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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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aus einem einzigen Grund darüber auf, Anton, dass der Chef Sweta so entschlossen nach oben zieht.«
    »Weil meine Zeit abläuft«, sagte ich. »Mir wie Sand durch die Finger rinnt, wie Regen vom Himmel strömt.«
    »Deine Zeit? Eure, Anton.«
    »Sie war nicht unsere, niemals.«
    »Warum nicht?«
    Tatsächlich, warum eigentlich nicht? Ich zuckte mit den Schultern. »Manche Tiere vermehren sich in der Gefangenschaft nicht.«
    »Schon wieder!«, empörte sich die junge Frau. »Was für eine Gefangenschaft? Du solltest dich für sie freuen. Swetlana wird der Stolz der Lichten werden. Du hast sie entdeckt, nur du konntest sie retten.«
    »Wozu? Für die nächste Schlacht mit den Dunklen? Eine überflüssige Schlacht?«
    »Anton, du redest jetzt wirklich wie ein Dunkler. Du liebst sie doch! Dann fordere nichts, verlange keine Gegenleistung! Das ist der Weg des Lichts!«
    »Da, wo die Liebe anfängt, enden Licht und Dunkel.«
    Empört verstummte die Frau. Traurig schüttelte sie den Kopf. Widerwillig sagte sie: »Du könntest zumindest eins versprechen …«
    »Kommt drauf an, was.«
    »Dass du vernünftig bist. Den alten Gefährten vertraust.«
    »Ich verspreche es zur Hälfte.«
    Tigerjunges seufzte. »Hör mir mal zu, Anton«, presste sie widerstrebend hervor. »Wahrscheinlich glaubst du, ich würde dich überhaupt nicht verstehen. Das stimmt nicht. Ich wollte nämlich gar keine Tierfrau werden. Ich hatte Fähigkeiten als Heilerin, die nicht von der Hand zu weisen waren.«
    »Wirklich?« Erstaunt sah ich sie an. Das hätte ich nie gedacht.
    »Ja, tatsächlich«, bestätigte sie leichthin. »Doch als ich vor der Wahl stand, welche Seite der Kraft ich entwickeln sollte, hat der Chef mich zu sich gerufen. Wir haben zusammengesessen, Tee getrunken und Gebäck gegessen. Und uns sehr ernst unterhalten, wie Erwachsene, obwohl ich noch ein kleines Mädchen war, jünger als Julja jetzt. Darüber, was das Licht braucht, was für die Wache notwendig ist, was ich erreichen kann. Und wir beschlossen, dass ich die Fähigkeiten zur Kampftransformation entwickeln solle, auf Kosten aller anderen Anlagen. Anfangs hat mir das nicht so richtig gefallen. Hast du eine Ahnung, wie schmerzhaft es ist, sich zu verwandeln?«
    »In einen Tiger?«
    »Nein – in einen Tiger, das ist nichts. Zurück ist es schwer. Aber ich habe es ausgehalten. Weil ich dem Chef geglaubt habe, weil ich verstanden habe, dass es richtig ist.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt bin ich glücklich«, sagte die Frau eifrig. »Wenn ich mir vorstelle, was ich verlieren würde, womit ich mich befassen müsste. Die Kräuter, Zauber, die Scherereien mit einem verzerrten Psychofeld, der Kampf gegen schwarze Strudel und schwarze Magie …«
    »Blut, Schmerzen, Angst, Tod«, brachte ich vielsagend hervor. »Ein Kampf, der gleichzeitig in zwei oder drei Schichten der Realität stattfindet. Das Feuer meiden, Blut trinken, alles durchmachen.«
    »Das ist der Krieg.«
    »Ja, vermutlich. Aber musst ausgerechnet du an vorderster Front kämpfen?«
    »Aber irgendjemand muss es doch tun, oder? Und letzten Endes hätte ich sonst nicht dieses Haus.« Tiger machte eine Handbewegung, die das ganze Wohnzimmer einbezog. »Du weißt selbst, dass man als Heilerin nicht viel verdienen kann. Du kannst mit aller Kraft heilen, aber dann mordet jemand ohne Ende.«
    »Du hast ein schönes Haus«, versicherte ich. »Aber bist du denn oft hier?«
    »Wie es sich ergibt.«
    »Ich nehme an, nicht sehr oft. Du übernimmst eine Schicht nach der nächsten, drückst dich nie.«
    »So bin ich halt.«
    Ich nickte. Im Grunde war ich nicht anders. »Ja, du hast Recht. Ich bin vermutlich müde. Deshalb brabbel ich diesen Unsinn.«
    Tigerjunges sah mich argwöhnisch an, offenbar verblüfft von dieser raschen Kapitulation.
    »Ich will hier noch ein bisschen mit meinem Glas in der Hand sitzen«, fügte ich hinzu. »Mich allein so richtig schön betrinken, am Tisch einschlafen und mit Kopfschmerzen aufwachen. Dann geht es mir gleich besser.«
    »Nur zu«, sagte die Zauberin mit einer Spur von Misstrauen. »Wozu sind wir denn hierher gekommen? Die Bar ist offen, nimm dir, wonach dir der Sinn steht. Wollen wir zu den andern? Oder soll ich bei dir bleiben?«
    »Nein, lieber bin ich allein«, sagte ich, indem ich mit der Hand die bauchige Flasche tätschelte. »So richtig beschissen, ohne einen Happen dazu, ohne Freunde. Wenn ihr schwimmen geht, schau doch mal rein. Vielleicht kann ich mich dann noch

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