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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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in der Herrentoilette zu suchen?«
    »Die Tür stand offen, da habe ich ihn liegen sehen«, log ich, ohne darüber nachzudenken.
    Der Kellner nickte und räumte damit die Möglichkeit eines solchen Hergangs ein. Gleichzeitig packte er mich jedoch fest am Ellbogen.
    »Sie müssen auf die Miliz warten, meine Dame.«
    Inzwischen hatte sich Swetlana zu uns durchgedrängelt und kniff die Augen zusammen, kaum hatte sie die letzten Worte aufgeschnappt. Das hatte noch gefehlt: dass sie den Umstehenden das Gedächtnis löschte!
    »Natürlich, selbstverständlich.« Ich machte einen Schritt, worauf der Kellner unwillkürlich meine Hand freigab und hinter mir herkam. »Sweta, da ist etwas Fürchterliches geschehen. Eine Leiche.«
    »Olga.« Swetlana reagierte richtig. Umarmte mich, bedachte den Kellner mit einem ungehaltenen Blick und wollte mich zu den Tischen zurückziehen.
    In diesem Moment stürmte der Junge an uns vorbei, nachdem er sich seinen Weg durch die sensationslüsterne, neugierige Menge hindurch gebahnt hatte. Heulend stürzte er sich auf seine Mutter, die man gerade von der Leiche wegzog. Die Frau hatte die allgemeine Aufregung genutzt, um sich noch einmal neben ihren toten Mann fallen zu lassen und ihn zu rütteln.
    »Steh auf! Gena, steh auf! Steh sofort auf!«
    Ich spürte, wie Swetlana zusammenzuckte, als sie diese Szene beobachtete.
    »Nun?«, flüsterte ich. »Sollen wir die Dunklen mit Feuer und Schwert ausrotten?«
    »Warum hast du das getan? Ich hätte es auch so verstanden!«, zischte Swetlana böse zurück.
    »Was?!«
    Wir sahen einander an.
    »Das warst nicht du?«, fragte Sweta unsicher. »Entschuldige, aber das hatte ich geglaubt.«
    In dieser Sekunde begriff ich, dass ich wirklich in der Klemme saß. Der Ermittler interessierte sich nicht sonderlich für mich. In seinen Augen las ich die bereits gefasste Meinung: natürlicher Tod. Ein schwaches Herz, Missbrauch von Drogen, das Übliche halt. Mit einem Mann, der in teuren Restaurants verkehrte, hatte er kein Mitleid – und brauchte es nicht zu haben.
    »Die Leiche hat so gelegen?«
    »Ja, so«, bestätigte ich müde. »Fürchterlich!«
    Der Ermittler zuckte die Achseln. Etwas Fürchterliches konnte er an dieser Leiche nicht entdecken, sie schwamm ja noch nicht mal in Blut.
    »Ja, ein schrecklicher Anblick«, entgegnete er trotz allem voller Großmut. »War jemand in der Nähe?«
    »Nein. Später ist eine Frau aufgetaucht, die Ehefrau der Leiche, mit ihrem Sohn.«
    Ein schiefes Lächeln belohnte mich für diese absichtlich wirre Rede.
    »Vielen Dank, Olga. Möglicherweise werden wir uns noch einmal mit Ihnen in Verbindung setzen. Sie haben doch nicht vor, die Stadt zu verlassen?«
    Eifrig bewegte ich den Kopf hin und her. Die Miliz beunruhigte mich nicht im Mindesten.
    Der Chef, der bescheiden an einem Ecktisch saß, dagegen umso mehr.
    Der Ermittler ließ mich in Ruhe und wandte sich der »Ehefrau der Leiche« zu. Boris Ignatjewitsch kam langsam auf unseren Tisch zu. Offensichtlich schirmte ihn ein leichter Ablenkungszauber ab, denn niemand achtete auf ihn.
    »Reingefallen?«, fragte er bloß.
    »Wir?«, präzisierte ich vorsichtshalber.
    »Ja. Ihr. Genauer gesagt, du.«
    »Ich habe mich genau an die Anweisungen gehalten, die mir gegeben wurden«, flüsterte ich hitzig. »Und diesen Magier nicht mit dem Finger angerührt!«
    Der Chef seufzte. »Das bezweifle ich gar nicht. Aber wie konntest du, ein erfahrener Mitarbeiter der Wache, nur so dumm sein und dem Dunklen ganz allein an einen abgeschiedenen Ort nachstürzen, obwohl du über alles im Bilde bist?«
    »Wer hätte denn so was voraussehen können?«, empörte ich mich. »Wer?«
    »Du. Warum greifen wir denn zu solchen Maßnahmen, maskieren dich in einer Weise, die ohne Beispiel ist? Wie lauteten deine Anweisungen? Keine Minute solltest du allein bleiben! Keine Minute! Essen, schlafen – alles solltest du zusammen mit Swetlana machen. Ihr solltet zu zweit duschen! Gemeinsam zur Toilette gehen! Damit du für jeden, absolut jeden Moment ein …« Der Chef seufzte und verstummte.
    »Boris Ignatjewitsch«, mischte sich Swetlana überraschend ins Gespräch ein. »Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Lassen Sie uns lieber überlegen, was wir nun machen können.«
    Leicht verwundert blickte der Chef sie an. Dann nickte er. »Das Mädchen hat Recht. Lasst uns überlegen. Fangen wir damit an, dass die Situation sich katastrophal verschlechtert hat. Wenn Anton bislang nur indirekt verdächtig gewesen ist,

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