0996 - Der letzte Waffengang
konnte, dann würde ihm das einen großen Vorteil gegenüber seinem Feind verschaffen.
Marcel Pradel verließ den ersten Raum durch einen weiteren sich muskelartig schließenden und öffnenclen Zugang. Es kostete Salik keine Mühe, ihm während der nächsten Öffnungsphase zu folgen.
„Hier ist das Kommunikationszentrum", erklärte Pradel und deutete auf eine Wand der Lebenszelle, von der zu Bündeln vereinte Fasern hingen. Als der Eremit sich ihnen näherte, erhoben sie sich wie in -einem Luftzug und streckten sich ihm entgegen.
„Es genügt, wenn man unter die Kommunikatoren tritt", fuhr Pradel fort. „Das sind sehr empfindliche Perzeptoren, die auf Gehirnimpulse im Verein mit akustischen Signalen reagieren. Du kannst meinem Beispiel unbesorgt folgen, ich habe die Kontaktaufnahme bisher jedesmal unbeschadet überstanden."
Salik zögerte, als er sah, wie sich die Faserbündel auf Pradels Haupt legten und sich mit seinem Haar verwoben.
„Ich habe etwas gegen Gedankenkontrolle", sagte Salik.
„Das hier hat mit Telepathie nichts zu tun", erklärte Pradel und lächelte Salik aufmunternd zu. „Deine geheimsten Gedanken bleiben diesen Perzeptoren verborgen. Sie erfahren nur, was du ihnen mitteilen möchtest. Dein Unterbewußtsein bleibt unberührt, und dein Geist ist die ganze Zeit über wach. Du kannst dich zwischendurch mit mir unterhalten, wenn es dir beliebt."
Salik trat zögernd an die Wand. Sofort schwebten die Faserbündel empor. Wieder zögerte er, aber schließlich tat er doch den entscheidenden Schritt. Sofort senkten sich die Fasern, und die Berührung mit seiner Kopfhaut verursachte ihm ein Kribbeln.
Ich fürchte, daß ich im Begriff bin, eine Dummheit zu begehen, dachte Salik. Er hatte eine unbestimmte Ahnung, die jedoch aus dem tief in seinem Innern verschütteten Ritterwissen nicht den Weg zu seinem Bewußtsein fand.
Aber er schob seine Bedenken beiseite. Amtraniks Machtdemonstrationen hatten ihm gezeigt, daß er gar keine andere Wahl hatte, als diese Möglichkeit aufzugreifen. Wenn er sich die Technik der Ureinwohner nicht zunutze machen oder sie andernfalls nicht ausschalten konnte, war er so oder so verloren.
Ich bin ein Ritter der Tiefe, sagte er sich.
„Hast du Kontakt?" fragte Pradel.
Salik lauschte in sich, aber da waren keine fremden Impulse.
„Wie nennen sich die Ureinwohner?" erkundigte sich Salik.
„Ich habe ihren Namen nicht erfahren", antwortete Pradel. „Ich nenne sie in ihrer Gesamtheit, weil ich sie als Kollektiv sehe, einfach Bruder Amos. Das gefällt ihnen."
Hörst du mich, Bruder Amos? dachte Salik und wartete vergeblich auf eine Antwort. Er erinnerte sich daran, was Pradel ihm gesagt hatte, und wiederholt es laut: „Hörst du mich, Bruder Amos?"
„Ah, ja ...", erklang es verzerrt von den Wänden. Salik stellte fest, daß sich über den Faserbündeln porenartige Öffnungen gebildet hatten, die sich im Rhythmus der Laute dehnten und zusammenzogen.
„Ah, ja ...", wurde wiederholt, „... da ist ein Gast in der Stadt... auf daß du dich wohl fühlst ... Komfort können wir dir leider nicht bieten, müder Wanderer ... du weißt die Zeit hat eine gar zerstörerische Kraft ..."
„Ich bin nicht hier, um mich auszuruhen", sagte Salik.
„... dann hier zum Forschen ...", erklang es aus den porenartigen Sprechorganen der Lebenszelle. „Was erforschenswert ist, davon haben wir hier einiges. Es ist nicht genug geblieben, um filr dein Wohlergehen zu sorgen, aber reichlich, um deine Neugierde zu befriedigen."
„Ein Freund, der ständiger Gast auf Bruder Amos ist und mich hergeführt hat, sagte mir, daß es viele Zeugnisse eurer Technik gibt, die sich zu schauen lohnen", sagte Salik. „Diese möchte ich sehen."
„Ah, ja..."
Die verzerrte Stimme sagte nur dies, dann schwieg sie.
„Was hat das zu bedeuten?" fragte Salik an Pradel gewandt. „Wieso nimmt die Lebenszelle nicht Stellung zu meinen Wünschen? Habe ich etwas falsch gemacht?"
„Aber nein", sagte Pradel. Als er ihm den Kopf zuwandte, sah Salik, daß sein Blick verklärt war. „Bruder Amos hat dir seine Zustimmung gegeben. Er wird uns beide jetzt in das Reich der Technik seines Volkes führen. Wir sind schon auf dem Weg ..."
„Das ist Manipulation!" rief Salik und riß sich gewaltsam von den Faserbündeln los. Er schrie, als ein Schmerz wie von unzähligen Nadeln seine Schädeldecke durchraste. Er taumelte zur gegenüberliegenden Wand und stützte sich mit einer Hand ab. Das Plasma gab nach und begann
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