1 Fatale Bilanz - Ein Hamburg-Krimi
Warnleuchten auf, als sie abrupt zum Stehen kam.
Ein lauter Knall und ein harter Ruck. Ihr Hintermann war ihr aufgefahren, der Geländewagen einige Meter vor ihr zum Stehen gekommen.
Alex’ Herz raste. Selbst, wenn Kranz bemerkt hatte, dass sie in seinem Büro gewesen war, konnte er doch nicht … offenbar doch. Eine andere Erklärung gab es nicht. Sie schüttelte den Kopf, um Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Für lange Überlegungen war keine Zeit. Der LKW vor ihr war weitergefahren, als sei nichts passiert.
Was war mit dem Geländewagen? Als ob die Fahrer Alex’ stumme Frage gehört hätten, öffnete sich die Beifahrertür. Ein Mann stieg aus. Kräftige Statur, helle Windjacke, Jeans. Eine dunkle Sonnenbrille verdeckte den Großteil seines Gesichts. Die Beschreibung würde Sven brauchen, um … Wut verdrängte ihre Angst. Wenn die glaubten, sie würde sich widerstandslos erschießen lassen, dann hatten sie sich geirrt. Für wie bescheuert hielten die sie eigentlich?
Der Mann kam näher, die Pistole dicht an seinen Oberschenkel gepresst.
Alex trat das Gaspedal durch. Den Blick auf ihren Angreifer gerichtet, das Lenkrad fest umklammert, hielt sie auf ihn zu. Der Zusammenstoß würde heftig werden. Das Motorengeräusch hallte schmerzhaft in ihren Ohren wider. Absurderweise schossihr durch den Kopf, dass Dirk sie dauernd ermahnte, rechtzeitig hochzuschalten. Diesmal bestimmt nicht. Trotz der Sonnenbrille erkannte sie das Entsetzen des Mannes. Ein ungezielter Schuss durchschlug ihre Windschutzscheibe auf der Beifahrerseite. Dann sprang er panisch zur Seite.
Direkt hinter der Baustelle stand der LKW, den sie vorgelassen hatte, auf dem Seitenstreifen. Vielleicht hatte der Fahrer den Angriff auf sie mitbekommen. Aber anzuhalten würde sie nicht weiterbringen, der Trucker konnte ihr gegen die bewaffneten Männer nicht helfen.
Sie beschleunigte auf 200 km/h und raste über die Autobahn. Auf längerer Strecke hatte sie gegen den Mercedes keine Chance, aber jetzt musste sie ihren Vorsprung nutzen. Mit Hupe und Lichtsignalen jagte sie langsamere Autofahrer von der linken Spur.
Kaum hatte sie freie Fahrt, zog sie das Handy aus der Hosentasche und drückte auf die Wahlwiederholung.
»Jemand hat auf mich geschossen!«
Alex hatte mit Fragen oder Vorwürfen gerechnet, aber Sven blieb völlig ruhig. »Wo bist du?«
»Gerade an Barsbüttel vorbei. Auf der A1, ein Mercedes-Geländewagen, schwarz. Der ist irgendwo hinter mir.«
»Bleib auf der Autobahn. Fahr nicht in Ahrensburg ab. Da ist nur ein kleines Gewerbegebiet, das hilft dir nicht weiter. Du fährst mit Höchstgeschwindigkeit weiter nach Bad Oldesloe. Das dauert keine fünf Minuten länger. Unmittelbar hinter der Ausfahrt ist auf der linken Seite die Station der Autobahnpolizei. Wir sagen den Kollegen Bescheid, dass du kommst. Vielleicht ist sogar jemand in der Nähe, der dir helfen kann, oder sie kommen dir entgegen. Ich bin auch schon fast auf der Autobahn. Du musst jetzt unbedingt ruhig bleiben.«
»Kein Problem.«
Das war eine glatte Lüge. Ihr Finger zitterte, als sie die Verbindung trennte, und ihre Hände waren so feucht, dass sie kaumdas Lenkrad halten konnte. Doch Svens unerwartete Gelassenheit war ein Trost. Ängstlich schaute sie immer wieder in den Rückspiegel.
Bis Ahrensburg konnte sie ihr Tempo beibehalten, dann zwang das hohe Verkehrsaufkommen sie zu bremsen.
»Scheiße!«
Wo blieb nur Sven? Energisch rief sie sich zur Ordnung, fliegen konnte er nicht.
Der Opel vor ihr dachte nicht daran, die Spur freizugeben. Der Fahrer fuhr konstant die erlaubten 120 km/h. »Fahr doch rüber, du Idiot, neben dir ist doch keiner!« Mit hoch gestrecktem Mittelfinger zog Alex rechts an dem Mann mit Hut vorbei. »Typisch! Da fehlt nur die umhäkelte Klorolle auf der Hutablage.« Sie wechselte auf die linke Spur zurück und beschleunigte wieder.
Beim nächsten Blick in den Rückspiegel blieb ihr fast das Herz stehen. Ein weinroter Audi klebte an ihrer Stoßstange. Mit Verspätung realisierte sie das eingeschaltete Blaulicht auf dem Armaturenbrett ihres Hintermannes.
Jetzt war sie es, die auf der falschen Seite überholt wurde. Der zivile Polizeiwagen setzte sich direkt vor sie. Im Heckfenster leuchtete der Schriftzug »Polizei, bitte folgen!«. Der Audi wurde langsamer, bis er mit den erlaubten 120 km/h fuhr, und wechselte auf die mittlere Spur. Irritiert folgte sie ihm. So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Bei dem Tempo war es eine Frage von
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