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0991 - Der Kopf des Vaters

0991 - Der Kopf des Vaters

Titel: 0991 - Der Kopf des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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waren sie leer. Tatsächlich aber steckte etwas anderes darin. Eine Kraft, mit der sie nicht zurechtkam. Carina konnte sie auch nicht begreifen, weil sie mit diesen Gesetzen nicht zurechtkam.
    Obwohl es ihr nicht leichtfiel, mußte sie sich eingestehen, daß sie sich überschätzt hatte. Genau das war geschehen. Sie hatte sich einfach überschätzt, und plötzlich wurde ihr übel. Sie hatte auch mit dem Gleichgewicht zu kämpfen. Sie schwankte und stützte sich an der kalten Felswand ab.
    Hier fand sie endlich die Kraft und auch die nötigen Worte, um den Schädel ansprechen zu können. Zwar glaubte sie nicht daran, eine Antwort zu bekommen, aber sie mußte etwas tun, sonst wurde sie noch verrückt. Und wenn sie nur den Klang ihrer Stimme hörte, denn die Stille war kaum auszuhalten.
    »Wer bist du?« Carina Sargasso mußte sich diese einfache Frage förmlich abringen.
    Keine Antwort. Aber der Schädel hatte sich gedreht, damit er die leeren Augenhöhlen auf sie richten und sie somit beobachten konnte.
    Carina fuhr durch ihr Gesicht. Sie wußte, daß sie nicht ungeschoren aus dem Keller herauskommen würde. Der Teufelsschädel war nicht grundlos erschienen, er hatte etwas mit ihr vor. Eine dämonische und unheilige Kraft trieb ihn an, auch jetzt und deutlich für die Frau zu erkennen, als er plötzlich nach vorn schwebte und dabei ein bestimmtes Ziel anvisierte.
    Es war der Trog mit der Leiche. Genau über ihr und ungefähr dort, wo sich früher der Kopf befunden hatte, kam er zur Ruhe. Für Carina sah es aus, als wollte er von diesem Körper Abschied nehmen, und plötzlich war ihr hundertprozentig klar, daß der Kopf früher einmal ihrem Mann Emilio gehört hatte.
    Nur hatte er sich verändert. Die Gründe kannte sie nicht. Sie konnten in Emilios Vergangenheit begraben liegen, als er sich noch intensiv mit den Templern beschäftigt hatte. Das war vorbei, doch an den Folgen litt sie auch jetzt.
    Der Kopf nahm Abschied. Die Haut, das Fleisch, die Sehnen waren verschwunden, wie weggeätzt. Nur das blanke Gerippe war übriggeblieben und so verdammt gefährlich.
    Mit einem Ruck fuhr der Schädel herum.
    Carina Sargasso schrie auf, als sie die Bewegung mitbekam.
    Der unheimliche Besucher blieb nicht mehr in der Luft stehen, jetzt hatte er ein Ziel.
    Das war sie!
    ***
    Die Frau wußte nicht, was sie tun sollte. Sie war für die folgenden Sekunden völlig vereist, und so lange dauerte es auch, bis sie in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Und der trieb sie eigentlich nur in eine Richtung.
    Flucht!
    Weg aus diesem Keller und dem Einflußbereich des Schädels.
    Gleichzeitig wußte sie auch, daß es kaum Sinn hatte, dies zu versuchen.
    Der Skelettkopf war immer schneller. Es gab keine Hindernisse für ihn.
    Wenn er sie erreichen wollte, dann schaffte er das auch.
    Er bewegte sich nicht mal schnell und blieb auch nicht in derselben Höhe. Er pendelte auf und nieder, als hätte man ihn an einem kleinen Gummiband befestigt.
    Carina scharrte mit den Füßen wie ein Tier, ohne jedoch von der Stelle zu kommen. Es sah schon hilflos aus, wie die Frau dem Knochenkopf die Arme entgegenstreckte, als könnte sie ihn aufhalten.
    Es war nicht möglich. Der Schädel tat, was er wollte, und er kam näher und näher. Seine beiden Augenhöhlen vergrößerten sich plötzlich.
    Wahrscheinlich bildete sich Carina das nur ein, aber sie kamen ihr schon doppelt so groß vor.
    Sie waren wichtig.
    Sie fixierten das Opfer!
    OPFER!
    Dieses Wort brannte sich in ihrem Kopf fest. Plötzlich wollte sie kein Opfer mehr sein. Ihr ganzes Leben lang hatte sich die Frau als Opfer ihres Mannes und ihrer Umgebung gefühlt. Mit dem Tod des Gatten hatte es vorbei sein sollen. Es war vorbei. Sie wollte nicht mehr, daß sich alles noch einmal umkehrte, und genau dieser Wille gab ihr die nötige Kraft, die sie brauchte.
    Ihre ausgestreckten Arme zuckten zurück. Sie wollte den Kopf nicht mehr aufhalten. Sie wollte ihn nicht mal berühren, denn sie ekelte sich vor dem kalten Gebein.
    Carina war nicht mehr zwanzig, sondern dreimal so alt, doch in ihrem Körper steckte noch genügend Kraft, um über eine gewisse Grenze hinwegzuspringen.
    Sie drehte sich nach links.
    Dann rannte sie los. Falls es einen Zustand gab, in dem die Gedanken ausgeschaltet waren, so befand sie sich in dessen Zentrum. Sie dachte an nichts mehr, sie wollte nur weg, und ihr Ziel war die Tür, die sie aufreißen mußte, um die Treppe hochzueilen und oben nach draußen zu rennen. Nur weg -

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