1 Ranch des Schicksals - Warum bist du so kühl, Geliebte?
gerechnet, gleich hier zu übernachten.“
„Ich weiß ja nicht, wie das heutzutage bei der Armee ist, aber mein Tipi ist wesentlich komfortabler als die Baracken meiner Armeezeit.“ Mit schief gelegtem Kopf musterte Logan sein Zelt, dessen Balken auf die ersten Sterne am sich rötenden Abendhimmel zeigten. „Ich habe es übrigens selbst bemalt“, fügte er hinzu.
Auf einer Seite des Eingangs sah Mary einen heulenden grauen Wolf, dessen Fußspuren ums Zelt herumführten. Auf der anderen Seite befand sich ein Pferd, das Schutz zu suchen schien und dabei ebenfalls Spuren hinterlassen hatte. Was Logan wohl auf die Rückseite gemalt hatte?
„Dann waren Sie also auch bei der Armee?“
„Ja, im Golfkrieg. Es gibt vermutlich kaum einen Indianer, der nicht irgendwann mal beim Militär war.“ Seufzend schüttelte er den Kopf und blickte zum Himmel hoch.
„Gilt das auch für Ihre Frauen?“
„Für einige schon, aber insgesamt ist das Militär doch eher Männersache.“
„Wirklich?“
Logan grinste. „Ja, wirklich.“
Lass es gut sein, Mary. Wechsle unauffällig das Thema. Keine Chance.
„Würden Sie Ihre Tochter zur Armee lassen?“
„Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht.“ Nachdenklich trank Logan einen Schluck kalt gewordenen Kaffee und presste die vollen Lippen zusammen. „Vermutlich würde ich diese Entscheidung ihr überlassen, wenn ich eine Tochter hätte. Aber grundsätzlich wollen Männer ihre Frauen und Kinder beschützen.“
„Beschützen oder kontrollieren?“
Logan schwieg einen Moment. „Mein älterer Sohn hat sich nie zur Armee gemeldet. Und der Jüngere …“ Logan zuckte die Achseln. „Das Militär passte nicht zu ihm. Er hat sich unentschuldigt von der Truppe entfernt und wurde anschließend rausgeschmissen.“
„Sie haben mir immer noch nicht erzählt, wo Ihre Söhne jetzt sind.“
Logan zuckte ausweichend die Achseln und wies mit dem Kinn auf Marys noch vollen Teller. Sie hatte in der letzten Zeit auffallend wenig Appetit und ihr Fleisch und ihre Bohnen daher kaum angerührt. „Tut mir leid, dass es Ihnen nicht schmeckt“, sagte er. „Leider bin ich kein besonders guter Koch.“
„Ich auch nicht.“ Mary leerte ihren Teller über dem Feuer aus. „Nein, das Essen ist in Ordnung. Aber meine Mutter gibt mir gar nicht erst die Chance, hungrig zu werden. Ich liege ihr ständig in den Ohren, sich auszuruhen, aber jedes Mal, wenn ich ihr den Rücken zudrehe, schleicht sie sich heimlich in die Küche, um Töpfe und Pfannen zu schwingen.“
„Ich liebe das Geräusch von klappernden Töpfen. Ist schon eine ganze Weile her, dass ich es gehört habe.“
„Bei mir auch.“
„Normalerweise esse ich, was gerade da ist.“
„Ich weiß, was Sie meinen.“ Mary stellte den blauen Emailleteller weg. „Logan, ich würde wirklich gern hier übernachten, aber was ist mit meiner Mutter? Ich käme mir total selbstsüchtig vor. Schließlich bin ich extra ihretwegen zurückgekehrt. Ich sollte eigentlich alles stehen und liegen lassen und ihr die Aufmerksamkeit schenken, die sie nie …“
Seufzend brach sie ab und schüttelte den Kopf – ähnlich wie Logan gerade eben. Warum erzählte sie ihm das eigentlich? Offensichtlich hatte er selbst Probleme – über die er eindeutig nicht reden wollte. Das sagte eine Menge über ihn aus.
„Aber ich ertrage es einfach nicht, die ganze Zeit dort zu sein“, fuhr sie fort. „Ich würde irgendwann bestimmt durchdrehen, das Falsche sagen und …“
Sie verstummte und drehte sich zum Roundpen um. Der Mustang stand ganz still, die Ohren in ihre Richtung geneigt, als ob ihre Unterhaltung auch ihn anging. Mary musste unwillkürlich lächeln. „Ich bin sehr glücklich über dieses Projekt hier, und meine Mutter hat dafür volles Verständnis. Außerdem bietet es mir einen willkommenen Vorwand, meinem Vater aus dem Weg zu gehen.“
„Gut. Ich möchte nämlich so schnell wie möglich mit der Basisarbeit anfangen. Und das heißt, dass immer jemand von uns hier sein sollte.“ Als Mary ihn fragend ansah, fügte er hinzu: „Rund um die Uhr, um genau zu sein.“
„Klingt nach einem festen Plan.“
„Morgen Nachmittag zum Beispiel bräuchte ich Sie hier. Dann habe ich nämlich eine Stammesrat-Ausschusssitzung.“
„Kein Problem, wenn ich bis dahin ein Fahrzeug auftreiben kann“, antwortete sie munter. „Ich bin gut im Pläne-Einhalten.“
„Immerhin schon mal einer von uns.“
Logan machte es grundsätzlich nichts aus, Mary
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