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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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ich mich erinnern kann.«
    Alischer nickte. Doch nichts ließ erkennen, ob ihn die Worte Gesers freuten oder ob er ihm einfach jeden Wunsch erfüllt hätte.
    »Wir haben eine halbe Stunde«, meinte Geser beiläufig. »Dann tauchen die Dunklen hier auf. Sie haben deine Spur doch noch aufgenommen. Zu spät zwar, aber immerhin.«
    »Wird es einen Kampf geben, Herr?«
    »Ich weiß es nicht.« Geser zuckte mit den Achseln. »Was spielt das schon für eine Rolle? Sebulon ist weit weg. Vor den andern habe ich keine Angst.«
    »Es wird einen Kampf geben«, meinte Alischer gedankenverloren. Und ließ den Blick durchs Restaurant wandern.
    »Vertreibe die Gäste«, riet Geser. »Sanft, unaufdringlich. Ich will mir deine Technik anschauen. Dann werden wir uns entspannen und auf unsern Besuch warten.« Gegen elf wachten die andern allmählich auf.
    Ich wartete auf der Terrasse, in einem Liegestuhl, die Beine ausgestreckt und von Zeit zu Zeit an meinem Strohhalm nuckelnd, der in einem hohen Glas mit Gin Tonic steckte. Es ging mir gut, wie ein Masochist genoss ich den süßen Schmerz. Sobald jemand in der Tür erschien, winkte ich ihm einen freundlichen Gruß zu und schenkte ihm einen kleinen Regenbogen, der aus meinen gespreizten Fingern in den Himmel hinaufschoss. Ein Kinderspaß, über den alle lachen mussten. Als die gähnende Julja diesen Gruß sah, kreischte sie und schickte mir einen Regenbogen zurück. Zwei Minuten lang wetteiferten wir, dann bauten wir aus den beiden Bögen einen neuen, relativ großen, der bis in den Wald reichte. Julja teilte uns mit, sie werde jetzt den Topf mit dem Gold suchen, und schritt stolz unter dem bunten Gewölbe einher. Einer der Terrier rannte gehorsam neben ihr her.
    Ich wartete.
    Als Erste von denen, auf die ich wartete, tauchte Lena auf. Eine lustige, muntere Frau im Badeanzug. Als sie mich sah, schien sie einen Moment lang peinlich berührt, nickte dann aber und lief zum Tor. Was für eine Freude, zu sehen, wie sie sich bewegte, diese schlanke, wohlgeformte Frau voller Leben. Jetzt würde sie ins kalte Wasser springen, sich allein austoben und mit frischem Appetit zum Frühstück kommen.
    Als Nächstes erschien Ignat auf der Bildfläche. In Badehosen und Gummilatschen. »Hallo, Anton!«, rief er fröhlich. Er kam auf mich zu, zog einen Liegestuhl heran und ließ sich auf ihn plumpsen. »Wie ist die Stimmung?«
    »Kämpferisch!«, teilte ich mit und hob das Glas an.
    »Tüchtig.« Ignat blickte sich suchend nach der Flasche um, fand sie aber nicht, steckte sich den Strohhalm zwischen die Lippen und trank völlig unbekümmert aus meinem Glas. »Zu schlaff, du verdünnst ja.«
    »Ich hab gestern Abend mehr als genug gehabt.«
    »Stimmt, du solltest dich schonen«, riet Ignat. »Wir haben gestern den ganzen Abend bloß Sekt getrunken. In der Nacht haben wir dann mit Kognak angefangen. Ich hatte schon Angst, der Kopf würde mir heute platzen, ist aber nicht der Fall. Glück gehabt.«
    Man konnte ihm nicht einmal böse sein.
    »Was wolltest du als kleiner Junge werden, Ignat?«, fragte ich.
    »Krankenpfleger.«
    »Was?«
    »Na ja, es hieß, dass Jungs nicht Krankenschwester werden können, und ich wollte Menschen gesund machen. Deshalb beschloss ich, Krankenpfleger zu werden, wenn ich groß bin.«
    »Klasse«, begeisterte ich mich. »Und warum nicht Arzt?«
    »Die Verantwortung war mir zu groß«, gestand Ignat selbstkritisch ein. »Außerdem hätte ich zu lange studieren müssen.«
    »Und? Bist du Krankenpfleger geworden?«
    »Ja. Ich bin im Notarztwagen mitgefahren, für die Psychiatrie. Alle Ärzte haben gern mit mir zusammengearbeitet.«
    »Warum?«
    »Erstens weil ich sehr charmant bin«, lobte sich Ignat treuherzig selbst. »Ich konnte sowohl mit Frauen wie auch mit Männern auf eine Weise reden, dass sie sich beruhigten und einer Einlieferung ins Krankenhaus zustimmten. Zweitens sah ich, wann ein Mensch wirklich krank war und wann er das Unsichtbare sah. Manchmal konnte ich jemanden beiseite ziehen, ihm klar machen, dass alles in Ordnung sei und wir auf eine Spritze verzichten könnten.«
    »Der Medizin ist einiges entgangen.«
    »Ja.« Ignat seufzte. »Aber der Chef hat mich überzeugt, dass ich der Wache von größerem Nutzen sein würde. Und das stimmt doch auch, oder?«
    »Sicherlich.«
    »Ich langweile mich hier schon«, meinte Ignat nachdenklich. »Du nicht? Ich sehne mich bereits nach der Arbeit.«
    »Ich wahrscheinlich auch. Hast du ein Hobby, Ignat? Neben der Arbeit?«
    »Was

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