorstellen, wer der Killer war. Er hatte die Toten hinterlassen, war aber selbst nicht gesehen worden, obwohl der Verdacht bereits auf den Clown gefallen war, denn er hatte sich bei den Vernehmungen, das wußte ich aus den Protokollen, nicht eben kooperativ gezeigt.
Jetzt hatte ich ihn gesehen. Das heißt, nicht genau. Mir war es nur so vorgekommen. Seinen spitzen Hut hätte auch ein anderer aufsetzen können.
Vier Tote bisher!
Und alle Männer waren an verschiedenen Orten gestorben. Für mich verbargen diese Taten etwas Rituelles. Einen genauen Grund dafür gab es nicht, es war einfach das Gefühl, das mich dazu trieb, so und nicht anders zu denken.
Im letzten Winter hatte die Mordserie begonnen. Der zweite Mord war im Frühling geschehen, der dritte im Sommer und der vierte jetzt im Herbst.
Also hatte sich der Kreislauf geschlossen, und ich suchte so etwas Ähnliches wie einen Jahreszeiten-Killer.
Eine Theorie, gewiß, auch nicht haltbar, aber sie wollte mir nicht aus dem Kopf.
Eine Weile stand ich bereits mit eingeschalteter Lampe vor dem Toten.
Erst jetzt dachte ich daran, daß ich auch eine gute Zielscheibe abgab.
Der Mörder war zwar nicht zu sehen, aber er konnte sich durchaus noch im Zelt versteckt halten. Der Gedanke daran ließ bei mir einen Schauer zurück. Ich schaltete die Lampe aus.
Im Dunkeln blieb ich stehen. Lauschte. Die Kälte auf meinem Rücken kroch allmählich höher. Auch die Schmerzen im Kopf spürte ich wieder deutlicher, und ich glaubte daran, daß diese Nacht auch weiterhin nicht so ruhig verlaufen würde wie die meisten anderen.
Erst jetzt, wo ich in dieser Konzentration stand, achtete ich auch auf die Außengeräusche. So hörte ich den Wind außen an der Plane entlangstreichen. Auch die Tiere schliefen nicht alle. Hin und wieder knurrten sie oder gaben andere Geräusche von sich.
Nur lachten sie nicht.
Das tat ein anderer.
Und dessen Lachen hallte mir wie eine teuflische Botschaft entgegen!
***
Der Killer-Clown hatte es ausgestoßen. Es gab für mich einfach keine andere Lösung. Er mußte sich irgendwo in diesem
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