1. Die Connor Boys: Komm ich zeig dir wie man liebt
mit Geheimhaltung.
Damit waren ihm die Hände gebunden. Bei einer Adoption mit Geheimhaltung wurde die Identität der adoptierenden Eltern durch einen Berg gesetzlicher Bestimmungen geschützt. Außerdem war eine Adoption in dem Staat, wo sie stattgefunden hatte, nach einem Jahr nicht mehr anfechtbar. Das bedeutete aber auch, dass ein lediger Vater dann keine Rechte mehr
geltend machen konnte. Gordon verstand, dass diese Gesetze nötig waren. Sie sollten das Kind und die Adoptiveltern schützen. Das taten sie auch. Bloß für einen ledigen Vater wie ihn war das schlimm und ungerecht.
Gordon hatte nur noch eine Möglichkeit. Wenn er Sylvie des Be trugs überführen konnte, weil sie bei der Adoption den Vater nicht angegeben hatte, würde das Gericht ihn anhören.
Sie hatte gelogen und behauptet, sie wäre mit einem Dutzend Männer zusammengewesen und wüsste nicht, von wem das Kind sei. Tests, mit denen seine Vaterschaft hätte nachgewiesen werden können, ließen sich nur machen, wenn er an seine Tochter herankäme. Aber das ginge nur per Gerichtsbeschluss, und kein Gericht würde sich des Falles annehmen, weil Aussage gegen Aussage stand.
Seine Augen brannten inzwischen von dem kalten Wind. Es schmerzte immer noch, wie Sylvie ihn hintergangen hatte, aber er machte sich nichts vor - es war auch seine Schuld, dass er seine Tochter auf diese Weise verloren hatte. Dasselbe hätte ihm auch bei irgendeiner der vielen anderen Frauen vor Sylvie passieren können, denn er war nie mit solchen Frauen zusammengewesen, die ein Mann seiner Mutter vorstellen würde. Und das sagte eine Menge über ihn aus.
Eiskalte Wellen umspülten jetzt seine Schuhe. Das Schneegestöber wurde dichter. Eigentlich hätte er umkehren sollen, doch gedankenverloren setzte er einen Fuß vor den anderen.
Wieder dachte er an Kirstin, und die Erinnerung an Sylvie verblasste sofort. Kirstin war so warmherzig und voll Idealismus, dass sie wahrscheinlich noch an einem hartgesottenen Verbrecher etwas Liebenswertes entdecken würde. Also durfte er auf ihre Meinung nichts geben. Dennoch tat er das. Wenn er mit ihr zusammen war, wollte er der nette Mensch sein, den sie in ihm sah.
Es war nicht gut, dass er sie wollte. Dass er sie brauchte. Und es war noch weniger gut, dass er sich wie ein verdammter Narr in sie verliebt hatte.
Er konnte ihr nichts bieten, außer einer unsicheren Zukunft und einer Vergangenheit voller Fehler. Er hatte viel Erfahrung mit Sex, aber über die Liebe, die wahre Liebe, wusste er so gut wie nichts. Kein Mann konnte weniger geeignet sein, den Platz an ihrer Seite einzunehmen als er.
Bereits einmal hatte ein unschuldiger Mensch den Preis für seine Selbstsucht bezahlt. Das sollte nicht wieder vorkommen. Das beste war, er hielte sich von ihr zurück, auch wenn sie ihm das nicht gerade leicht machte. Aber in Zukunft, so nahm er sich vor, wollte er sic h wirklich beherrschen.
Er würde Kirstin nicht mehr anfassen.
6. KAPITEL
„Mom? Glaubst du, Gordon wird mitkommen?"
„Ich weiß es nicht, meine Süße. Wir können nicht mehr tun, als ihn fragen."
„Aber ich darf ihn fragen, ja?"
„Ja, du darfst ihn fragen", bestätigte Kirstin lächelnd. Sobald sie in der Einfahrt hielt, sprang Mellie aus dem Wagen und hüpfte den Weg hinauf. Mit den behandschuhten Fäusten klopfte sie kräftig gegen die Haustür.
Kirstin verspürte ein leichtes Schuldgefühl, weil sie ihre Tochter für etwas vorschickte, was sie selbst hätte machen sollen. Aber Mellie konnte man schlecht etwas abschlagen. Bei einer Frau, die ihn mit Blaubeerkuchen bewarf, über ihre eigenen Füße stolperte und ihn mit ihren Küssen in Verlegenheit brachte, hatte er da sicher kein Problem, nein zu sagen.
Nach dem Vorfall gestern Abend glaubte er sicher schon, sie würde sich regelmäßig fremden Männern an den Hals werfen. Ihr Ego war stark angeknackst. Dass es eine Anziehungskraft zwischen ihnen gab, hatte sie sich wohl nur eingebildet. Und falls er tatsächlich jemanden brauchte, dann offenbar nicht sie.
Kirstin wollte ihn nicht quälen. Sie war entschlossen, dafür zu sorgen, dass es zu keiner verfänglichen Situation mehr kam. Das bedeutete jedoch nicht, dass sie ihn künftig meiden würde.
Während Mellie gegen die Tür hämmerte, ging von oben nach unten in den einzelnen Etagen das Licht an. Dann öffnete sich die Tür, und Gordon erschien. Er trug ein ausgebeultes schwarzes Sweatshirt und eine Jeans. Sein zerzaustes Haar glänzte im Schein der
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