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1 - Wächter der Nacht

1 - Wächter der Nacht

Titel: 1 - Wächter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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die Zwielicht-Welt ein.
    Um das Gebäude herum hatten sie eine Kette gebildet.
    Die merkwürdigste Kette, die ich je gesehen hatte. Dunkle und Lichte abwechselnd. Ich entdeckte Semjon, nickte ihm zu und erntete als Antwort einen ruhigen, leicht vorwurfsvollen Blick. Tigerjunges, Bär, Ilja, Ignat …
    Wann waren sie alle herbeigerufen worden? Während ich durch die Stadt gestrichen war und Kraft gesammelt hatte? War wohl nichts mit Urlaub, was, Jungs?
    Und die Dunklen. Selbst Alissa fehlte nicht. Es war schrecklich sie anzusehen: Das Gesicht der Hexe ähnelte einer zerknitterten und wieder geglätteten Papiermaske. Offenbar hatte Sebulon nicht gelogen, als er ihre Bestrafung angekündigt hatte. Neben Alissa stand Alischer, und als ich seinen Blick auffing, begriff ich, dass die beiden einen tödliche Kampf austragen würden. Vielleicht nicht jetzt. Aber irgendwann auf alle Fälle.
    Ich ging durch den Ring.
    »Sperrgebiet«, sagte Alischer.
    »Sperrgebiet«, echote Alissa.
    »Ich bin berechtigt.«
    In mir trug ich genug Kraft, um auch ohne Erlaubnis durchzugehen. Nur Große Magier könnten mich jetzt aufhalten, doch die waren nicht hier.
    Aber niemand hielt mich auf. Also hatte jemand, Geser oder Sebulon, möglicherweise aber auch beide Chefs der Wachen, den Befehl gegeben, mich nur zu warnen.
    »Viel Glück«, hörte ich es hinter mir flüstern. Ich drehte mich um und fing den Blick von Tigerjunges auf. Nickte.
    Der Hauseingang war leer. Auch im Haus war alles ruhig, wie damals, als über Swetlana der Höllenwirbel von beispiellosen Ausmaßen kreiste. Das Böse, das sie selbst über sich heraufbeschworen hatte.
    Ich ging durch grauen Dunst. Unter meinen Füßen erbebte es dumpf: Hier, in der Zwielicht-Welt, reagierte selbst der Boden auf Magie, selbst die Schatten menschlicher Häuser.
    Die Luke in der Decke stand offen. Niemand legte mir auch nur das geringste Hindernis in den Weg. Das Traurigste war, dass ich nicht wusste, ob ich mich darüber freuen oder betrübt sein sollte.
    Ich trat aus dem Zwielicht. Es nützte wohl nichts, dort zu bleiben. Jetzt nicht.
    Ich stieg die Leiter zum Dach hoch. Als Ersten sah ich Maxim.
    Nichts an ihm erinnerte noch an den Mann von einst, diesen spontanen Lichten Magier, den Wilden, der ein paar Jahre lang die Adepten des Dunkels ermordet hatte. Vielleicht hatte man irgendwas mit ihm gemacht. Vielleicht hatte er sich auch von sich aus geändert. Manche Menschen geben ideale Henker ab.
    Maxim hatte es geschafft. Er war ein Henker geworden. Ein Inquisitor. Einer, der über dem Licht und dem Dunkel steht, allen dient – und niemandem. Die Hände hatte er vor der Brust verschränkt, den Kopf leicht gesenkt. Etwas an ihm gemahnte an Sebulon, wie ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Und etwas an Geser.
    Bei meinem Auftauchen hob Maxim ein wenig den Kopf. Sein klarer Blick huschte über mich hinweg. Dann schaute er zu Boden.
    Also durfte ich in der Tat an dem, was hier geschah, teilhaben.
    An einer Seite stand Sebulon stocksteif da. Er hatte sich in einen leichten Umhang gehüllt und schenkte mir nicht die geringste Aufmerksamkeit. Dass ich kommen würde, hatte er ohnehin gewusst.
    Geser, Swetlana und Jegor standen beisammen. Sie reagierten weitaus lebhafter auf mein Erscheinen.
    »Bist du also doch gekommen?«, fragte der Chef.
    Ich nickte. Sah Swetlana an. Sie trug ein langes weißes Gewand, das Haar fiel ihr offen über die Schultern. In ihrer Hand flimmerte mit gespenstischem Licht ein Futteral – ein kleines Futteral aus weißem Saffianleder für eine Brosche oder ein Medaillon.
    »Anton, du weißt es, ja?«, schrie Jegor.
    Wenn jemand der Anwesenden glücklich war, dann er. Völlig.
    »Ich weiß es«, antwortete ich. Und ging auf ihn zu. Zerstrubbelte ihm mit der Hand die Haare.
    Seine Kraft glich der sattgelben Blüte des Löwenzahns.
    Jetzt hatte ich eingesammelt, was ich kriegen konnte.
    »Restlos alles?«, fragte Geser. »Anton, was hast du vor?«
    Ich antwortete ihm nicht. Etwas warnte mich. Etwas stimmte hier nicht.
    Aber ja! Olga fehlte, warum auch immer.
    Hatte sie die Anweisungen schon gegeben? Wusste Swetlana, was ihr bevorstand?
    »Die Kreide«, sagte ich. »Das kleine Kreidestück, das von beiden Seiten abgenutzt ist. Mit ihm kann man überall etwas schreiben. Zum Beispiel auch im Schicksalsbuch. Die alten Zeilen durchstreichen und neue einfügen.«
    »Anton, du sagst niemandem der hier Anwesenden etwas Neues«, bemerkte der Chef gelassen.
    »Ist die Erlaubnis bereits

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