0999 - Heimkehr
Bordvideo", erklärte der Besucher. „Wir drehen an einer Komödie, in der Gucky eine gewisse Rolle spielt. Das paßt dem Kleinen nicht. Er hat uns ein unersetz-liches Requisit geklaut. Das bedeutet, daß die Dreharbeiten für mehrere Tage unterbro-chen werden müssen. Und dann ist es zu spät für die Sendung. In einigen Tagen wird die BASIS im Sonnensystem sein, und kein Mensch interessiert sich dann noch für unseren Film."
„Ich habe davon gehört", erwiderte Rhodan. „Ich habe mir Teile von fertiggestellten Sze-nen überspielen lassen. Ihr Regisseur war so freundlich, mir Einblick zu geben.
Leider kann ich nur sagen, daß ich den Kleinen verstehe. Sie und Ihre Kollegen scheinen völlig mißverstanden zu haben, was unter künstlerischer Freiheit zu verstehen ist. Sie betreiben eine böswillige Verunglimpfung, und daher dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Gucky auf seine Art reagiert."
„Sie billigen, was er getan hat?" fragte Jordan.
„Ich billige überhaupt nichts", entgegnete Rhodan. „Reichen Sie Klage beim Bordgericht ein, wenn Sie wollen. Ich bin nicht bereit, in diesem Fall etwas zu tun."
Jordan setzte zu einem wütenden Protest an, in dem er Rhodan auseinandersetzen wollte, daß die Gesellschaft der terranischen Menschheit von Grund auf geändert werden müßte.
„Die Ereignisse des letzten Jahres haben eindeutig gezeigt, daß die Menschheit nicht das Recht hat, sich in das kosmische Geschehen einzumischen. Uns bleibt keine andere Wahl. Wir müssen zurück zum einfachen Leben. Nur wenn wir landwirtschaftliche Kom-munen errichten, werden wir wieder zu dem Gespräch kommen, das uns die Zukunft öff-net."
Rhodan unterbrach ihn.
„Ich bin gern bereit, Ihnen bei anderer Gelegenheit zu antworten", erwiderte er, ohne auf die wirren Ideen des Chutaristen einzugehen. Er hatte schon genügend von den Parolen der Anhänger dieses Intellektuellen gehört, und er hatte weder Lust noch Zeit, sich auf ein Streitgespräch mit einem von ihnen einzulassen.
„Ich habe mit einer ähnlich hochnäsigen Reaktion von Ihnen gerechnet", erklärte Jordan gereizt. „Man hat mir gesagt, daß es sinnlos ist, zu Ihnen zu gehen, weil Sie sich noch immer in einem Haudegen-Denken bewegen und grundsätzlich alles verteidigen, was die sogenannten Helden der ersten Stunde anrichten. Nun gut, dann drehen wir die Story eben ohne diese Maske ab, mit der wir Gucky nur schonen wollten. Dann wird eben jeder von Anfang an wissen, wen wir meinen."
Rhodan lachte lautlos, als Jordan die Kabine verlassen hatte. Die letzten Worte des Chutaristen zeigten, wie wenig ernst zu nehmen der Filmemacher war.
Das war das Problem, mit dem er sich auseinander zu setzen hatte. Die Menschheit hat-te einen großen Schritt in Richtung ihrer kosmischen Zukunft getan, aber nur wenige hat-ten begriffen, was wirklich geschehen war. Ein geschichtlicher Abschnitt, von überragender Bedeutung lag hinter ihnen. War die Menschheit bereit für den nächsten Schritt, oder mußte ihr erst einmal nahegebracht werden, was sich ereignet hatte?
Rhodan mußte an den jungen Mann denken, der gerade seine Kabine verlassen hatte.
Fraglos zählte er zu den intelligentesten an Bord der BASIS, aber er schreckte offenbar vor dem zurück, was vor allen lag. Er wagte es nicht, sich mit dem wirklichen Geschehen in seiner ganzen Tragweite auseinander zu setzen und zog es statt dessen vor, einer ver-sponnenen Idee eines anderen Intellektuellen zu folgen, weil diese ihm ein einfacheres Leben versprach, das keine großen Anforderungen an ihn stellte. Er zog es vor, den Kopf in den Sand zu stecken und sich dem kosmischen Atem zu verschließen, der die Menschheit gestreift hatte. Um die Wahrheit zu verdrängen, umhüllte er sich mit einem Wust von Argumenten.
Niemand verwehrte es ihm und den anderen Chutaristen, sich irgendwo in der Galaxis auf einem einsamen und unbewohnten Planeten anzusiedeln und dort nach der Idee zu leben, die sie für richtig hielten. Aber darauf kam es Chutar und seinen Anhängern nicht an. Sie wollten ja nicht wirklich ein solches Leben führen, sie wollten verhindern, daß die Menschheit weiter in Richtung Kosmos schritt, weil sie sich vor dem Risiko und den hohen Ansprüchen fürchteten, die damit verbunden waren.
Die Chutaristen hätten auch nur ein untergeordnetes Problem dargestellt, wenn sie sich darauf beschränkt hätten, für ihre eigene Zukunft zu planen. Sie waren jedoch bestrebt, ihre Ideen der Mehrheit aufzuzwingen und nutzten dazu die
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