0991 - Die letzte Horde
keinen Verrat zu fürchten und konnte handeln, wie es dem Ruf entsprach, der ihm vorausging.
Eine andere Möglichkeit, die Grador noch bedrohlicher erschien, war, daß Amtranik die Fähigkeit des klaren Denkens verloren hatte. Als die sechs Besatzungsmitglieder der Space-Jet, die in den Verband seiner Sehiffe eingedrungen war, zu ihm gebracht wurden, da hatte er sich durch eine einzige Äußerung Gradors zu einem solchen Wutausbruch hinreißen lassen, daß er alle sechs mit dem Schocker niederschoß. War das die Reaktion eines vernünftigen Wesens? Warum waren die Einheiten der GIR-Flotte in sinnlosen Torkelbewegungen aus dem Linearraum materialisiert? Was hatten die schlafenden Barbaren von Garbesch zu bedeuten, die Grador in der Kommandozentrale des Flaggschiffs aufgefallen waren? Deutete nicht alles darauf hin, daß die gesamte Horde an einer geheimnisvollen, den Verstand verwirrenden Krankheit litt?
„Ich sehe, du machst dir Sorgen." Paar Kox’ Stimme klang ruhig und sanft wie immer. Er war Gradors Zellengefährte, ein hagerer Mann von 120 Jahren, der zu Larsa Hiobs Wissenschaftlerteam gehörte. „Das ist gut - in gewissem Sinne, meine ich. Es veranlaßt dich dazu, eine Strategie zu entwickeln."
„Wozu brauche ich in diesem Loch eine Strategie?" brummte Grador.
„Wir werden nicht für immer hier stecken. Du solltest dich auf zwei denkbare Ziele konzentrieren. Das erste ist, Amtranik dazu zu bewegen, daß er uns freiläßt, sich nicht um die TRANTOR kümmert und auf dem schnellsten Wege weiterfliegt. Wenn sich das nicht erreichen läßt, dann müssen wir danach trachten, ein Raumfahrzeug in die Hand zu bekommen, mit dem wir bis in Rufweite des nächsten Hyperfunkrelais fliegen können, um Hilfe herbeizurufen."
Natürlich hatte er recht. Grador hätte schon früher auf ihn hören sollen. Er hatte vor diesem Unternehmen gewarnt.
„Ich frage mich, welches Argument man ins Feld führen könnte, um Amtranik zu beeinflussen. Mir scheint, es gibt nicht viel, was wir anbieten können."
„Krankheit." Paar hatte sich die Sache offenbar reiflich überlegt. Er sprach überzeugt. „Du hast selbst gesehen, wie die Schiffe torkelten. Du hast die schlafenden Gestalten in der Befehlszentrale bemerkt. Ich sage dir, irgend etwas ist diesen Geschöpfen ins Gehirn gefahren, und Amtranik fürchtet sich davor. Darauf mußt du anspielen ..."
Das Schott öffnete sich. Ein Roboter verkündete in schnarrendem Interkosmo: „Der Fette mit den roten Haaren soll kommen."
*
Es ließ sich kein stärkerer Kontrast denken als der zwischen dem Barbaren von Garbesch und dem Sohn der terranischen Zivilisation. Amtranik, über zweieinhalb Meter hoch, mit einem langgezogenen, hundeförmigen Schädel, der von zwei riesigen, halbkugelförmigen Augen beherrscht wurde, einem gedrungenen Rumpf von Kugelform und zwei überlangen, kräftigen Beinen - ein Bild mühsam gezähmter Wildheit und Kraft.
Und auf der anderen Seite Grador Shako: knapp 1,80 Meter groß, ein bißchen wabbelig um die Mitte des Leibes, mit dem Gesicht eines Cherub und rotblonden Lockenhaaren. Man sah Grador nicht an, daß er es liebte, sich sportlich zu betätigen.
„Ich gebe dir eine Gelegenheit, Fremder, mein Vertrauen zu gewinnen." Amtraniks Stimme war hart. Die Eleganz der interkosmischen Sprache fiel seinem mörderischen Akzent zum Opfer. „Was geht auf diesem Planeten vor? Wie stark seid ihr Terraner, und wo ist euer Standort?"
Grador sah sich um. Im Halbdunkel des Kommandostands war ein Dutzend Roboter mit der Wahrnehmung der Routineaufgaben beschäftigt. Zwei Geschöpfe von Amtraniks Art saßen reglos in ihren Sesseln, offenbar schlafend.
„Wir sind mit einem einzigen Raumschiff hier", antwortete er. „Wir sind in Not. Als ich mit meinen Leuten euch entgegen kam, da wollten wir nicht Hilfe bringen, wie ich zuerst sagte, sondern um Hilfe bitten."
„Eure Not kümmert mich nicht", grollte der Barbar.
„Sie wird dich kümmern, sobald du auf Imbus landest."
„Imbus nennt ihr die Welt? Ich verstehe deine Worte nicht. Was habe ich mit eurer Not zu tun? Sie ist nicht die meine."
„Die gesamte Oberfläche des Planeten ist mit fremdartigen Kristallen durchsetzt. Von den Kristallen geht ein unheimlicher, gefährlicher Einfluß aus, der die Bewußtseine aller Wesen verwirrt und ihnen den Verstand raubt."
Amtraniks Blick war undurchdringlich. Grador hielt es für angebracht, das Thema noch weiter auszuschlachten.
„Habt ihr nicht die Verwirrung am
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